TV-Tipp Marie Brand und die falschen Freunde
Köln (dpa) - In der linken Hand die Gabel, mit der pikst er die Bratkartoffeln auf. In der rechten das Steakmesser, das rammt er dem Wirt mit voller Wucht in den Handrücken.
Mit dem zauseligen Bart und seinem ständigen Auf- und Abtauchen an verschiedenen Orten ist der Typ eh wenig geheuer. Seine "Verhörmethoden" sind es noch weniger.
Da gehen die Hauptkommissarin Marie Brand (Mariele Millowitsch) von der Kölner Mordkommission und ihr Kollege Jürgen Simmel (Hinnerk Schönemann) schon zurückhaltender an die Sache ran - daher anfangs aber auch weniger erfolgreich. Denn freiwillig scheint in diesem Fall niemand mit überhaupt irgendetwas herausrücken zu wollen - schon gar nicht mit der Wahrheit. Das ZDF zeigt "Marie Brand und die falschen Freunde", am Mittwochabend (20.15 Uhr) - 27. Teil der Erfolgsreihe.
Das Todesopfer ist ein Firmenerbe. Mit viel Tamtam vor großem Publikum verkündet der Vater, dass sein Sprössling das erfolgreiche Bauunternehmen übernehmen soll. Der lässt sich noch von allen Seiten fotografieren, ein bisschen Babyspeck im Gesicht kann der feine Anzug nicht kaschieren. Wenig später torkelt er blutüberströmt am Rheinufer entlang. Noch ein Schlag mit einem dicken Ast - und er ist tot.
Das Ermittlerduo bekommt es mit einer Familie zu tun, die sich spinnefeind ist: Die Frau hat als Witwe die Firma mit in die Ehe gebracht, ihr neuer Mann leitet das Unternehmen. Er will nun Karriere als Landespolitiker machen, scheut aber nicht davor zurück, andere brutal zusammenschlagen zu lassen. "Bauarbeiter bleibt Bauarbeiter", wird das kommentiert. Der gemeinsame Sohn ist das Opfer, von der geplanten Nachfolgeregelung aber ahnte die Mutter nichts. Dabei lässt sie ihren Mann ausspionieren. Ihr Sohn aus erster Ehe wiederum liegt mit dem Stiefvater über Kreuz. Und die Familie hütet ein Geheimnis, bei dem die Sichtweisen entgegengesetzter kaum sein könnten.
Da Brand und Simmel davon lange Zeit ebenso wenig wissen wie der Zuschauer, tappen alle zusammen im Dunkeln. Und nach gut einer Stunde werden die Karten neu gemischt. Dann sind es offensichtlich widersprüchliche Aussagen, die den Täter entlarven. Dafür, dass Kommissarin Brand hochbegabt sein soll und frühere Fälle allein über ausgebuffte Schlüsse - und zur Überraschung ihres Kollegen - gelöst hat, verwundert es diesmal doch ein wenig, wie lange sie braucht.
Einmal mehr steht dafür Simmel im Fokus des privateren Erzählstrangs. Er kennt quasi jeden zweiten Zeugen persönlich, was den Staatsanwalt zu der Warnung veranlasst: "Passen Sie auf, dass aus der Fallakte kein Poesiealbum wird." Der Jurist will Simmel außerdem als Trainer für eine Alt-Herren-Ruder-Hobbymannschaft gewinnen. Der Polizist wiederum kämpft mit dem Kölner Wohnungsmarkt - und dem Versuch, mit einem neuen Zuhause auch bei Frauen besser zu punkten. Das kurzweilige Zusammenspiel der Kommissare sitzt wieder einmal perfekt.
Die Krimireihe ist für das ZDF auch ein Quotengarant. Sie läuft seit 2008 in unregelmäßigen Abständen. Seit 2014 platziert der Mainzer Sender die Folgen mittwochs oder samstags zur besten Sendezeit. In der Regel schauen fünf, sechs, sieben Millionen Menschen zu. Der Marktanteil entspricht oft mehr als einem Fünftel.
Wer die aktuelle Folge sieht, wird wegen der Wende im letzten Drittel bei der Suche nach dem Täter vermutlich eine ganze Weile im Trüben fischen. Dafür kann er Brand und Simmel beim freundschaftlichen Siezen beobachten. Und auch der immer wiederkehrende Sprint beim Verfolgen eines Verdächtigen darf natürlich nicht fehlen - samt dem liebgewonnenen Ritual, dass sie ihm sein Sakko abnimmt.