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Streit zwischen Markus Lanz und Strack-Zimmermann eskaliert: "Nicht in Ordnung"


"Nicht in Ordnung, was Sie gerade machen"
So eskalierte der Streit zwischen Lanz und Strack-Zimmermann

Von t-online, ecke

Aktualisiert am 21.10.2023Lesedauer: 7 Min.
Markus Lanz: Seine Talkshow läuft seit 2008 im ZDF.Vergrößern des Bildes
Markus Lanz: Das Format des Moderators ist für Diskussionen bekannt. (Quelle: watson)
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Dass es in der Talkshow von Markus Lanz nicht immer zimperlich zugeht, ist kein Geheimnis. Doch jetzt eskalierte ein Gespräch des Moderators auf beispiellose Art.

Seit 2008 behandelt Markus Lanz dreimal wöchentlich gesellschaftsrelevante und politische Themen in seiner ZDF-Talkshow. Der 54-Jährige ist kontroverse, ja, selbst hitzige Diskussionen gewohnt. Doch das, was in seiner letzten Sendung mit der FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann geschah, hatten Zuschauer so noch nicht erlebt bei "Markus Lanz".

Der Moderator verlor sichtlich den Faden, weil er sich mächtig mit der Politikerin in die Haare geriet. Der Grund: Strack-Zimmermann hatte seinem Freund und Podcast-Partner Richard David Precht "knallharten Antisemitismus" vorgeworfen. Ein Vorwurf, der Markus Lanz offenbar schwer zu schaffen machte. Den daraus resultierenden Talkshow-Schlagabtausch fassen wir für Sie hier im Wortlaut zusammen.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Herr Lanz, eigentlich müssten wir mal den Platz tauschen. Sie haben ja einen Podcast mit Herrn Precht, wo Sie sich ja über orthodoxe Juden unterhalten haben und dass es dort Tage gibt, an denen man seiner Arbeit nicht nachgehen kann. Und Herr Precht hat, völlig ohne rot zu werden, eine antisemitische Plattitüde herausgehauen, indem er gesagt hat: "Ja, die dürfen nicht arbeiten, es sei denn ein bisschen im Finanzmarkt oder im Diamantenhandel."

Markus Lanz: Das hat er so nicht gesagt.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ich habe es gehört.

Markus Lanz: Er hat das so nicht gesagt. Und er hat sich im Übrigen sehr ausführlich dafür entschuldigt.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Er hat es gesagt. Sie haben daraufhin 'Ja, ja' gesagt und dann ging das Thema weiter. Worauf ich hinauswill. Ich will jetzt hier nicht die Genese, sondern die Tatsache. Wenn auf der einen Seite der Mob auf der Straße tobt, auf der anderen Seite aber die bürgerliche Mitte, oder ich sage, die Intellektuellen in diesem Land, anfangen, mit solchen Stereotypen zu arbeiten, was knallharter Antisemitismus ist, den ich Ihnen persönlich nicht unterstelle, aber man nicht mal mehr das Gespür dafür hat, was geht und was nicht geht, und wir haben heute einen jüdischen Gast hier, dann, finde ich, sollten wir alle nicht nur schauen, was auf der Straße ist, sondern auch in den Salons dieser Gesellschaft.

Markus Lanz: Betrifft mich jetzt persönlich, und ich muss ehrlich sagen, ich finde es schwierig. Also von meiner Person, von der Person Richard David Prechts, eine direkte Linie zu ziehen zu dem, was auf deutschen Straßen zum Teil stattfindet.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ich wollte nur hinweisen, wie wir uns auch committen müssen.

Markus Lanz: Ja, aber es geht dann schon auch um den Kontext. Es gibt, glaube ich, wenige Leute im deutschen Fernsehen, die in den letzten 15 Jahren so viele Gespräche mit Holocaust-Überlebenden in einer Fernsehsendung geführt haben wie ich hier. Wenige.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Ja, aber darum geht es nicht. Es geht jetzt um diesen Moment.

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Markus Lanz: Doch. Kontext ist wichtig. Kontext ist trotzdem wichtig. Sie haben recht, es ist nicht die Zeit für Zweideutigkeiten, da gebe ich ihnen völlig recht. Und deswegen hat sich Richard auch entschuldigt und hat das klargestellt. Ich sage es noch mal: Kontext ist wichtig in dem Zusammenhang. Auch seine publizistische Arbeit. Wenn man sich das anschaut, wenn man den Menschen auch persönlich kennt, so wie ich das tue, dann muss ich Ihnen deutlich sagen, da führt überhaupt keine Linie zu dem, was auf der Straße stattfindet. Und zwar in keinster Weise. Gut, dass wir darüber sprechen, um das auch noch mal klar zu ziehen. Finde ich völlig in Ordnung. Aber wir müssen da schon sauber arbeiten.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Aber worauf ich hinauswill, ist die Tatsache, dass dieser Hass Israel gegenüber, sei es, dass es heißt, gegen den Staat Israel, gegen das Volk Israel, gegen Juden aufgrund ihrer Religion, ist immer gleich, und das explodiert gerade. Ich finde das höchst besorgniserregend, was hier gerade passiert.

