Interaktive Karte zeigt In diesen Regionen leben die meisten EU-Zuwanderer
Deutschland gilt als Einwanderungsland. Doch wo leben und arbeiten eigentlich die Menschen aus den neuen EU-Ländern? Eine neue Untersuchung samt interaktiver Karte gibt Aufschluss darüber.
Zuwanderer aus den neuen EU-Ländern wohnen und arbeiten überwiegend auf dem Land und weniger in der Stadt. Das geht aus einer Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft hervor, die t-online.de exklusiv vorliegt.
Dafür hat Studienautor und Ökonom Wido Geis-Thöne unter anderem Datensätze des sogenannten Mikrozensus sowie der Ausländerstatistik zwischen Ende 2015 und Ende 2019 ausgewertet.
Neue EU-Länder
Zu den neuen EU-Ländern zählen Staaten, die ab 2004 mit der sogenannten ersten und zweiten Osterweiterung der Europäischen Union beigetreten sind. Dazu gehören Polen, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Slowakei, Slowenien sowie Zypern. Kroatien ist dann 2013 der EU beigetreten.
Zuwanderer suchen Arbeit in Deutschland
Zwischen 31.12.2015 und 31.12.2019 wanderten rund 744.000 Menschen aus den oben genannten EU-Staaten nach Deutschland ein. Demnach lebten Ende 2019 rund 2,86 Millionen Menschen aus den neuen EU-Ländern in Deutschland.
Rechtliche Grundlage der Zuwanderung ist die sogenannte Arbeitnehmerfreizügigkeit, die innerhalb der EU gilt. Menschen aus der EU können sich frei in andere Mitgliedsstaaten bewegen und dort einen Job suchen.
"Zuwanderung kann für die Regionen eine große Bedeutung haben", sagte Studienautor Wido Geis-Thöne im Gespräch mit t-online.de. Qualifizierte Kräfte aus dem Ausland seien eine große Chance für viele demografieschwache Regionen. Die Aussicht auf einen Job spielten für die Zuwanderer eine entscheidende Rolle – eine Win-Win-Situation also für ländliche Regionen, aus denen die jungen Menschen in die Städte abwanderten.
Karte zeigt Verteilung der Zuwanderung
Doch wo genau leben und arbeiten die Menschen aus den neuen EU-Ländern in Deutschland? Auch das hat Wido-Thöne untersucht – unter anderem mit folgenden Ergebnissen:
Wie sich die Zuwanderung in den einzelnen Landkreisen zwischen 2016 und 2020 entwickelt hat, zeigt auch folgende interaktive Karte.
So bedienen Sie die interaktive Karte:
Oben können Sie einstellen, welche Herkunftsländer Sie betrachten möchten. Sie haben die Auswahl zwischen allen EU-Beitrittsländern seit 2004, also zwischen Kroatien, Rumänien, Polen, Bulgarien, Ungarn, Tschechien und den übrigen Ländern (siehe oben).
Wenn Sie sich entschieden haben, welche Länder Sie betrachten möchten, können Sie mit dem Mauszeiger über die Deutschlandkarte fahren. Dann bekommen Sie einen Wert angezeigt. Dieser gibt die Veränderung der Zuwanderung zwischen Ende 2015 und Ende 2019 an, genauer gesagt: wie viele Zuwanderer pro 10.000 Beschäftigte angekommen sind.
Ein Beispiel: Wenn der Wert 99 beträgt, sind zwischen Ende 2015 und Ende 2019 pro 10.000 Beschäftigten eines Landkreises 99 Menschen aus einem bestimmten Herkunftsland zugewandert.
Soziale Verbindungen spielen große Rolle
Aber wo liegt der Grund für die Verteilung der Zuwanderer? Laut Geis-Thöne liegt es unter anderem an Gastarbeitern wie Erntehelfer, die sich niederlassen und ihre Familie nachholten.
Die Untersuchung habe gezeigt: Dort wo bereits mehr Menschen aus dem gleichen Land leben, siedeln sich auch mehr an – soziale Netzwerke haben also eine entscheidende Bedeutung bei der Ansiedlung von Zuwanderern. "Soziale Verbindungen spielen eine enorme Rolle. Dies kann man auch als Chance sehen", so Geis-Thöne.
Damit meint der Ökonom: Die Regionalpolitik könnte dafür sorgen, dass sich eine Gruppe aus einem Land in der Region ansiedelt – dadurch kommen weitere Zuwanderer aus dem Land. Die Kosten für mögliche Zuwanderungsprogramme wären so viel zügiger gerechtfertigt.
Zuwanderung aus neuen EU-Ländern wird abnehmen
Auf längere Sicht werde die Immigration aus dem EU-Ausland jedoch abnehmen. Der Grund sei einfach: Länder wie Polen oder Rumänien hätten ähnliche Probleme wie Deutschland, so Geis-Thöne.
"Die Bevölkerung dort wird immer älter, nur wenige junge Leute werden nachkommen – oder auswandern." Umso wichtiger sei es, die Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern zu fördern, um freie Jobs zu besetzen und demografisch schwache Regionen zu fördern.
- Eigene Recherche
- IW-Report 38/20: "Zuwanderung aus den neuen EU-Mitgliedsländern kommt in vielen Regionen an"
- Gespräch mit Wido Geis-Thöne