Parallelen zum Dieselgate Huawei soll Schummel-Software genutzt haben
Hardware-Tester erheben schwere Vorwürfe gegen Huawei: Der Technik-Konzern aus China soll in einige seiner Smartphones eine Schummel-Software eingebaut haben, damit die Geräte bei Leistungstests besser abschneiden. Huawei bestreitet die Vorwürfe nicht.
Wer wissen will, wie gut ein Smartphone in Sachen Leistung abschneidet, führt einen sogenannten Benchmarktest durch. Dabei handelt es sich um standardisierte Verfahren, die das Gerät mithilfe spezieller Software auf Faktoren wie Rechengeschwindigkeit und Stromverbrauch testen.
Doch immer wieder versuchen Hersteller, die Glaubwürdigkeit dieser Verfahren gezielt zu untergraben. Jetzt erheben Hardware-Tester und Software-Hersteller schwere Vorwürfe gegen Huawei: Der chinesische Konzern soll mehrere seiner aktuellen Modelle so manipuliert haben, dass sie im Prüfstand besser abschnitten, als im Alltagsgebrauch.
Am Ende weckten die verdächtig guten Werte jedoch das Misstrauen der Experten. Ein geheimer Test durch die Firma "UL", die auch die beliebte Test-Software "3DMark" vertreibt, brachte die Wahrheit ans Licht.
Dazu war allerdings eine nicht öffentliche Software nötig. Offenbar hatte Huawei seine Geräte nämlich darauf programmiert, das Prüfprogramm "3DMark" zu erkennen und automatisch in den leistungsstarken Gaming-Modus zu wechseln. Dem Nutzer wird indes suggeriert, das Smartphone operiere immer noch im Standardmodus. Das hatte zunächst zu ungewöhnlich guten Leistungsbewertungen geführt.
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Die Betreiberfirma "UL" reagierte prompt auf die Entdeckung und strafte Huaweis Betrugsversuch mit einer Null-Punkte-Bewertung ab. Betroffen sind die Modelle P20 Pro, P20, Nova 3 und Honor Play. Die Marke "Honor" ist ein Ableger von Huawei.
Parallelen zum Dieselskandal?
Den ersten Hinweis auf einen möglichen Betrugsversuch bei Huawei hatte das Online-Testportal "Anandtech" gegeben, das sich bereits seit 2013 mit dem Schummel-Problem bei Benchmarktests auseinandersetzt. Denn offenbar hat Betrugssoftware in der Smartphone-Branche eine lange Tradition. Auch Samsung wurde schon mit solchen Tricks erwischt.
Die Vorwürfe erinnern an den Dieselskandal bei VW: Der eingeschleuste Erkennungsmechanismus sorgt bei Smartphones beispielsweise dafür, dass sich die Geräte automatisch in den Energiesparmodus versetzen, wenn ein Benchmarktest zur Akkulaufzeit durchgeführt wird. Wird hingegen auf maximale Leistungsfähigkeit getestet, fahren die Entwickler kurzzeitig die Hitzetoleranz hoch. Im normalen Betrieb würde das Gerät aber herunterfahren, wenn eine gewisse Temperaturschwelle erreicht wird. Für Benchmarktests können solche Schutzmechanismen aber vorübergehend deaktiviert werden. So entsteht im Labortest Werte, die in der Realität nie erreicht werden können.
Schon seit 2013 werden Käufer und Tester so an der Nase herumgeführt, kritisieren die Tester von "Anandtech". Erst als die ersten einflussreichen Seiten sich weigerten, die manipulierten Produkte mit einer polsitiven Rezension zu würdigen, ließen die Hersteller von solchen Betrügereien ab.
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Nur in China scheint der Betrug weiterhin gängige Praxis zu sein, um die Konkurrenz auszustechen. Dafür wird eine potenziell schädliche Hitzeentwicklung ebenso in Kauf genommen, wie ein hoher Stromverbrauch. Sogar die Funktionsfähigkeit des Systems werde gefährdet, "und das alles nur zum Vorteil eines einzigen Benchmark-Wertes", kritisieren die Autoren bei Anandtech. Das Ergebnis sei ein unwahrscheinlich hoher Performance-Wert, der "zwar gut fürs Marketing, aber unrealistisch für jeden Nutzer eines solchen Geräts" sei.
Für den Bericht wurde Huawei auf der IFA um eine Erklärung gebeten. Die Antwort wertet das Tech-Portal als indirektes Eingeständnis, dass Huawei sich unter dem starken Konkurrenzdruck, insbesondere auf dem chinesischen Smartphone-Markt zu dem Betrugsversuch hinreißen ließ. "Andere Hersteller führen mit ihren Zahlen ebenfalls in die Irre", wird ein Unternehmenssprecher in dem Artikel zitiert. Vor allem in China sei es üblich, bei Benchmarktests zu schummeln.
Des weiteren ließ der Sprecher durchblicken, dass Huawei die gängigen Benchmarktests unabhängiger Entwickler als unfair und wenig aussagekräftig ablehnt. Huawei wolle an einer eigenen Test-Software arbeiten, die die "Erfahrung der Nutzer" besser wiedergebe.
Dennoch bleibt die Frage, wie die Marketing-Versprechen der Hersteller auf die Probe gestellt werden sollen, wenn es keine zuverlässigen, unabhängigen und einheitlichen Bewertungskriterien für Smartphones gibt. Die Benchmarktests verschiedener Anbieter geben wenigstens etwas Orientierung. Auch Technik-Journalisten verlassen sich oft auf die Ergebnisse, wenn sie neue Modelle besprechen, Geräte miteinander vergleichen und Kauftipps aussprechen. Auch Hersteller sollten eigentlich ein Interesse daran haben, dass Käufer den Angaben vertrauen können, schreibt Anandtech.