Film "Maudie": Griesgram liebt Künstlerin
Berlin (dpa) - Maud Lewis? Von der kanadischen Malerin (1903-1970) dürften in Deutschland bislang nur Kenner etwas gehört haben. Die Künstlerin, die an rheumatoider Arthritis litt, lebte mit dem Hausierer Everett Lewis zurückgezogen in einem kleinen Ort an der kanadischen Atlantikküste in der Nähe von Neufundland.
Berühmt wurde sie mit kleinen, farbenfrohen Bildern, die Naturszenen, Menschen oder Tiere zeigten - trotz ihrer Krankheit malte Lewis jeden Tag. Dieses Leben und mehr noch die Liebe zwischen Lewis und ihrem Mann zeigt nun das stille Biopic "Maudie" mit Sally Hawkins ("Happy-Go-Lucky") und Ethan Hawke ("Boyhood") in den Hauptrollen.
Irgendwann kommt sogar ein Brief von US-Präsident Richard Nixon. Der Politiker wolle auch ein Bild von ihr, berichtet Maud ihrem Mann Everett und fügt lakonisch hinzu: Solange Nixon aber kein Geld schicke, bekomme er auch kein Gemälde. Zu diesem Zeitpunkt sind Maud und Everett schon verheiratet, der grummelige Fischverkäufer hat sich mit Mauds Hobby abgefunden und unterstützt ihre Malerei.
Der Weg dahin? Schwer. Eine kleine, zarte Frau, die vielleicht nicht gut laufen kann, aber dafür einen umso größeren Willen besitzt, trifft auf einen einsiedlerischen, unbeholfenen Griesgram, der sich besser mit seinen Hunden als mit Menschen versteht. Maud heuert bei Everett als Haushaltshilfe an, um ihrer Familie zu entkommen, die ihr nichts zutraut. Everett ist abweisend, er ist brutal - doch Maud will ihn aushalten. Sie ist hartnäckig, sie glaubt an sich, auch wenn es sonst niemand tut.
Wie diese zwei ungleichen Menschen sich annähern, in einer Zeit, in der jeder auffällt, der anders ist und an einem Ort, wo jeder darüber spricht, macht den Kern des Films aus. Dabei ist es fast spannender zu sehen, wie aus dem ungehobelten Everett allmählich ein liebender Mann wird, als zu verfolgen, wie Maud erst ein Blümchen an die Wand malt, und dann noch eins und noch eins und irgendwann ein Schild vor dem Haus steht, das für ihre Bilder wirbt.
Der irischen Regisseurin Aisling Walsh ist mit "Maudie" ein überzeugendes Porträt gelungen - weniger von einer Künstlerin, deren Werke tatsächlich bis heute zu sehen sind, als von einer ungewöhnlichen Beziehung unter schwierigen Bedingungen.
Ein Glücksgriff sind dabei die beiden Hauptdarsteller: Sally Hawkins kauft man die gebrechliche, aber keinesfalls schwache Maud ab, Haltung und Mimik berühren. Ethan Hawke, der sein Gesicht immer so zusammenkneift, als wolle er sich davor schützen, dass jemand zu ihm durchdringt, schafft es, ganze 115 Filmminuten auszusehen wie ein Mann aussieht, der zwar Gefühle hat, sich das aber keinesfalls anmerken lassen will.
Eine dritte große Rolle spielt die Landschaft. Die Weite dieses verlassenen Zipfels Kanadas steht im Kontrast zu der winzigen Hütte, die sich das Paar teilt - auch als Maud anfängt, Geld mit ihren Bildern zu verdienen, leben die beiden noch ohne Strom.
Wenn Maud malt, sitzt sie meistens am Fenster und schaut hinaus. Sie konzentriert sich auf Tiere und Jahreszeiten und immer wieder auch auf ihren Mann. Die Bilder wirken naiv, aber sie zeigen Mauds Sicht auf die Welt. Irgendwann sagt sie über ihre Bilder: "Das ganze Leben in einem Rahmen."
"Maudie" ist ein schöner Film für die dunkle Jahreszeit.