Justice Teenie-Star Lukas Rieger: Pop für junge Fans
Berlin (dpa) - Immensen bei Hannover hat rund 2500 Einwohner, einen kleinen Bahnhof, mehrere Bauernhöfe und eine Dorfkirche.
In einem ganz normalen Kinderzimmer, mit Postern von Fußballern wie Messi und Ronaldo an den Wänden, produziert Gymnasiast Lukas Rieger vor mehreren Jahren erste Musikclips und stellt sie auf YouTube - so wie früher sein Idol Justin Bieber. Jetzt hat der heute 19-Jährige mit "Justice" bereits sein drittes Album veröffentlicht.
In den Jahren dazwischen ist viel passiert: Rieger wird 2014 in der Castingshow "The Voice Kids" entdeckt, bekommt später einen Plattenvertrag, schreibt ein Buch ("Der Lukas Rieger Code"), macht einen Podcast und baut sich vor allem in den sozialen Netzwerken eine riesige Fangemeinde auf. Die Ü18-Generation kennt den Niedersachsen wohl vor allem wegen seiner Teilnahme an der RTL-Tanzshow "Let's Dance" in diesem Jahr - oder wegen der Poster im Kinderzimmer.
Die jungen, meist weiblichen, Anhänger sind treue Konsumenten, Riegers Alben "Compass" (2016) und "Code" (2018) landen auf dem vierten und zweiten Platz der deutschen Charts. Auch auf "Justice" singt der schlaksige Teenie-Schwarm ausschließlich auf Englisch, schließlich hat er auch Fans in Polen, Tschechien und den USA.
Die versorgt Rieger mit gängigen Dance-Beats, Pop-Ohrwürmern wie der Single "Nobody Knows Me (Like You Do)" und massig Autotune. "Ich glaube, diese Effekte sind Teil der Musik. Autotune ist ein Stilmittel, das gerade in der Rapmusik viele benutzen", erklärt Rieger. Die künstliche Verfremdung der Stimme wurde vor allem von Rapper T-Pain und der Popdiva Cher ("Believe") populär gemacht.
Rieger nutzt den Effekt in nahezu jedem der 13 Songs, sodass seine wahre Stimme kaum zum Vorschein kommt. Doch die stimmlichen Qualitäten fallen bei Social-Media-Stars wie Mike Singer oder den Lochis ohnehin nicht ins Gewicht. Auch die Texte kratzen eher an der Oberfläche.
Meist dreht es sich um Liebe und Trennungen, mit den bald in YouTube-Rente gehenden Lochis singt Rieger über Freundschaft ("Friendzone"), in "I F*ck Up Sometimes" geht es um eigene Fehler. Was die Zielgruppe halt so interessiert. "Ich bin jung und möchte manchmal Dinge machen, die meine Eltern oder mein Manager nicht cool finden. Das ist auch völlig okay und sogar gut. Man muss Fehler machen, um daraus zu lernen", sagt Rieger dazu.
Auch mit dem Titelsong "Justice" können sich die jungen Fans, sofern sie den Text verstehen, sicher identifizieren. "Egal, ob das Leben gerade ungerecht ist, du musst an die guten Seiten denken. Das Leben ändert sich jeden Tag. Du weißt nie, was passiert", erklärt der Teenager - der bald 20 wird - die Intention des Tracks.
In Riegers Leben passiert seit Jahren äußerst viel. Inzwischen hat er seine eigene Wohnung in Berlin, reist öfter nach Los Angeles und braucht bei öffentlichen Auftritten einen Bodyguard. Seinen 1,8 Millionen Abonnenten auf Instagram teilt er täglich mit, wie es ihm geht. Die honorieren die privaten Einblicke mit Klicks und digitalen CD-Käufen, verzerrte Stimme hin oder her.
Hat er Angst, dass es ihm mal so gehen könnte wie seinem Vorbild Justin Bieber? Der bekundete kürzlich, dass ihm die große Bekanntheit in jungen Jahren nicht gutgetan habe. "Der frühe Ruhm ist etwas Schönes, gleichzeitig aber auch etwas Unschönes", erläutert Rieger. "Ich würde nicht sagen, dass man seine Kindheit verliert, aber man muss auf jeden Fall Abstriche machen. Aber ich habe mir das ja ausgesucht."