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Thomas Tuchel: England will den WM-Titel


Tuchel vor England-Debüt
Die Arbeit trägt direkt Früchte


Aktualisiert am 21.03.2025 - 14:56 UhrLesedauer: 6 Min.
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Thomas Tuchel bei einer Pressekonferenz für England: Vor den "Three Lions" trainierte er den FC Bayern, den FC Chelsea, Paris Saint-Germain, den BVB und Mainz 05. (Quelle: IMAGO/imago)
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Gegen Albanien will Tuchel eine neue Ära im englischen Fußball einleiten. Doch die Nation ist skeptisch. Dabei hat der Coach einen prominenten Befürworter – und eine klare Strategie.

Dass der britische Thronfolger Prinz William ein bekennender Fußballfan ist, war noch nie ein großes Geheimnis. Nicht umsonst bekleidete der 42-Jährige von 2006 bis zum vergangenen Sommer das Amt des Präsidenten des englischen Fußballverbands FA. Mittlerweile ist er Schirmherr der Organisation und äußerte sich als solcher jüngst auch zu der Personalie, die den englischen Sport aktuell wohl am meisten umtreibt: Thomas Tuchel.

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Spiele

"Ich verstehe die Debatte, einen englischen Trainer zu haben", sagte Prinz William vor rund einer Woche im Interview mit der britischen Boulevardzeitung "The Sun". "Aber für mich sollte es die beste Person für den Job sein – und Thomas ist genau die richtige Person."

Womit der Monarchensohn die Problematik rund um die Ernennung Tuchels zum englischen Nationaltrainer durchaus auf den Punkt gebracht hatte. Denn an der grundsätzlichen Qualität Tuchels gab es auf der Insel nach dessen erfolgreicher Zeit beim FC Chelsea lange keine Zweifel. Doch, dass ausgerechnet ein Deutscher nun die "Three Lions" zurück in die Erfolgsspur führen soll, passt vielen Engländern überhaupt nicht in den Kram; ist die sportliche Rivalität beider Nationen nach dem Eklat um das Wembley-Tor vor fast 49 Jahren doch eine der erbittertsten im internationalen Fußball.

Vor diesem Hintergrund steht Thomas Tuchel bereits am Freitagabend erstmals gehörig unter Druck zu beweisen, dass er, wie von Prinz William behauptet, wirklich der richtige Mann für die Aufgabe an der englischen Seitenlinie ist. Dann wird der Ex-Bayern-Trainer nämlich zum ersten Mal ein Spiel seiner neuen Mannschaft betreuen. England trifft zum Start der WM-Qualifikation im Wembley Stadium auf Albanien. Mit einem Auftaktsieg gegen den Balkanstaat könnte sich Tuchel bei den britischen Anhängern sowie der durchaus ihm kritisch gegenüberstehenden Presse bereits einen kleinen Kredit erspielen. Doch am Ende will ganz England nur eine Sache von ihm.

Tuchel soll den Bann endlich brechen

Seinen neuen Job hat Thomas Tuchel zum 1. Januar 2025 angetreten. Der Vertrag, den der 51-Jährige unterschrieben hat, läuft vorerst über 18 Monate und damit bis zum Sommer 2026. Zufall dürfte das wohl kaum sein. Denn in anderthalb Jahren steht die Weltmeisterschaft in den USA, Kanada und Mexiko auf dem Plan – und die englische Bevölkerung lechzt nach dem zweiten WM-Titel nach 1966.

Den hätte die eigene Nationalelf eigentlich schon längst erringen müssen. Denn seit Jahren gehört der englische Kader zu den stärksten der Welt. Um Bayern-Star und Kapitän Harry Kane tummeln sich zahlreiche Spieler mit internationalem Spitzenformat, darunter Manchester Citys Phil Foden oder Real Madrids Jude Bellingham. Gerade in der Offensive herrscht ein qualitatives Überangebot. Dass beispielsweise Chelseas Top-Scorer Cole Palmer die ersten Spiele unter Tuchel verletzungsbedingt verpassen wird, fällt da kaum ins Gewicht.

Doch trotz der Masse an Talent gelang es England in den vergangenen Jahren nicht, das eigene Potenzial vollends abzurufen. Bei der WM 2018 in Russland scheiterte das Team im Halbfinale, vier Jahre später in Katar im Viertelfinale. Noch bitterer verlief es bei den vergangenen beiden Europameisterschaften. Sowohl bei der Kontinental-EM 2021 als auch bei dem Turnier in Deutschland 2024 rückte England bis ins Finale vor – und stand am Ende doch mit leeren Händen da.

So droht mal wieder eine "goldene Generation" des englischen Fußballs zu scheitern. Schon dem Starensemble um David Beckham, Steven Gerrard, Rio Ferdinand oder Frank Lampard war in den 2000ern trotz unbestrittener Qualität ein Titel verwehrt geblieben. Tuchels Mission ist dementsprechend klar: Er soll den Bann brechen und England endlich wieder mit einer Trophäe beschenken. Das machte auch Prinz William deutlich: "Es wäre toll, wenn er nächstes Jahr die Weltmeisterschaft gewinnen könnte", betonte der künftige König. "Es geht darauf zu, und es ist definitiv möglich."

