Textroboter ChatGPT Wie künstliche Intelligenz Suchmaschinen revolutionieren könnte
Microsofts Suchmaschine Bing galt bisher als wenig geliebte Alternative zu Google. Mittels künstlicher Intelligenz will der Konzern das jetzt ändern.
Bei der Internet-Suche verfügt Google bislang über einen Vorsprung, der uneinholbar erschien. Nun stellte Microsoft eine neue Suchmaschine mit künstlicher Intelligenz (KI) vor, die die Google-Dominanz brechen soll. Das könnte nicht nur die Machtverhältnisse im Netz umkrempeln, sondern auch die Art und Weise, wie im Internet gesucht wird.
Technologie-Größen nutzen immer stärker KI
Tatsächlich arbeiten Google und Microsoft sowie andere Tech-Konzerne wie IBM und Salesforce seit Jahren daran, ihre Produkte mit Funktionen künstlicher Intelligenz zu verbessern. Das Spektrum reicht von der automatischen Übersetzung von Texten bis hin zur Berechnung von Reiserouten in einer Navigations-App.
Das Thema KI hat aber seit dem vergangenen November eine ganz neue Sichtbarkeit bekommen. Damals machte das kalifornische Start-up OpenAI seine KI-Sprachmodelle mit einem Text-Roboter für die Öffentlichkeit zugänglich, obwohl sie noch nicht fertig waren. Der Wagemut von OpenAI-Chef Sam Altman wurde belohnt. Die Nutzung von ChatGPT stieg explosionsartig an. Das System ist in aller Munde.
Algorithmen, die Nervenzellen nachahmen
Die Grundtechnologie von ChatGPT wurde schon vor fünf Jahren vor allem von Google-Forschern entwickelt. Dabei werden riesige Mengen Text mit Algorithmen, die Nervenzellen im Gehirn nachahmen, analysiert.
Diese "neuronalen Netze" können dann erkennen, welche Wörter häufig zusammen vorkommen, beispielsweise "Hannover", "Landeshauptstadt" und "Niedersachsen". Damit kann ChatGPT mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vorhersagen, welches Wort als Nächstes in einem Satz vorkommt und dadurch plausibel klingende Sätze formulieren.
Neuartig ist, dass dabei verschiedene KI-Funktion miteinander kombiniert werden können. So kann man ChatGPT zum Beispiel auffordern, ein bestimmtes Thema für einen Eintrag in einem Karrierenetzwerk wie LinkedIn auf Englisch mit einer Länge von 300 Wörtern zu verfassen.
Möglichkeiten für Suchmaschinen wachsen
Systeme wie ChatGPT können Informationen aus unterschiedlichsten Quellen zusammenfassen. So erhält man beispielsweise bei der Suche nach einem Reiseziel, das nicht mehr als vier Flugstunden entfernt ist, nicht Links auf Angebote von Reise-Portalen.
Der Chatbot liefert vielmehr einen von der KI ausformulierten Text, in dem Marrakesch, Lissabon, Faro, Istanbul, Kreta und Reykjavík als mögliche Ziele mit jeweils einer Kurzbeschreibung vorgeschlagen werden.
Google-Algorithmus bisher ungeschlagen
Die führende Suchmaschine Google hat bislang zwei Methoden, um Anfragen zu beantworten. Zum einen gibt es den "Knowledge Graph", das ist ein Wissenspool, den Google mithilfe von Quellen wie Wikipedia und vielen Datenbanken direkt anzeigen kann. Kerngeschäft ist aber die Anzeige von Internet-Links, die zu einem Suchbegriff passen.
Über die Reihenfolge entscheidet der geheim gehaltene Google-Algorithmus. Ein wichtiger Faktor ist die Popularität der Site, also wie oft das Angebot verlinkt ist. Parallel zu diesen generischen Suchergebnissen zeigt Google von Werbekunden bezahlte Links an.
Bing will die neue KI für sich nutzen
Microsoft-CEO Satya Nadella erhofft sich von der neuen Technologie Vorteile für Microsofts hauseigene Suchmaschine. In den vergangenen Jahren hat es Bing nie geschafft, Google ernsthaft Konkurrenz zu machen. Google hält nach Angaben von Statcounter.com einen Marktanteil von knapp 93 Prozent weltweit, während Bing nur auf drei Prozent kommt.
"Diese Technologie wird so ziemlich jede Softwarekategorie, die wir kennen, umgestalten", sagte Nadella. Dies erklärt auch, warum sein Konzern mehrere Milliarden Dollar in OpenAI und die Nutzungsrechte an ChatGPT gesteckt hat.
Google wird allerdings seinem Erzrivalen Microsoft, mit dem man vor allem im Cloud-Geschäft konkurriert, nicht kampflos das Feld überlassen. Einen Tag vor dem Microsoft-Event kündigte Google-CEO eine umfassende KI-Produktinitiative an.
ChatGPT-Erfinder dämpfen Erwartungen
Die sprachliche Eloquenz der Antworten erweckt den Eindruck, dass auch alle Fakten hieb- und stichfest sind. Das ist aber nicht der Fall. ChatGPT spuckt immer wieder Antworten aus, die frei erfunden sind. Selbst die Macher des Chatbots warnen davor, die Ergebnisse ungeprüft zu übernehmen.
Besonders große Schwierigkeiten haben Chatsysteme bei der Personensuche. Dabei kann es passieren, dass unterschiedliche Leute mit gleichem Namen zu einer neuen virtuellen Person verschmelzen. So könnte es sein, dass das System fälschlicherweise glaubt, dass der CSU-Politiker Gerd Müller auch derjenige war, der im Finale der Fußball-WM 1974 das Siegtor für die deutsche Nationalmannschaft erzielt hat.
Technik noch zu unausgereift
Zwar versuchen die Anbieter bösartige Anfragen zu blockieren – etwa nach einer Anleitung für den Bau einer Bombe. Doch im Netz kann man immer wieder Beispiele sehen, wie diese Sperren umgangen werden können.
ChatGPT und das Pendant "Bard" von Google eignen sich außerdem dafür, bei Prüfungen und Hausaufgaben in der Schule und an der Uni zu schummeln. Bislang gibt es keine wirksame Methode, einen von einer KI erzeugten Inhalt eindeutig als Robotertext zu erkennen.
Zur Qualitätsverbesserung trägt auch die Öffnung für eine massenhafte Nutzung von ChatGPT bei. Die Macher bei OpenAI fordern nämlich die Anwenderinnen und Anwender dazu auf, die Qualität der Antworten zu bewerten. Dieses Feedback hilft der KI dabei, systematische Schwächen zu erkennen und diese auszumerzen.
- Nachrichtenagentur dpa