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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ex-Moderatorin bricht Schweigen Britt Hagedorn: "Ich lebte mit einer hohen Gefährdung"
Britt Hagedorn war mehr als 14 Jahre lang als Talkmasterin nicht aus dem deutschen Nachmittagsfernsehen wegzudenken. Doch was macht sie jetzt? t-online hat mit ihr gesprochen.
Einfach weg, wie vom Erdboden verschluckt. Britt Hagedorn, einst mit "Britt – Der Talk um Eins" Deutschlands erfolgreichste Dauertalkerin, stellt schon seit 2013 bei Sat.1 keine Fragen mehr. Auch sonst ist sie komplett aus dem Fernsehen verschwunden. Zuletzt war sie Ende 2018 für eine Ratgebersendung aktiv. Seitdem: Sendepause.
Heute, am 2. Januar, feiert die Ex-Moderatorin ihren 50. Geburtstag – und sprach vorab mit t-online über ihr neues Leben fernab der Öffentlichkeit. Es ist das erste Mal, dass Hagedorn einen umfassenden Einblick in ihr Privatleben gewährt – und nach ihrem TV-Aus über die Gründe des Abtauchens spricht.
Die gebürtige Hamburgerin lebt inzwischen auf Mallorca. Im Landesinneren der spanischen Ferieninsel hat sie sich mit ihrem Ehemann und den gemeinsamen zwei Kindern niedergelassen. Bei unserem Videointerview wirkt sie aufgeweckt, fast so lebhaft und energisch wie früher, wenn sie den Leuten im Fernsehen auf den Zahn fühlte. Ohne Umschweife packt sie über ihren Lebenswandel aus ...
t-online: Frau Hagedorn, in letzter Zeit war wenig von Ihnen zu hören. Was macht das Leben?
Britt Hagedorn: Es stimmt, ich habe mein Leben sehr verändert. Ich habe mit dem Fernsehen kaum noch etwas zu tun und lebe nun auf Mallorca. Mein ganzer Arbeits- und Lebensalltag ist viel mehr auf die Kinder ausgerichtet als früher. Ich mag diese klassische Rolle einer Mutter.
Also Schulaufgaben statt Moderationskarten studieren?
Das kann man so sagen. Ich kümmere mich gerne um die Schulaufgaben und das Essen. Früher musste ich von einer Stadt in die andere hetzen, für Interviews, Aufnahmen und Proben im Fernsehstudio und so weiter. Das findet nun nicht mehr statt.
Aber warum nicht?
Es war wichtig für mich. Ich war einfach sehr müde irgendwann. Über viele Jahre bestand mein Leben nur aus Stress. Und ehrlich gesagt fehlte mir auch ein wenig die Zeit zu Hause mit den Kindern. Ich hatte das dringende Bedürfnis, wieder mehr für sie da zu sein.
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War das auch der Grund, nach Mallorca auszuwandern?
Schon, ja. Wir wollten einfach ein bisschen ruhiger, gemächlicher und nicht mehr so gehetzt leben.
Wieso Mallorca?
Wir hatten uns etwas auf der Insel gekauft, ursprünglich als Feriendomizil. Aber dann haben wir uns gedacht: Wir haben hier so ein fantastisches Haus stehen und nutzen es gar nicht genug. Also haben wir uns entschlossen, auszuwandern.
Wie kriegen Sie das finanziell gestemmt?
Zunächst einmal habe ich gut verdient und mein Geld angelegt. Mein Mann hat nach wie vor seine Firma, ein Investment Maklerhaus. Er vermittelt Immobilien. Dadurch ist er immer noch verankert in Deutschland und beruflich sehr eingespannt. Meine Lebenssituation hat sich hingegen verändert. Ich bin eben viel mehr fokussiert auf Familieninhalte inzwischen. Das ist auch total gut so, denn diese Zeit, in der die Kinder klein sind, habe ich nur einmal. Es ist ein großes Privileg, dass ich mir diese Zeit nun nehmen kann.
Früher waren Sie die Karrierefrau, die viel Geld verdient hat und erfolgreich war. Fiel Ihnen der Lebenswandel schwer?
Es war schon eine Umstellung: Die vielbeschäftige Geschäftsfrau mit Familie war plötzlich ohne berufliches Betätigungsfeld. So sehr ich das damals wollte, so sehr fehlte auf einmal die berufliche Herausforderung.
Wie meinen Sie das?
Meine Kinder sind jetzt 10 und 14 Jahre alt und ich spüre jetzt tatsächlich, dass wieder Sehnsüchte aufkommen nach dem, was ich lange nicht haben wollte: Termine haben, ein Interview führen, so wie jetzt mit Ihnen und sich selbst wieder verwirklichen.
