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Letzter Start der Ariane 5: Europa, wir haben ein Problem!


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Letzter Start der Ariane 5
Europa, wir haben ein Problem!

MeinungVon Steve Haak

Aktualisiert am 06.07.2023Lesedauer: 4 Min.
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Start einer Ariane 5 im Dezember 2021: Die Rakete ist zum letzten Mal geflogen. (Quelle: BILL INGALLS via www.imago-images.de)
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Aus nach 27 Jahren: Der Start der letzten Ariane 5 hat symbolischen Charakter. Das europäische Raumfahrtprogramm steckt tief in der Krise.

In der vergangenen Nacht ging eine Ära zu Ende: Mit dem Start der letzten Ariane 5 vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guyana endet die fast 30-jährige Geschichte einer der erfolgreichsten Trägerraketen Europas. Mehr als einhundertmal wurden mit der Ariane 5 Kommunikations-, Wetter- und Fernsehsatelliten ins All geschossen.

Gleichzeitig zeigt der letzte Flug: Europas Raumfahrt hat ein Problem, weil wir mit diesem letzten Ariane-Start nach Jahrzehnten vorerst unseren direkten Zugang zum All verlieren. Denn der Start der Nachfolgerin Ariane 6 steht – verzeihen Sie das Wortspiel – in den Sternen.

Der Erstflug wurde seit 2020 immer wieder verschoben – erst durch Corona, dann gab es Schwierigkeiten mit der Startrampe am Weltraumbahnhof in Kourou. Anfang des Jahres trennte sich Hersteller Ariane Group plötzlich kommentarlos von seinem bisherigen Chef und setzte einen neuen ein.

Warum ist es ein Problem, wenn wir keine flugfähige Rakete haben? Weil Europa in den kommenden Jahren einen unabhängigen Zugang zum All braucht. Andernfalls fällt die europäische Raumfahrt im Wettrennen mit anderen Nationen wie den USA und China um die Eroberung und Erforschung des Weltalls zurück.

Ein unabhängiger Zugang zum All ist überlebenswichtig

In Zeiten militärischer Krisen sind Satelliten zur Erdbeobachtung ein wichtiger strategischer Faktor. Vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben Bilder aus dem All gezeigt, wie Putin seine Truppen an der Grenze zur Ukraine positionierte. Das Satelliten-Internet Starlink ist für die ukrainischen Truppen eine enorme Hilfe, weil sie unabhängig von Sendemasten hier auf der Erde miteinander kommunizieren können.

Andere Satelliten zeichnen rund um die Uhr auf, wie sich das Wetter auf unserem Planeten ändert. Diese Daten schicken die Sonden in Echtzeit an Wetterstationen weltweit. Das kann wegen des fortschreitenden Klimawandels überlebenswichtig sein, weil Unwettervorhersagen damit genauer werden und Bevölkerungen rechtzeitig vor Katastrophen wie Waldbränden und Wirbelstürmen gewarnt werden können.

Und: Die Suche nach einer Quelle für Ressourcen wie Nickel, Gold und Platinmetalle außerhalb der Erde wird immer wichtiger, weil sie uns hier auf der Erde ausgehen. Auch Forschungen, wie man zum Beispiel Sauerstoff auf anderen Planeten produzieren kann, können wichtige Erkenntnisse liefern, wie wir Probleme auf der Erde lösen können.

Um solche Fragen unabhängig klären zu können, ohne von anderen Nationen abhängig zu sein, braucht Europa einen Zugang zum All.

Und mehr noch: Uns rennt dabei die Zeit davon. Denn andere Nationen haben bereits erkannt, dass das Wettrennen ins All längst begonnen hat.

Selbst Indien will Astronauten ins All schicken

Zu den Raumfahrtnationen gehören mittlerweile Länder wie Japan, der Iran, Südkorea und die Arabischen Emirate. Russland investiert auch nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter in sein Raumfahrtprogramm und will sogar eine eigene Raumstation bauen. Indien will eigene Astronauten ins All schicken.

Die Weltraummächte USA und China liefern sich ein Wettrennen zum Mond, er soll als Ausgangsbasis für weiter entfernte Expeditionen ins All dienen. Die Nasa setzt dabei längst nicht mehr allein auf teure, selbstentwickelte Raketen. Sie nutzt stattdessen die Technik von Milliardär Elon Musk, der mit seiner Firma SpaceX und der Spaceship-Rakete bereits den ersten Flugkörper entwickelt, der Astronauten zum Mars bringen könnte.

Und Europa? Wir haben zwar viel Know-how, aber uns fehlen die Ambitionen.

Zwar ist die Europäische Weltraumorganisation Esa mit ihrer Technik am Nasa-Monderkundungsprogramm Artemis beteiligt. Unter anderem wurde das Versorgungsmodul für die Orion-Raumkapsel von der Esa entwickelt. Aber damit haben wir Europäer uns nur die Tickets für Mitflüge zum Mond irgendwann erkauft.

Bei der ersten bemannten Mission Artemis 2, die für kommendes Jahr geplant ist, fliegen wir schon mal nicht mit. Stattdessen sind Astronauten und eine Astronautin der Nasa und der kanadischen Raumfahrtbehörde CSA ausgewählt worden. Ob ein Europäer bei der darauffolgenden Mission Artemis 3 mitreisen darf, ist noch nicht bekannt.

Europäische Astronauten fliegen nur per Anhalter mit

All das zeigt: Ohne einen direkten Zugang zum All mit fortschrittlicher Raketentechnik sind wir bei der Erforschung des Sonnensystems auf andere Nationen angewiesen. Oder anders ausgedrückt: Wenn wir unsere Astronauten weiter ohne eine Trägerrakete ins All fliegen wollen, müssen diese per Anhalter bei anderen Ländern mitfliegen.

Selbst wenn die Ariane 6, wie zuletzt geplant, noch in diesem Jahr fliegt, wäre die Rakete bereits bei ihrem Jungfernflug gnadenlos veraltet. Denn während die Esa auf teure Einwegraketen wie die Ariane setzt, bauen oder forschen andere Nationen an wiederverwendbaren und damit günstigeren Alternativen.

Auch hier ist Musks Firma SpaceX vorne dabei: Seit Jahren schießt das Unternehmen alle paar Tage im Auftrag der Nasa und anderer Firmen seine wiederverwendbaren Falcon-9-Raketen ins All – für rund 50 Millionen Euro pro Start. Wie viel ein Flug der Ariane 6 kosten soll, ist nicht bekannt. Der Start der Ariane 5 kostet rund 150 Millionen Euro.

Wir brauchen ein wettbewerbsfähiges Raumfahrtprogramm

Bis wir eine eigene wiederverwendbare Rakete entwickelt haben, könnten wir uns die bestehende Raketentechnik privater Unternehmen wie SpaceX zunutze machen. Möglich ist das, wie die beiden Esa-Missionen Hera und Euclid beweisen: Dabei will die Esa ihre Technik nach dem Wegfall russischer Sojus-Raketen im vergangenen Jahr mit SpaceX-Unterstützung ins All bringen.

Doch langfristig muss die Esa diese Fähigkeiten selbst entwickeln. Das Rennen zum Mars und die Erschließung des Sonnensystems mögen aus heutiger Sicht wie Science Fiction wirken. Am Ende des Jahrhunderts aber werden die Ressourcen aus dem All auch die Machtverhältnisse auf der Erde beeinflussen. Wenn Europa dann noch mitreden will, sollte es jetzt entschlossen handeln und das nötige Geld in ein zukunftsfähiges Raumfahrtprogramm investieren.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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