Markus Lanz: Ja, das ist es auch.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Und deswegen, das betrifft ja auch uns, die wir politische Entscheidungen treffen, wirklich sehr genau hinschauen. Wir haben ja im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in den letzten Tagen gesehen, dieses Narrativ. Da macht die Hamas eine Presseerklärung, in der es heißt, Israel hat ein Krankenhaus bombardiert, Israel versucht zu klären, dass es so nicht war.

Markus Lanz: Entschuldigung Frau Strack-Zimmermann, Sie müssen bitte mit richtigen Fakten operieren.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: [....] Aber jetzt wissen Sie mal, wie das ist, wenn Sie hier Ihre Gäste grillen.

Markus Lanz: Ja, aber diese Situation ist jetzt zu ernst, um Späße zu machen.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Nein, Entschuldigung. Das sind keine Späße. Es geht darum, wie schnell das getriggert wurde. Also in den sozialen Netzwerken.

Markus Lanz: Sie haben gerade öffentlich-rechtliches Fernsehen gesagt. Wir waren das im Übrigen nicht. Ich will es nur mal sagen. Das macht uns aber nicht zu besseren Menschen oder auch zu schlechteren Journalisten. Das will ich gar nicht sagen. Es gab bei vielen Kollegen auch, und ich habe mir die jetzt nicht im Einzelnen angesehen, den Hinweis 'Nach Hamas-Informationen', den Zusatz gab es. Manche haben mit Begriffen wie 'mutmaßlich' und so weiter gearbeitet. Ich will das alles nur sagen, um es in den richtigen Kontext zu stellen. Und das Zweite ist, wichtig in dem Zusammenhang, weil es auch in Ihrer Partei irgendwie in Mode gekommen ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Senkel zu stellen. Es ist mitnichten so, dass das nur im öffentlich-rechtlichen Fernsehen passiert ist. Wir haben in dem Punkt möglicherweise eine höhere Relevanz, die Sie uns da zuschreiben, das nehme ich dankbar zur Kenntnis. Deswegen leitet sich daraus eine deutlich höhere Verantwortung ab, das nehme ich auch zur Kenntnis. Da haben Sie einen Punkt. Ich will nur trotzdem sagen, das haben auch andere gemacht, und Sie wissen, in welcher Welt wir leben. Es geht um Geschwindigkeit. Es geht um enorme Geschwindigkeit. Wir hatten jemanden hier vom BND, der sagte, wenn wir früher so gearbeitet hätten, dann hätte ich ihn direkt vom Flur gejagt, der mit so halbgaren Informationen um die Ecke kommt und sagt: 'Wir wissen jetzt genau, wie das war.' Aber die Deutungshoheit über Narrative, das ist etwas, womit heutzutage Kriege, auch Propagandakriege in den Köpfen der Leute, gewonnen werden.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Aber das ist doch genau der Punkt, Herr Lanz. Kein Whataboutism.

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Markus Lanz: Ganz kurz: Wie oft haben Sie sich schon nach einem Twitter-Eintrag, den Sie gemacht haben, [....]?

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Einmal.

Markus Lanz: Einmal? Sehen Sie, wie schnell das geht? Und?

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Herr Lanz, Sie haben Millionen Menschen, die zuschauen.

Markus Lanz: Ja, Sie auch!

Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Das ist charmant, aber davon gehe ich nicht aus. Herr Lanz, worum es mir geht, ist doch, dass etwas passiert ist und in Sekundenschnelle über soziale Netzwerke, über privat, über öffentlich, wo auch immer, transportiert wird. Das bedeutet, dass diese Unruhen, die eben nicht nur in den Ländern sind, die sowieso einen Hass auf Israel haben, sondern auch in der freien westlichen Welt, in Europa, Demonstrationen stattfinden, die durch die Informationsweitergabe ausgelöst werden, bei der noch gar keine Attributierung stattgefunden hat. Ich habe als Politikerin weniger Sorge, dass uns hier eine Rakete um die Ohren fliegt, als dass uns die Gesellschaft um die Ohren fliegt, weil man nicht mehr in der Lage ist, Dinge zu prüfen.

