Unter 14.000 Punkten Dax schließt mit zwölf Prozent Jahresverlust
Das deutsche Börsenjahr endet mit einem deutlichen Wertverlust. Doch Marktexperten sind zuversichtlich – es hätte viel schlimmer kommen können.
Der Dax hat am letzten Handelstag des Jahres unter der runden Marke von 14.000 Punkten geschlossen. Das deutsche Börsenbarometer geht heute mit einem Abschlag von 1,05 Prozent auf 13.923,59 Zählern aus dem Jahr.
Damit orientierte sich der Dax wie so oft an der Wall Street, wo sich erneut Verluste andeuteten. Auf das Jahr gerechnet büßte das deutsche Börsenbarometer 12,3 Prozent ein und verbuchte so das schlechteste Börsenjahr seit vier Jahren. 2021 hatte der Dax noch einen Gewinn von knapp 16 Prozent eingefahren.
Der MDax beendete den Handelstag heute 1,26 Prozent tiefer mit 25.117,57 Punkten, was für den Index der mittelgroßen Werte im Gesamtjahr ein Minus von 28,5 Prozent bedeutet.
Hohe Inflation trieb Zinsen nach oben
Auslöser für die deutliche Schwäche im Jahr 2022 war der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Die Energiepreise stiegen rasant und leisteten einer ohnehin hohen Inflation weiteren Vorschub, die das Eingreifen der Notenbanken nötig machten. In der Folge stiegen die Zinsen rasch und deutlich.
Mit Blick auf die großen Aktienmärkte Europas schloss nur der britische FTSE 100 ebenfalls früher. Er verbuchte heute zwar auch ein Minus, doch im Jahresverlauf hängte er wegen seiner zahlreichen Öl- und Gaswerte die anderen Börsen ab. Er kann mit einem Plus von rund einem Prozent aufwarten.
Der Handel im EuroStoxx 50 und dem Pariser Cac 40 sollte indes noch bis 17.30 Uhr laufen. Beide schwächelten zum deutschen Handelsschluss. So steuerte der Leitindex der Eurozone auf ein Jahresminus von rund elf Prozent zu, nach einem Gewinn von 21 Prozent im Jahr zuvor. In den USA dürften die Börsen mit Verlusten in den letzten Handelstag des Jahres starten.
Unternehmensseitig wurde zum Jahresende etwas "Window Dressing" betrieben. Darunter verstehen Börsianer Käufe von Aktien, die bis dato besonders gut oder Verkäufe von Aktien, die besonders schlecht gelaufen sind, um in der Jahresendabrechnung gut auszusehen.
Zalando und Vonovia schließen mit den größten Verlusten
Dazu passte, dass Zalando und Vonovia zu den schwächeren Dax-Werten des Tages zählten. Diese zwei haben im Gesamtjahr etwa die Hälfte an Wert eingebüßt und damit die größten Verluste unter den Dax-Mitgliedern eingefahren. Das Beiersdorf-Papier dagegen hielt sich mit minus 0,2 Prozent vergleichsweise stabil und zählt auch im Gesamtjahr zu den Favoriten mit einem Plus von etwas weniger als einem Fünftel.
Die beiden größten Jahresgewinner aus in den drei Indizes Dax, MDax und SDax sind indes Rheinmetall mit plus 124 Prozent und PNE einem Anstieg um mehr als 150 Prozent. Der Rüstungskonzern profitierte von der Aussicht auf reichlich Aufträge durch steigende Wehretats westlicher Länder infolge des Krieges Russlands gegen die Ukraine. Bei Windparkentwickler PNE lieferten die Energiewende, höhere Strompreise sowie Übernahmefantasien Auftrieb.
Der Euro wurde am Nachmittag zu 1,0653 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Donnerstag auf 1,0649 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,46 Prozent am Vortag auf 2,50 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,07 Prozent auf 125,74 Punkte. Der Bund-Future gab um 0,45 Prozent auf 133,55 Zähler nach.
"Nach der Kurskrise dürfte es strahlend werden"
Nach dem von geopolitischen Krisen, einer geldpolitischen Zeitenwende und vielen Enttäuschungen geprägten 2022 dürften die Anleger zu Beginn des neuen Jahres optimistischer nach vorne blicken.
Zwar wird es voraussichtlich auch 2023 nicht an schlechten Nachrichten für die Investoren mangeln, aber anders als vor Jahresfrist sind viele dauerhaft belastende Entwicklungen wie der Ukraine-Krieg, die starke Inflation und die hohen Leitzinsen bereits in den Kursen eingepreist. Dies birgt Potenzial für positive Überraschungen.
Die Risiken lägen auf dem Tisch, bemerkte Marktexperte Daniel Saurenz von Feingold Research. Wie in jedem Börsenjahr seien auch 2023 Rückschläge möglich, doch dann müsse man als Anleger parat stehen. "Denn 2023 wird ein Jahr der riesigen Chancen", glaubt Saurenz. Betrachte man Stimmungsdaten, den Investitionsgrad großer Anleger und die Risikoprämien für Unternehmen, sei das Chance/Risiko-Verhältnis aktuell weit besser als ein Jahr zuvor, stellte der Experte fest. "Am Ende des Tunnels ist aber schon Licht zu sehen und nach der Kurskrise dürfte es ziemlich strahlend werden", glaubt Saurenz.
Urlaubszeit beeinflusst auch die Börsen
Auch Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus RoboMarkets ist nicht bange vor der nahen Börsenzukunft: Dass der Leitindex Dax im abgelaufenen Jahr rund zwölf Prozent verloren habe, sei auf den ersten Blick enttäuschend, "vor dem Hintergrund der ganzen Probleme hätte aber alles auch viel schlimmer kommen können". Der Experte geht ebenfalls davon aus, dass die Reise an der Börse in den kommenden Jahren weiter nach oben geht.
Marktanalyst Craig Erlam vom Broker Oanda erwartet, dass die Anleger mit einer vorsichtigen Haltung in das Jahr 2023 gehen. Die Kernfrage sei, wie energisch die Zentralbanken die Inflation bekämpfen werden. Und dann sei da noch China und seine rasante Kehrtwende bei der Covid-Prävention, erinnerte der Analyst. Sollten zu Jahresbeginn die Fallzahlen in die Höhe schnellen und sich das Gesundheitssystem als überfordert erweisen, sei die Reaktion der politischen Führung unberechenbar und könnte bei den Anlegern rund um den Globus zu großer Verunsicherung führen.
In der ersten Börsenwoche 2023 dürfte es an den internationalen Aktienmärkten ruhig zugehen, da viele Marktakteure noch im Urlaub sind. Zudem sind die Börsen in Australien, China, Großbritannien, Hongkong, Japan, Schweiz und den USA am Montag geschlossen, in Japan auch noch am Dienstag. Zudem stehen nur wenige kursbewegende Konjunkturdaten auf der Tagesordnung: die Dezember-Inflationszahlen für die Eurozone sowie die US-Arbeitsmarktdaten für Dezember, die jeweils für Freitag terminiert sind.
Beide Daten dürften weitere Aufschlüsse darüber geben, in welchem Tempo die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed die Leitzinsen weiter anheben.
- Nachrichtenagentur dpa