Der Spielstil soll "die Premier League widerspiegeln"

Um den Traum vom WM-Titel aber tatsächlich wahr werden zu lassen, muss der neue Coach seine Spieler nun zu einer Einheit formen, der es nachhaltig gelingt, ihre qualitative Überlegenheit auf den Platz zu bringen. Die Fähigkeit der englischen Stars, den Gegner über ein komplettes Spiel mit attraktivem Angriffsfußball zu dominieren, war unter Tuchel-Vorgänger Gareth Southgate nämlich viel zu selten zum Tragen gekommen. Zu oft zeigte das Team uninspirierte, gar biedere Auftritte und musste sich am Ende auf Einzelaktionen ihrer Individualisten verlassen. So zum Beispiel beim EM-Achtelfinale im vergangenen Jahr, als Jude Bellingham England in letzter Sekunde per Fallrückziehertor vor einer Blamage gegen die Slowakei und einem vorzeitigen Aus bewahrte.

Dass er durchaus verstanden hat, dass seiner Mannschaft ein neuer fußballerischer Ansatz guttun würde, verdeutlichte Thomas Tuchel derweil jüngst auf einer Pressekonferenz. Seine Worte dürften dabei bei Spielern und Fans gleichermaßen Anklang gefunden haben.

"Es muss die Premier League widerspiegeln", sagte er über den Spielstil, den er mit seiner Mannschaft künftig zu praktizieren gedenkt. Die englische Liga sei sehr physisch und direkt, so Tuchel. "Wir sollten mutig genug sein, um wie eine englische Mannschaft zu spielen, und sollten andere Nationen und andere Stile nicht zu viel kopieren. Es sollte die Werte des Landes und der stärksten Liga der Welt widerspiegeln." In diesem Zusammenhang erklärte der Coach auch, "einen direkten Stil, einen Angriffsstil" implementieren zu wollen. Schon am Freitag gegen Albanien plane er, das Potenzial seiner Spieler zu entfesseln.

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"Bist du immer noch sauer?" Tuchels spezielles Telefonat

Mit den Stars selbst versucht Tuchel übrigens seit Dienstbeginn ein gutes Verhältnis aufzubauen. Dabei war er von Anfang an nicht nur im Austausch mit den Akteuren, die es dieses Mal in den Kader geschafft haben. FA Chief Executive Mark Bullingham sagte Anfang März über Tuchel: "Er hat seine 55 Spieler auf seiner Longlist und stellt sicher, dass er eine starke Verbindung zu ihnen hat, dass sie wissen, dass er sie gesehen hat." Tuchel habe dabei nicht nur die Spieler in England, sondern auch die Legionäre in anderen Ligen beobachtet. "Das wird uns auf lange Sicht nur zugutekommen", so Bullingham.

Womit er durchaus recht behalten könnte. Denn dass die intensive Kommunikation mit einer Vielzahl an potenzieller Kaderkandidaten schnell Früchte tragen kann, verdeutlichte bereits das Beispiel Morgan Gibbs-White. Der offensive Mittelfeldspieler von Nottingham Forest spielt aktuell eine überragende Saison. Ins erste Aufgebot von Tuchel hatte er es dennoch nicht geschafft, was ihn äußert frustrierte.

"Ich war verärgert, ein bisschen enttäuscht, aber gleichzeitig muss man immer die Qualität der englischen Spieler sehen", so Gibbs-White zu BBC Radio 5 Live. Tuchels Entscheidung gegen ihn habe er trotz seiner eigenen starken Leistungen für Nottingham respektiert. Doch plötzlich meldete sich der Trainer dann ein weiteres Mal beim 25-Jährigen. Durch die Verletzung Palmers war ein vorläufiger Kaderplatz frei geworden, den Tuchel gerne mit Gibbs-White besetzen wollte.

"Er rief mich an und sagte: 'Bist du immer noch sauer auf mich oder willst du dich uns anschließen und morgen mit uns trainieren?'", schilderte Gibbs-White die Konversation. "Da gab es keine Frage. Ich habe von Ohr zu Ohr gelächelt. Ich bin begeistert."

Ähnlich dürfte es Tuchel am anderen Ende der Leitung gegangen sein, auch wenn er Gibbs-White für das Albanien-Spiel kurz darauf wieder aus dem Kader streichen musste. Denn nur 23 Spieler dürfen für eine Partie in der WM-Qualifikation im finalen Aufgebot stehen. Der Coach hatte zunächst aber 26 nominiert. Aaron Ramsdale vom FC Southampton und Jarell Quansah vom FC Liverpool ereilte dabei das gleiche Schicksal wie Gibbs-White.

Dennoch: Kurz vor seinem Debüt hat Thomas Tuchel mit einer klaren Idee und umsichtiger Kommunikation die perfekten Voraussetzungen geschaffen, um seine Mannschaft zur Weltmeisterschaft und am Ende vielleicht sogar zum Titel führen zu können. Sollte ihm das tatsächlich gelingen, würde sich wohl kein Fan in England mehr daran stören, dass ein Deutscher die Auswahl leitet – und Prinz William hätte mit seiner Prognose über die Eignung Tuchels als englischer Nationaltrainer letzten Endes richtig gelegen.

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