Spanien empfängt Italien Thiagos brisanter Quali-Kracher
An diesem Samstag trifft die spanische Nationalmannschaft in Madrid auf Italien (20.45 Uhr/ DAZN und im Liveticker bei t-online.de). Nur der Sieger der Gruppe G qualifiziert sich direkt für die WM 2018 in Russland. Beide Teams haben 16 Punkte auf dem Konto, Spanien führt die Gruppe dank des besseren Torverhältnisses an. Das Hinspiel endete 1:1.
Es ist für beide Nationen ein immens wichtiges Spiel, für einen der Protagonisten hat es aber eine noch weitreichendere Bedeutung: Thiago Alcántara. Denn der Spanier hat aus dreierlei Gründen eine ganz besondere Beziehung zu Italien.
Der Mittelfeldmann vom FC Bayern München ist im italienischen Apulien geboren. In Bari debütierte er 2011 im Trikot der spanischen Nationalelf und gewann 2013 gegen sein Geburtsland die U21-EM. Dabei erzielte er sogar einen Hattrick.
"Es war ein einzigartiges Gefühl"
Apulien im Frühjahr 1991. Im Krankenhaus von San Pietro Vernotico arbeitete Giuseppe Palaia, damaliger Arzt von US Lecce, wo in der Saison 1990/91 ein gewisser Mazinho spielte. "Ein Brasilianer mit dem Arbeitseifer eines Deutschen", beschrieb ihn Dr. Palaia der "Stampa."
"Mazinhos Frau, die Volleyballerin Valeria Alcántara, war damals schwanger. Ich brachte sie zum Frauenarzt meines Krankenhauses, wo Thiago das Licht der Welt erblicken sollte. Ich erinnere mich gut an seine Geburt: Es war ein einzigartiges Gefühl!" In Apulien blieb der kleine Thiago nur ein paar Monate: Im Sommer 1991 zog die Familie nach Florenz, weil Mazinho von der dort ansässigen AC verpflichtet wurde.
Italien ist also das Geburtsland Thiagos, doch nur zwei Jahre später kehrte die Familie nach Brasilien zurück. Mazinho wechselte zu Palmeiras São Paulo. 1993 kam Thiagos kleiner Bruder Rafael auf die Welt, der heute beim FC Barcelona spielt und auf den Namen Rafinha hört.
Thiagos Verbindung mit Italien lag einige Jahre auf Eis. Bis er 2011 wieder in "sein" Apulien reiste, um dort das erste Spiel mit der Nationalmannschaft zu bestreiten. Nur ein paar Kilometer von seinem Geburtsort entfernt feierte er in Bari sein Debüt für die spanische Séleccion.
Aber weshalb spielt der Bayern-Star eigentlich für Spanien?
Mitte der 90er Jahre wechselte Mazinho nach Valencia. Die Familie Alcántara war in Spanien angekommen. Thiago wurde 2005 in "La Masia", dem Nachwuchszentrum des FC Barcelona, aufgenommen. Ein prägender Schritt für das große Talent. "Spanien hat mir alles gegeben", sagte der Mittelfeldspieler vor einigen Jahren. "Mir fiel es ganz leicht, mich für die spanische Nationalmannschaft zu entscheiden."
Italien war also keine Option für den heutigen Bayern-Spieler, blieb aber dennoch Teil von Thiagos Vita. Im Finale der U-21-EM 2013 in Israel trat der spanische Nachwuchs gegen Italien an. Die Iberer behielten mit 4:2 die Oberhand, dreifacher Torschütze: natürlich Thiago.
Nicht nur aufgrund dieses starken Auftritts galt er im Sommer 2013 als das wertvollste Juwel des FC Barcelona, doch sein weiterer Weg führte ihn nach Deutschland. "Thiago oder nichts!", antwortete Pep Guardiola, wenn man ihn nach Transfers fragte. Als neuer Trainer vom FC Bayern wollte er unbedingt seinen Lieblingsschüler verpflichten – schon zu Barcelona-Zeiten war die Wertschätzung entstanden.
Als Thiago 19 war, baute ihn Guardiola schon in Barças erste Elf ein. Beinahe wäre es zu diesem Zeitpunkt zu einer Rückkehr Thiagos nach Italien gekommen. Sein Name stand auf der Wunschliste von Luis Enrique, der im Sommer 2011 beim AS Rom Trainer wurde und seinen einstigen Zögling, den er in La Masia betreut hatte, nach Rom lotsen wollte. Guardiola aber wollte auf Thiago nicht verzichten und sprach sich gegen einen Transfer aus.
"Thiago ist ein älterer Mann in dem Körper eines Jungen"
Bis zum Sommer 2013 blieb Thiago bei den Katalanen, dann folgte der Wechsel nach München. Sein Bruder Rafael hingegen schlug einen anderen Weg ein. Nicht nur, dass er sich bis heute zu Barça bekennt, auch in der Wahl seines Nationalteams grenzte sich Rafa von seinem Bruder ab.
Der jüngere Alcántara spielt für sein Heimatland Brasilien. Das ist aber nur einer von vielen Unterschieden zwischen den ungleichen Brüdern. "Thiago ist ein älterer Mann im Körper eines Jungen", erklärt Schwester Thaisa. "Rafa hingegen wie ein Kind, mit dem Aussehen eines Mannes".
Auch auf dem Feld unterscheidet sich das Brüderpaar. Thiago eifert dabei seinem Vater nach, ist taktisch diszipliniert und ein echter Stratege. Rafa hingegen ist als Rechtsaußen ein echter Vertreter des brasilianischen Jogo bonito (schönes Spiel).
Was aus sportlicher Sicht beide Alcántaras verbindet – die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft war ihnen noch nicht vergönnt. Rafa debütierte in der Seleçao erst im Herbst 2015, Thiago verpasste die WM in Brasilien aufgrund einer schweren Knieverletzung.
Während Rafas Nationalmannschafts-Karriere derzeit auf Eis liegt, ist sein Bruder fester Bestandteil der spanischen Elf. Und könnte heute seinem Traum einen wichtigen Schritt näherkommen, ausgerechnet mit einem Sieg gegen Italien.