Markus Lanz: Wichtig gerade. Ich erinnere mich jetzt an den Kontext und wir haben auch darüber gesprochen. Das war ein ähnlich heikler Kontext. Sie waren diejenige, die damals getwittert hat, da ist gerade auf polnischem Gebiet eine mutmaßlich oder sicher russische Rakete gelandet.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Ich habe etwas anderes geschrieben.

Markus Lanz: Es war die gleiche Situation, Frau Strack-Zimmermann.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Herr Lanz, Sie werden es heute Abend nicht [....]

Markus Lanz: Was haben Sie denn geschrieben?

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Sie werden es heute Abend nicht schaffen, von dem Thema Antisemitismus in Deutschland abzulenken.

Markus Lanz: Nein, was haben Sie denn geschrieben?

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Ich habe seinerzeit verurteilt, dass eine russische Rakete auf polnischem [....] Gebiet [....]

Markus Lanz: Die aber keine russische Rakete war.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Die ein Fehlläufer war. Das hat man mir, Fachleute haben mir das gesagt.

Markus Lanz: Genau wie beim Krankenhaus.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Moment, Moment.

Markus Lanz: Nein, Frau Strack-Zimmermann. Sie merken das Problem gerade.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Nein, Herr Lanz, nein.

Markus Lanz: Sie wollten schnell twittern. Es ging um die Geschwindigkeit, über die ich gerade gesprochen habe.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Nein, nein. Herr Lanz, ich sagte gerade, wir drehen jetzt mal die Stühle um, um das ganz klarzumachen.

Markus Lanz: Nein, nein.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Doch. Das ist eine völlig andere Situation. Ich habe das nach einer Stunde gelöscht, weil mir gesagt wurde, es war nicht so.

Markus Lanz: Es ging um Geschwindigkeit.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Es ging um Geschwindigkeit – Herr Lanz, Sie sind Redakteur. Herr Precht ist Philosoph.

Markus Lanz: Entschuldigung, wir reden gerade über etwas ganz anderes. Sie haben gerade über das öffentlich-rechtliche Fernsehen geredet, das das Narrativ der Hamas übernimmt, dass es eine israelische Rakete war, die ein Krankenhaus getroffen hat. Und Sie haben das Narrativ übernommen, dass es eine russische Rakete war, die auf polnischem Gebiet gelandet ist. Ich bitte Sie!

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Herr Lanz, Sie wollen doch bitte nicht einen Tweet einer Strack-Zimmermann gleichsetzen [....]

Markus Lanz: War damals wichtig.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: [....] mit einem Gespräch, was stattgefunden hat, wo die ganze Welt brennt. [....]

Markus Lanz: Es geht nicht um das Gespräch. Lenken Sie jetzt bitte nicht ab, Frau Strack-Zimmermann, bitte.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: [....] wo der Antisemitismus im Nahen Osten mit einer Gewalt herauskommt und auf deutschen Straßen.

Markus Lanz: Frau Strack-Zimmermann, nicht in Ordnung, was Sie gerade machen. Wir sind beim Thema Narrative. Zu dem anderen habe ich mich eben schon deutlich erklärt.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Kein Whataboutismus.

Markus Lanz: Bitte?

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Kein Whataboutismus.

Markus Lanz: Das ist kein Whataboutismus, Entschuldigung.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Das ist einer.

Markus Lanz: Nein, in einer Situation, in dem mitten in Europa ein Krieg tobt, in der man gerade auf Verteidigungsexpertinnen wie Sie besonders hört, das ganze Land hat auf Leute wie Sie gehört, und das ist auch gut so. Ich schätze Sie und ich streite mich auch furchtbar gerne mit Ihnen. Das ist alles in Ordnung.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Das ist gut. Ich auch mit Ihnen.

Markus Lanz: [....] aber die Dinge sind an dem Punkt sehr vergleichbar.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Nein, sind Sie nicht. Es geht hier um Antisemitismus in diesem Land.

Markus Lanz: Nein! Entschuldigen Sie, Sie verstehen mich ganz genau.

Maria-Agnes Strack-Zimmermann: Nein.

Erst der Einwand des Militärhistorikers Sönke Neitzel, ob man nicht wieder etwas abrüsten wolle, brachten den Moderator und die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses wieder zur Ruhe – wodurch sich die weiteren Gäste in die Unterhaltung einbringen konnten.

Verwendete Quellen
  • zdf.de: "Markus Lanz" vom 19. Oktober 2023
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