Sie wollen nun also in eine neue Phase starten, in der Sie beides miteinander verbinden? Berufliches und Privates?
Bei mir gibt es eigentlich immer nur Volldampf. Es soll ja Mütter und Väter geben, die können das ganz toll: Beruf und Familie miteinander verbinden. Ich bin dahingehend die größte Flasche des ganzen Universums. Bei mir gibt es entweder nur das eine oder das andere.
Also dann lieber ein paar Tage mal nicht die Kinder sehen und dafür voll fokussiert in die Arbeit stürzen?
Voll! Ich funktioniere so einfach besser. Ich habe die Ruhe sonst nicht, um mich auf die Arbeit oder die Kinder zu konzentrieren. Als ich 14 Jahre die Talkshow gemacht habe, war ich für mehrere Tage von zu Hause weg. Aber das war okay, ich bin super glücklich, das so gemacht zu haben.
Vorhin sprachen Sie aber auch davon, dass damit sehr viel Stress einherging.
Klar, aber ich konnte mich verwirklichen und selbst wenn ich morgen tot umfallen würde, bliebe dieses Erreichte von mir und darauf bin ich sehr stolz. Das nimmt mir keiner mehr. Nichtsdestotrotz merke ich, dass ich jetzt wieder an einem Punkt bin, wo mir nur die Aufgaben in der Familie nicht mehr reichen. Ich bin eine studierte Frau, ich brauche wieder mehr geistige Stimulanz.
Lassen Sie mich raten: Sie schreiben ein Buch?
Ja, das ist tatsächlich so. Ich habe im letzten Jahr damit angefangen.
Auf Spanisch?
(lacht) Nein. Auch wenn ich Spanisch gelernt habe. Das war eine riesige Herausforderung, vor allem wenn man nicht mehr ganz jung ist. Aber ich habe das tatsächlich gepackt, weil ich es mit sehr viel Ehrgeiz verfolgt habe und weil der Job auf einmal keine Relevanz mehr hatte. Also habe ich mich quasi als Ersatzprogramm wie eine Geistesgestörte ins Spanischlernen gestürzt. Nach drei Jahren Lernphase kann ich heute sagen: Ich spreche ganz passabel Spanisch.
Vor dem Eintritt in Ihr 50. Lebensjahr hat sich also schon eine Menge verändert bei Ihnen.
Ja, aber das war nicht das einzige. Ich wusste, dass mir nach meinem TV-Aus eine extrem kritische Situation bevorsteht. Jemand, der so seinen Fokus auf seinen Beruf hatte und plötzlich damit aufhört, muss mit einer hohen Gefährdung leben. Es gibt genügend Beispiele aus der Branche, die echt abgerutscht sind. Ich wusste also, dass ich auf mich aufpassen muss und habe mir direkt ein super intensives Hobby gesucht.
Welches war das?
Ich fing mit dem Reiten an. Und ich hatte mir ein Ziel gesteckt: Zu meinem 50. Geburtstag wollte ich eine hohe Dressur reiten können. Sechs Tage die Woche habe ich wie eine Irre trainiert und alles reingesteckt, was ich habe: Geld, Zeit, Leidenschaft.
Und, werden Sie es schaffen?
Nein, leider nicht. Ich hatte einen Reitunfall, seitdem ist das Thema für mich erledigt. Ich habe alles verkauft. Aber durch diese Geschichte ist eine Lücke entstanden. Für mich war klar: Ich möchte wieder anfangen aktiv zu werden. Also habe ich mich ausbilden lassen im Neuro-Linguistischen Programmieren.
Und Sie schreiben das vorhin schon kurz erwähnte Buch. Über was eigentlich?
Ich habe ein Buch über Kommunikation geschrieben. Damit schließt sich der Kreis, das habe ich ja schließlich studiert. Zusammen mit Sabine Altena, einer renommierten Trainerin im Bereich Rhetorik und Kommunikation, habe ich das gemacht. Im Mai wird es erscheinen.
Also hatte der Unfall, so zynisch es klingen mag, auch etwas Gutes? Weil Sie dadurch noch einmal einen neuen Weg eingeschlagen haben?
Das ist so, ja. Diese Geschichte wäre ohne den Unfall vermutlich nie zustande gekommen. Und es fühlt sich jetzt, im Nachhinein, total richtig an, das zu machen. Endlich habe ich wieder das Gefühl, mich geistig herauszufordern und ins Erwachsenenleben vorzudringen. Im Prinzip beginnt nun mit meinem 50. Geburtstag ein ganz neuer Lebensabschnitt und darauf freue ich mich total.
- Interview mit Britt Hagedorn