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Recherchen belegen rechtsextreme Stimmungsmache im Netz


Aufschlussreiche Studie
Wie Rechtsextreme Hetzkampagnen organisieren

Von dpa
Aktualisiert am 21.02.2018Lesedauer: 3 Min.
Facebook-Seite einer rechtsextremen Gruppe.Vergrößern des Bildes
Facebook-Seite einer rechtsextremen Gruppe: Debatten im Netz werden oft von ausländerfeindlichen Gruppen unterwandert. Dadurch wirken deren Meinungen weiter verbreitet, als sie tatsächlich sind. (Quelle: Repro/dpa)
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Haben Nutzer von sozialen Medien wie Facebook einen Hang zum Hass? Nein, sagen die Recherchen von Datenanalysten und Journalisten. Hinter Posts, die andere beleidigen, herabwürdigen oder beschimpfen, steckt nur eine Minderheit. Und die geht oft gezielt vor – auch im Bundestagswahlkampf 2017.

Rechtsradikale Medienaktivisten haben nach Medienberichten im Bundestagswahlkampf Diskussionen im Internet gezielt manipuliert. Das zeigten Daten aus einem Netzwerk, aus dem solche Kampagnen gesteuert worden seien, berichteten am Dienstagabend ARD, WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung".

Auf der Plattform "Reconquista Germanica" beim Kommunikationsdienst Discord hätten sich im Wahlkampf zeitweise 5.000 Nutzer organisiert, um gezielt Themen und Begriffe zu setzen und Gegner einzuschüchtern.

Sie hätten Bewertungen von Videos oder Posts in sozialen Medien verfälscht, die Sichtbarkeit von eigenen, oft rassistischen Inhalten künstlich aufgeblasen und Autoren, Politiker und andere Youtuber beschimpft oder gedemütigt.

So hätten sie im September 2017 die Diskussionen über das TV-Duell von Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Kandidat Martin Schulz gekapert und ausgewählte Begriffe wie #nichtmeinekanzlerin zu Twitter-Trends gemacht.

Die Aktivisten seien dabei kommandomäßig organisiert gewesen. Administratoren – benannt nach militärischen Rängen wie "Offizier der Heeresgruppe Ost" – hätten täglich Anweisungen ausgegeben, welche Ziele zu attackieren seien.

Für ihre Recherchen kooperierten die Medien mit dem Institut für strategischen Dialog (London) sowie der Gruppe "Alt Right Leaks", der es gelungen sei, sich bei den sogenannten Internet-Trollen als vermeintliche Mittäter einzuschleichen und Material zu kopieren.

Eine weitere Studie bestätigt die Beobachtung der Journalisten

Die Recherchen decken sich auch mit den Ergebnissen einer wissenschaftlichen Untersuchung. Demnach steckt hinter Hass-Kommentaren, die andere beleidigen, herabwürdigen oder beschimpfen, oft nur eine verschwindend kleine Minderheit.

Für die Studie wurden hunderte Diskussionen in sozialen Netzwerken ausgewertet. Das Ergebnis: Die Hälfte der Likes bei Hass-Kommentaren auf Facebook geht auf nur fünf Prozent der Accounts zurück.

In dieser lautstarken Minderheit gebe es außerdem einen extrem aktiven Kern. So lassen sich der Analyse zufolge 25 Prozent der Likes auf nur ein Prozent der Profile zurückführen. Diese sehr aktiven Nutzer gingen oft gemeinsam vor, zumindest bei Diskussionen, in denen Hass-Inhalte eine Rolle spielen. Dagegen seien sie bei anderen Themen oft weitgehend passiv.

Besonders aktive Nutzer lassen sich der AfD oder rechten Gruppen zuordnen

Für die Studie in Kooperation mit dem Institut for Strategic Dialogue in London wertete der IT-Experte Philip Kreißel 3.000 Veröffentlichungen und 18.000 Kommentare auf Facebook im Januar zu Beiträgen von "Bild", "Focus Online", "Kronen-Zeitung", "Spiegel Online", "tagesschau.de", "Welt" und den ZDF-Nachrichten "heute" aus.

Ein Ergebnis der Analyse: Die meisten Nutzer der bei Hass-Inhalten sehr aktiven Accounts lassen sich als Anhänger von AfD und den sogenannten Identitären identifizieren.

"Rechte Gruppierungen versuchen, gezielt die Facebook-Algorithmen zu manipulieren. Dazu einigen sie sich auf Uhrzeiten und Hashtags, um diese in die Top-Trends zu katapultieren", sagte Julia Ebner vom Institut für Strategic Dialogue dem NDR. "Diese Kampagnen auf den Medienseiten werden mit zahlreichen gefälschten Accounts von rechtsextremen Kreisen koordiniert zu bestimmten Uhrzeiten durchgeführt."

Die Öffentlichkeit wird gezielt getäuscht

Das führe dazu, dass sie den Onlinediskurs bestimmen könnten. Nach Philip Kreißels Einschätzung zeigen die Statistiken allerdings eine "monumentale Täuschung": Anderen Nutzern und den Administratoren der Medienseiten und auch dem News-Algorithmus von Facebook werde suggeriert, dass bestimmte Themen eine große Öffentlichkeit beschäftigen würden, so der IT-Experte.

Tatsächlich stecke dahinter eine lautstarke Minderheit, die von der Funktionsweise von Facebook profitiere. Der Facebook-Algorithmus beschere polarisierenden Debatten eine höhere Reichweite als sachlichen Diskussionen.

In ihrer Untersuchung haben sich die Wissenschaftler auf sogenannte Hass-Postings konzentriert, in denen vermeintlich realexistierende Nutzer gegen Themen oder Personen hetzen. Diese haben durchschnittlich dreimal so viele Kommentare wie Artikel ohne Hass. Die Gefahr sei, dass andere Nutzer und Politiker sowie Medienmacher glauben könnten, die Kommentarspalten seien repräsentativ für die Stimmung in der Bevölkerung.

Verwendete Quellen
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