Warnschuss für den FC Bayern Münchner Stars stänkern gegen Frankfurter Spielweise
Aus Frankfurt berichtet Mark Weidenfeller
Weit nach Abpfiff kam Philipp Lahm als Erster aus der Kabine und stellte sich den Fragen der Medien. Der Kapitän des FC Bayern München erfüllte nach dem 0:0 gegen Eintracht Frankfurt seine Pflicht und erklärte den wartenden Journalisten den ersten Punktverlust in dieser Bundesliga-Saison. Wirklich gute Laune hatte er dabei allerdings nicht.
Das lag neben dem verpassten Startrekord von elf Siegen in Folge vor allem an der Spielweise des Gegners. "Jedes Wochenende steht man da und denkt, es geht nicht defensiver", sagte Lahm kopfschüttelnd. "Und dann kommt eine Mannschaft, die noch defensiver steht."
Kein Durchkommen im Frankfurter Abwehrbollwerk
Die Bayern erspielten sich zwar auch in Frankfurt das fast schon gewohnte Übergewicht von 75 Prozent Ballbesitz und 596 zu 153 Pässen. Zwingende Einschuss-Möglichkeiten blieben aber weitgehend Mangelware. Wie bei einem Powerplay im Eishockey umlagerte der Rekordmeister das Tor der Eintracht. Der letzte Mann der Münchner stand oft zwanzig Meter hinter der Mittellinie in der gegnerischen Hälfte. An ein Durchkommen war dennoch nicht zu denken. Zu dicht gestaffelt und zu weit zurückgezogen stand die Frankfurter Defensive.
Die Hessen hatten sich nach dem blamablen 0:1 im DFB-Pokal bei Drittligist Erzgebirge Aue von Beginn an mit einem extrem defensiven 4-5-1-System am eigenen Strafraum verschanzt und nicht einen Gedanken an die Möglichkeit eines eigenen Treffers verschwendet.
Mit harten bis überharten Zweikämpfen – der erste wurde bereits nach knapp 20 Sekunden mit einer Gelben Karte gegen Stefan Aigner geahndet – hielten sie die bis dato verlustpunktfreien Gäste von ihrem Gehäuse fern und ließen so gut wie keine Torchance zu. Nach Ballverlusten in der Offensive ging es im Sprint zurück in die angestammte Position. So etwas wie Pressing fand schlichtweg nicht statt.
Guardiola sieht es völlig anders
"Die haben verteidigt wie beim Handball", schimpfte Manuel Neuer. "So spielt man nicht", ergänzte Arturo Vidal. Und selbst der sonst so besonnene Jerome Boateng wirkte fassungslos. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagte er nach Schlusspfiff. Blöd nur, dass Bayern-Trainer Pep Guardiola das alles völlig anders sah.
Der Spanier, der sein Team noch vor der Partie gewarnt und in die Pflicht genommen hatte, fühlte sich bestätigt. Er suchte die Schuld an dem torlosen Unentschieden nicht beim Gegner, sondern in den eigenen Reihen. "Die können spielen, wie sie wollen", sagte Guardiola: "Wir müssen in der Lage sein, gut anzugreifen. Aber das hat heute nicht geklappt."
Schon nach acht Minuten wird neu gewürfelt
Dabei hatte der Coach, der mit Rafinha, Arjen Robben und Arturo Vidal für David Alaba, Thomas Müller und Thiago drei positionstreue Wechsel in der Startelf vorgenommen hatte, alles versucht. Bereits nach acht Minuten würfelte er seine offensive Dreierreihe mit Robben, Kingsley Coman und Douglas Costa einmal komplett durcheinander. Robben rückte von rechts in die Mitte, Coman wechselte von links nach rechts, Costa ging aus der Zentrale auf den linken Flügel.
Kurz nach der Halbzeit installierte Guardiola dann mit Thomas Müller einen weiteren Mann in der Offensive, Lahm erlebte zudem sein Comeback auf der Position des Linksverteidigers. "Das habe ich das letzte Mal bei der EM 2012 gespielt“, sagte er. Doch es half alles nichts. Und hätte Marc Stendera einen Querschläger Neuers (54.) zur Führung genutzt - der Abend der Bayern wäre noch finsterer geendet.
"Wir haben es rechts und links versucht, im Eins-gegen-Eins. Wir haben alles getan", so Guardiola: "Aber wir hatten einfach zu wenig Raum, es hat nichts geklappt."
"Nicht immer das, was du dir wünschst"
Damit sprach der FCB-Coach das Grundproblem seines Teams an. Den Bayern fehlte an diesem Abend schlichtweg der Platz – und damit die zündenden Ideen. Costa, Robben oder Coman brauchen für ihre Tempoläufe Anlauf. Anlauf, den es gegen einen so destruktiven Gegner nicht gibt. Lewandowski braucht Zuspiele. Zuspiele, die bei einer dermaßen vielbeinigen Abwehr selten bis nie ankommen. Zu allem Überfluss geht mit diesen ganzen Problemen noch ein weiteres einher, das Neuer so formulierte: "Ich denke, Arsenal wird das Spiel heute verfolgt haben."
Die Londoner werden am Mittwoch in München vorstellig und könnten die Bayern mit einem Sieg in der Champions-League-Gruppe F in arge Bedrängnis bringen. Bereits im Hinspiel hatte das Team von der Insel den deutschen Rekordmeister mit einer rein auf Konter ausgelegten Taktik vor letztlich unlösbare Aufgaben gestellt und 2:0 gewonnen.
Ein Erfolg des FC Arsenal ist auch in der Allianz-Arena durchaus möglich. "Ich erwarte auch Arsenal sehr defensiv. Das macht es für uns nicht leichter", sagte Boateng, der sich zumindest in diesem Punkt mit seinem Chef einig war. Denn auch Guardiola erinnerte noch einmal daran, dass selbst bei den Bayern nicht immer alles nach Plan läuft: "Fußball ist nicht immer das, was du dir wünschst", sagte er.