Ökologischer Fußabdruck Die Tour und der Kampf gegen die Müllberge
Tignes (dpa) - Die Strafen sind in etwa so hoch wie in Singapur. Landet eine Trinkflasche mal außerhalb der Müllentsorgungszone, ist das bei der Tour de France längst kein Kavaliersdelikt mehr.
500 Schweizer Franken sind dann fällig. Da kennen der Radsport-Weltverband und die Tour-Organisation ASO kein Pardon. "Wir sind auf den Straßen nur zur Miete. Wir bedienen uns der Schönheiten von Frankreich und wollen diese nicht beschädigen", erklärt Tour-Chef Christian Prudhomme die seit einigen Jahren verfolgte Maxime. Die Rundfahrt hat sich dem Umweltschutz verschrieben - auch notgedrungen. Denn die Kritik am Massenspektakel ist in den letzten Jahren in Frankreich stark gestiegen.
Riesige Müllberge
Wenn der Tour-Tross mit seinen mehr als 5000 Begleitern und der Karawane durch das Land zieht, bleiben große Müllberge zurück. Das Département Haute-Savoie in den Alpen hat in der Vergangenheit mal 43 Kubikmeter Müll auf 150 Kilometern entlang der Strecke eingesammelt. So stellen sich in den Städten immer häufiger die Umweltschützer quer. In diesem Jahr sollte eigentlich Rennes den Grand Départ ausrichten, doch der von den Grünen mitregierte Stadtrat stimmte dagegen. Lyons neuer Bürgermeister Grégory Doucet beklagte im vergangenen Jahr, dass es "nicht akzeptabel" sei, 600.000 Euro für eine Tour-Etappe zu bezahlen, ohne die Frage nach dem ökologischen Fußabdruck zu stellen.
Prudhomme weiß um die Vorbehalte und verweist auf die Verbesserungen. Im letzten Jahr habe es 30 Hybridautos im Tross gegeben, 2021 sind es 130. "Ich bin 2020 drei Etappen mit einem Elektroauto gefahren, dieses Mal werden es 15 sein. Man kann uns beschuldigen, dass wir nicht weit genug gehen. Aber man kann nicht sagen, dass wir nichts machen." So stehen mehr Mülleimer entlang der Strecke. Auf vielen Hinweisschildern wird auf den Schutz der Umwelt hingewiesen. Hubschrauber dürfen in einigen Regionen nicht fliegen. Es wird weniger Plastik verwendet.
15 Millionen Gegenstände fliegen ins Publikum
Aber reicht das? Denn der größte Müllproduzent ist die Werbekarawane, die täglich als Vorauskommando der Tour die Strecke entlang fährt. 2019 wurden 15 Millionen Gegenstände ins Publikum geworfen. Viel nutzloses Zeug wie Kappen, Armbänder, Schlüsselanhänger bis hin zu Waschmittelproben. Wie sehr das noch alles zeitgemäß ist, wird beim Veranstalter nicht diskutiert. Schließlich gehört die "Caravane publicitaire" bereits seit 1930 zum Inventar und hat in diesem Jahr fast schon wieder die Größe aus der Vor-Corona-Zeit erreicht.
Deutschlands Rad-Hoffnung Emanuel Buchmann begrüßt die strengeren Regeln. "Ich denke, dass das Flaschenthema auch wichtig ist, denn Ressourcenschonung und Umweltschutz sind wichtige Themen", sagte der Ravensburger der Deutschen Presse-Agentur. Buchmann hält sich an die Regeln. Bei anderen dauert die Lernphase länger. Der Schweizer Michael Schär wurde bei der Flandern-Rundfahrt nach einem Flaschenwurf außerhalb der sogenannten "Litter Zones" sogar disqualifiziert. So drastisch sind die Regeln jetzt nicht mehr, aber 500 Schweizer Franken hat Schär auch schon wieder berappen müssen.