Im Augenblick Sarah Lombardi sendet Sommer-Grüße
Köln (dpa) - Sarah Lombardi gehört zu den tragischen Figuren der deutschen Popmusik. Dass sie eine hervorragende Stimme hat, weiß man eigentlich schon seit etwa zehn Jahren, damals erreichte sie das Finale der RTL-Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS).
Unterstrichen wurde ihr Talent im vergangenen Jahr, als die 28-Jährige fulminant einen anderen Musikwettbewerb gewann - die Kostüm-Gesangsshow "The Masked Singer".
Und trotzdem denkt man bei Sarah Lombardi nicht zwangsläufig an tolle Popmusik - sondern eher an eine Influencerin mit 1,6 Millionen Followern bei Instagram, an Werbung für Haarpflege, an Pietro, Alessio, an Reality-TV ("Sarah & Pietro... bauen ein Haus") und einige Liebes-Wirren.
Dass das schreiend ungerecht ist, will Lombardi nun endlich beweisen, indem sie sich dem einstigen Kerngeschäft zuwendet. Das neue Album der 28-Jährigen trägt den Namen "Im Augenblick".
Was man Lombardi vorwerfen könnte: Vielleicht wäre es klug gewesen, thematisch andere Schwerpunkte zu setzen. Die Songs handeln fast ausschließlich von Liebe und Partnerschaft - was bei klatschanfälligen Zuhörern sofort Querverbindungen zum Ex Pietro Lombardi und ihrem neuen Verlobten knüpft. Andererseits: Welcher gute Popsong handelt eigentlich nicht von der Liebe?
Musikalisch pendelt Lombardi irgendwo zwischen Jennifer Lopez und Helene Fischer. Sie singt auf Deutsch, ihr Sound ist sehr tanzbar - und sommerlich. "Feel-Good-Track" nennt man das neudeutsch.
"Ich bleib' bei dir, mi amor! Egal, was passiert, ich geh' nie mehr fort", trällert Sarah gleich im ersten Song, zu dem man sich einen kühlen Drink aus einer Kokosnuss-Schale am Strand vorstellen kann - wäre nicht gerade Corona.
"Viele Songs sind für Momente geeignet, wenn man die ersten Sonnenstrahlen fühlt", sagt Lombardi im Gespräch mit der Deutschen-Presse Agentur. "Sie passen zu gutem Wetter. Dann kann man die Welt, wie sie gerade ist, auch mal vergessen."
Musikalisch bewegt sie sich damit in ähnlichen Gefilden wie Pietro Lombardi, dem mit "Senorita" - eine Art deutsche Hommage an "Despacito" - ein Sommerhit gelang. Sarahs Texte aber sind sanfter.
Zwei Lieder bleiben vor allem in Erinnerung. Das eine ist "Love Is Love", eine deutsche Interpretation des 90er-Jahre-Krachers "What Is Love" von Haddaway. Der Song ist fast genauso alt wie Lombardi selbst. "Ich selbst habe es als Kind nicht aufgelegt, aber auf jeden Fall meine Eltern", erzählt sie. "Ich habe daran auch so erste Erinnerungen, wenn ich mich an Tischen hochgezogen habe als Kind."
Das zweite bemerkenswerte Lied heißt "Ich". Es ist der Song, der auf einem sehr sonnendurchfluteten Album etwas Schatten zulässt. "Hab' Menschen verletzt, besonders die, die mich liebten. War nicht immer gerecht zu denen, die's verdienten", singt Lombardi darin. Wer will, der kann in solche Zeilen etwas hineindeuten - oder eben auch nicht. Pop ist, was Menschen bewegt. So gesehen ist Sarah Lombardi wohl so oder so in der richtigen Branche gelandet.