Teilzeitarbeit verdoppelt Linke prangert "vermeintliches deutsches Jobwunder" an
Teilzeitjobs erleben seit einigen Jahren einen enormen Boom. Die Ansichten darüber gehen auseinander: Ist das eine gute Entwicklung vor allem für Frauen nach der Mutterschaft? Oder ein Riesenproblem? Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Sabine Zimmermann weist jetzt zum Tag der Arbeit auf die neuesten Zahlen hin und prangert einen Missstand an.
"Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahrzehnten strukturell deutlich gewandelt, weg vom Normalarbeitsverhältnis in Vollzeit, hin zu in vielen Fällen nicht existenzsichernder und unfreiwilliger Teilzeit- und Nebenjobs, um über die Runden zu kommen", beklagt Zimmermann. Das "vermeintliche deutsche Jobwunder" bedeute für viele prekäre Beschäftigung.
Zimmermann: Bundesregierung versagt
Gegenüber dem Problem, dass viele Menschen trotz Arbeit arm seien, versage die Bundesregierung auf der ganzen Linie, sagte die Linken-Fraktionsvize. Nötig sei,
- die Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 8,84 auf 12 Euro.
- die Abschaffung von Niedriglohnbeschäftigung in Form der Leiharbeit.
- eine Streichung der Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung.
- die Überführung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
"Das Normalarbeitsverhältnis in Vollzeit muss wieder für mehr Menschen möglich werden", forderte Zimmermann.
Gesetzesentwurf liegt auf Eis
Die Koalition streitet derzeit über die Regelungen zur Teilzeitarbeit. Ein Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) für ein neues Recht auf befristete Teilzeit und Rückkehr auf Vollzeit liegt wegen unterschiedlicher Vorstellungen zwischen Union und SPD auf Eis. Während Nahles das neue Arbeitnehmerrecht für Unternehmen ab 15 Beschäftigten vorsieht, kam aus der Union die Forderung, die Schwelle bei 200 Beschäftigten festzulegen.
Arbeitgeber rechtfertigen Teilzeit-Jobs
Die Darstellung, Teilzeit sei ein Ausdruck prekärer Beschäftigung, weisen die Arbeitgeber zurück. Ihr Verband BDA betonte, Teilzeitarbeit befördere nach einer familiären Auszeit die Rückkehr ins Berufsleben und stärke Erwerbsbiografien vor allem von Frauen. "Rund 87 Prozent der Frauen und 76 Prozent der Männer gehen freiwillig einer Teilzeitbeschäftigung nach", teilte die BDA unter Berufung auf das Statistische Bundesamt mit.
Doppelt so viele Teilzeit-Jobs
Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten in Deutschland ist in den vergangenen 20 Jahren von rund 25,9 Millionen auf 24 Millionen gesunken.
Im Gegenzug gibt es einen deutlichen Zuwachs bei der Teilzeit. Vor 20 Jahren waren noch rund 8,3 Millionen Menschen in Teilzeit beschäftigt, im vergangenen Jahr 15,3 Millionen.
Die Zahl der Menschen mit Nebenjob lag im Jahr 1991 bei 900.000. Bis 2016 stieg sie auf rund drei Millionen an.
1991 gab es noch 35,2 Millionen beschäftigte Arbeitnehmer insgesamt, im vergangenen Jahr waren es 39,3 Millionen.