Übernahme von Twitter Setzt Musk jetzt seinen mysteriösen Plan X um?
Der Kauf ist abgeschlossen und Elon Musk jetzt Chef des Kurznachrichtendienstes. Welche Veränderungen plant der Milliardär für die Plattform? Ein Überblick
Am frühen Freitagmorgen deutscher Zeit kam schließlich die seit langem erwartete Botschaft: Elon Musk hat den Kauf von Twitter nun abgeschlossen. Gleich als erste Maßnahme feuerte er Teile der Führungsriege, darunter auch den bisherigen CEO.
Doch dies dürfte nur die erste von vielen noch anstehenden Veränderungen sein. Bereits im Vorfeld hatte Musk schon zahlreiche weitere Ideen verkündet – jetzt wird man sehen, welche davon er tatsächlich auch umsetzen will. Die wichtigsten Pläne hier im Überblick.
Musk will Twitter zur omnipotenten Milliardenapp machen
Twitter kämpft schon seit langer Zeit mit Problemen: Der Kurzbotschaftendienst hat nicht annähernd so viele Nutzer wie andere große Online-Plattformen und enttäuscht immer wieder mit seinen Geschäftszahlen. Musk hat angekündigt, Twitter zu neuer Größe führen zu wollen. Twitter sei "lange Zeit dahingedümpelt, hat aber ein unglaubliches Potenzial", sagte er kürzlich.
Der reichste Mensch der Welt, der Twitter von der Börse nehmen will, dürfte unter anderem auf einen Ausbau des kostenpflichtigen Angebots Twitter Blue setzen. Er scheint aber grundsätzlich anzustreben, Twitter zu einer App mit viel mehr Funktionen auszubauen, mit denen sich Geld gewinnen lässt, darunter womöglich einer Bezahlfunktion.
Anfang Oktober erklärte Musk, der Kauf von Twitter sei ein Schritt hin zur Schaffung von "X, der Alles-App". Vorbild könnte die chinesische App WeChat sein, die als sogenannte Super-App zahlreiche Funktionen in sich vereint.
Musk hatte im Juni gesagt, er strebe langfristig eine Milliarde Twitter-Nutzer an. Im Sommer lag die Zahl der täglich aktiven Nutzer nach Unternehmensangaben bei rund 238 Millionen.
Großer personeller Umbau hat bereits begonnen
Musk machte US-Medienberichten zufolge nach dem Vollzug der Übernahme am Donnerstag gleich Tabula rasa: Er feuerte unter anderem Twitter-Chef Parag Agrawal, Finanzchef Ned Segal und Chefjuristin Vijaya Gadde. Überraschend kommt dieses radikale Vorgehen für Experten nicht: "Musk wird Direktoren einsetzen, die ihm wohlgesonnen sind, er wird ein neues Management einsetzen", hatte etwa der Juraprofessor Adam Badawi von der kalifornischen Universität Berkeley prophezeit.
Ob Musk für sich selbst den Posten des Chief Executive Officers (CEO) anstrebt, der wie bislang Agrawal das operative Geschäft leitet, darf bezweifelt werden. Er hat als Chef des Elektroautobauers Tesla und des Weltraumunternehmens SpaceX bereits alle Hände voll zu tun.
Doch nicht nur Spitzenmanagern könnte es bei Twitter an den Kragen gehen: Die "Washington Post" berichtete kürzlich, Musk wolle nach einer Übernahme von Twitter fast drei Viertel der Belegschaft entlassen. Der Milliardär will demnach die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von 7500 auf rund 2000 senken. Ein solcher Kahlschlag könnte die Fähigkeit von Twitter einschränken, Inhalte zu moderieren und Netzwerke und Daten zu schützen.
Radikale Redefreiheit oder werbeverträgliche Moderation?
Musk gibt sich als radikaler Vertreter des Rechts auf Redefreiheit. Kritiker befürchten deswegen, dass der streitbare Multimilliardär die Moderation von Inhalten etwa im Kampf gegen Hassbotschaften und Falschinformationen auf ein Minimum zurückfahren wird.
So wird erwartet, dass Musk die Verbannung des früheren US-Präsidenten Donald Trump von Twitter zurücknehmen dürfte. Der Kurzbotschaftendienst hatte Trumps Konto nach der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021 und angesichts von Befürchtungen vor weiterer Gewalt gesperrt.
Erst kürzlich veröffentlichte der für Provokationen bekannte Musk auf Twitter eine Bildmontage, die ihn, Trump und den umstrittenen Rapper Kanye West als die drei Musketiere mit gekreuzten Degen zeigt. Der wegen antisemitischer Ausfälle in Verruf geratene West will das besonders bei Rechten beliebte Netzwerk Parler kaufen, Trump hat mit Truth Social seine eigene Online-Plattform gegründet.
Später löschte Musk das Bild wieder. Solche Tweets schüren aber Befürchtungen, dass Twitter zu einer Plattform werden könnte, in der sich Rechtspopulisten und Rechtsradikale frei austoben können. Musk selbst beteuerte am Donnerstag, Twitter solle nicht zu einer "anarchischen Hölle werden, in der alles ohne Konsequenzen gesagt werden kann".
- Nachrichtenagentur dpa