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Prognose zum ESC: Warum das Kaugummihaar-Mädchen gewinnen sollte


Meinung
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Prognose zum ESC 2018
Huhn vs. Mieze: Warum das Kaugummihaar-Mädchen gewinnen sollte

MeinungVon Ariana Zustra

Aktualisiert am 12.05.2018Lesedauer: 4 Min.
Eleni Foureira, Netta, Claudia PascoalVergrößern des Bildes
Eleni Foureira (l.) aus Zypern und Netta (Mi.) aus Israel gelten als Favoritinnen für den ESC 2018. Claudia Pascoal aus Portugal hat höchstens Außenseiterchancen – aber ein ausgesprochen hübsches Lied. (Quelle: Fotocollage t-online.de/imago-images-bilder)

Männer müssen jetzt ganz stark sein: Beim Finale des 63. Eurovision Song Contest in Lissabon werden sie nichts zu melden haben. Zumindest nicht, was den Sieg angeht. Denn den dürften Eleni Foureira aus Zypern und Netta aus Israel unter sich ausmachen – im Duell "Mieze vs. Huhn".

"Ich will doch nur spielen" vs. "Ich bin nicht dein Spielzeug"

Erstere sieht aus wie ein heißfeuchter Traum mit Beyonce und Shakira. Foureira fegt über die Bühne zum Uftata-Dance-Pop "Fuego", natürlich mit Pyro-Show – der Name ist Programm. Weil sie viele Haare hat und die sehr schön sind, schüttelt sie diese noch öfter als die Hüften ihres katzenhaften Astralleibs. Außerdem hat sie den Mund leicht geöffnet, das soll sexy sein. Das Wenige, das sie an hat, glitzert, und glitzern ist immer gut beim Eurovision Song Contest. Weil sie ein heißer Schlitten ist und der Song ein typischer ESC-Knaller, schnurrt Frau Ferrari – äh, Foureira – derzeit laut Buchmachern und Wettbüros auf Platz 1.

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Das Duell der Frauenbilder

Ihre größte Konkurrentin könnte gegensätzlicher nicht sein: Netta aus Israel sieht aus wie eine Kreuzung aus Beth Ditto und Björk setzt voll auf die Paradiesvogel-Karte: Sie gackert, haspelt und quiekt sich mithilfe einer Loopmaschine durch "Toy", einem aufgedrehten Asia-Pop-Dreiminüter mit MeToo-Maskerade. Während der flotte Zypern-Flitzer mit dem Feuer zündelt, hat diese Dame hier so gar keinen Bock auf Spielchen: "I’m not your toy, you stupid boy" haut Netta mit sympathischem Dachschaden in den Augen raus. Pluspunkt: Sie kommt mit einer Selbstironie daher, die der zypriotischen Darbietung völlig abgeht. Das Duell der Frauen ist auch ein Duell der Frauenbilder: Spielerfrau (Foureira ist mit dem spanischen Fußballer Alberto Botía verheiratet) gegen "Ich-bin-nicht-dein-Spielzeug"-Frau.

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"Pam pam pa hoo, turram pam pa hoo"

An diese zwei Knaller kommt beim diesjährigen Wettbewerb niemand heran. Denn die Beiträge hat man meist noch während des Hörens schon vergessen. Außerdem muss man ständig googeln, wer jetzt nochmal wer war, weil praktisch nichts hängen bleibt. Deswegen können sich Zuschauer in ganz Europa jetzt schon mal entscheiden, ob sie besoffen auf der WM-Fanmeile 2018 lieber den Ohrwurm "Ah yeah, ah yeah, ah yeah" (Zypern) oder "Pam pam pa hoo, turram pam pa hoo" (Israel) blöken. Obwohl der Hype um Netta zuletzt nachgelassen hat, dürfte sie beim Finale am Samstag in der Altice Arena die Nase vorn haben – ihre Darbietung ist innovativer und zeitgemäßer als der Beitrag aus Zypern.

