Briten im Büro Eine neue Pop-Wundertüte von The Divine Comedy
Berlin (dpa) - Von David Bowie über Boy George bis Jarvis Cocker - Großbritannien hat schon eine Menge Pop-Exzentriker erlebt. Einer der sympathischsten aus dieser Gattung "Bunte Vögel" ist Neil Hannon, Sänger und Songschreiber von The Divine Comedy.
"I jump the queue, because I'm smarter than you", singt Hannon mit selbstbewusstem Bariton im Opener seines neuen Albums "Office Politics" - und macht sich subversiv über das penible Schlange-Stehen seiner Landsleute lustig. Der Mann war schon immer ein liebenswert ironisches Schlitzohr - dazu eines mit Mut zu großen Konzepten und noch größeren Arrangements, etwa auf dem Durchbruchsalbum "Casanova" (1996) oder seinem Meisterwerk "Absent Friends" (2004).
Der Nachfolger von "Foreverland", das 2016 Platz 7 der britischen Charts erreichte, ist nun wieder eine echte Pop-Wundertüte - mit manchen Tracks, die Fans der gewohnten sinfonischen Klanggemälde von The Divine Comedy irritieren könnten. Auf "Office Politics" entdeckt Hannon Elektropop, maschinelle Rhythmen ("Infernal Machines") und Disco-Funk ("The Life And Soul Of The Party") für sich. Er listet seine 80er-Jahre-Helden auf ("Psychological Evaluation") und wagt im Titelsong sogar eine Art Rap.
"Aber keine Panik. Die Platte hat auch Gitarren, Orchester, Akkordeon und Lieder über Liebe und Neid", tröstet Hannon verschreckte Verehrer. Es gibt also auch Altbekanntes zu hören, unter immerhin 16 Stücken sollte für jeden etwas dabei sein: Piano-Pop, Soul, Latin, Swing, fette Chöre, gar eine opulente Suite mit Mandoline und Streichern ("I'm A Stranger Here").
Textlich bietet das Album eine bisweilen bissige Bestandsaufnahme der modernen Bürowelt und seiner oft skurrilen Bewohner ("You’ll Never Work In This Town Again"). Hannon zeichnet seine Figuren indes meist mit Sympathie ("Norman And Norma"), zum brutalen Zyniker wird er nicht. "Office Politics" ist ein herrlich britisches Pop-Album für Zeiten, die es schwer machen, die Briten zu verstehen.