Männer beim ESC 2018: hart vs. zart

Und die Männer? Die bieten in diesem Jahr vor allem zwei Tinder-Profile an: den Androgynen und den Raubeinigen. Es wird wieder gestampft beim ESC! Nur diesmal keine Butter (wie beim polnischen Beitrag aus dem Jahr 2014 – unvergessen). Die Zauselbart-Backstreet-Boys aus Dänemark rund um Rotbart Rasmussen werden per Windmaschine vom Wikingerschiff direkt auf die Bühne geblasen – um mit geballten Fäusten und Kajalaugen einen trottenden Trampeltanz zu vollführen.

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Anti-Aging-Tipps aus Norwegen

Und auch Alexander Rybak, der 2009 für Norwegen den Sieg ergeigte, wird mit seinem Beitrag niemanden mehr vom Hocker reißen. "That’s How You Write A Song" will man von ihm nicht wissen, denn sein Workshop-Wissen hat in diesem Fall nur für diese eine Zeile gereicht, aus der das ganze Liedchen zu bestehen scheint und die wie behämmert wiederholt wird. Da nützt auch die Fiedel nichts, die Rybak auch diesmal wieder auspackt. "That’s How You Don’t Look Old" könnte er uns viel eher verraten, mit seiner Monchhichi-Mimik, noch immer zuckersüß grinsekaternd wie vor neun Jahren (überhaupt: Wie alt ist der Bub eigentlich?).

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Kleine Jungs und böse Buben

Dann gibt es noch einen Justin-Bieber-Verschnitt (mit Super-Solarium-Bühnenbild) aus Schweden und einen Justin-Bieber-Verschnitt (mit Schulrucksack!) aus Tschechien. (Überhaupt: Was macht Justin Bieber eigentlich?) Nett. Next.

Ein Hingucker sind da schon eher der aus der Piano-Gruft auferstehende Glasaugen-Goth Mélovin aus der Ukraine und die Metal-Männeken AWS aus Ungarn. Außer ADS-Gegröle versteht man bei Letzteren nichts, aber man ist ihnen dankbar für die willkommene Abwechslung – und auch für den leichten Pfeifton, den der Lärm hinterlässt, weil man die sehr vielen sehr egalen Wiederkäuer-Clubnummern so besser erträgt. Natürlich ist das ziemlich fürchterlich, aber das ist beim ESC auf eine gewisse Art ja alles, und dafür liebt man dieses Spektakel ja auch.

Ach so: Deutschland wird nicht gewinnen. Michael Schulte sollt laut Vorhersagen in die Top Ten klettern, jedoch klingt sein "You Let Me Walk Alone" (das Thema mal außen vor), als würde er alte Lieder von James Blunt aufsingen, die bei diesem zwischen Bettkasten und Matratze gerutscht sind.

Geheimtipp: Wieder leise Töne aus Portugal

Wem Foureira zu kalkuliert ist und Netta, nun ja, auch zu kalkuliert ist, der sollte Claudia Pascoal ein Ohr schenken. Mit "O Jardim" vertritt die ehemalige Castingshow-Teilnehmerin das Gastgeberland. In Landessprache trägt sie mit lieblicher Stimme ein Lied über Sterblichkeit vor – so zart wie Parfüm, das man in die Luft sprüht, anstatt auf die Haut. Huch, meint da jemand etwa etwas ernst? Der Trip-Hop-Track ist eine kitschfreie Hommage an ihre Großmutter und so zurückgenommen, dass er komplett untergehen könnte – oder ein Geheimtipp für den Sieg sein. Es wäre nicht das erste Mal, dass das Gastgeberland gewinnt – Irland holte von 1992 bis 1994 sogar dreimal in Folge den Titel.

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Zugegeben: Die leisen Töne von der jungen Frau mit den kaugummifarbenen Haaren sind verglichen mit Vorjahressieger Salvador Sobral nicht unbedingt catchy. Dafür bietet Pascoal etwas, das bei diesem Bumsbudenzauber rar gesät ist, und deswegen hin und wieder doch einen Überraschungssieg erringt: echte Emotionen.

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