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Vom Fußballstar zum Verurteilten: Der tiefe Fall des Christoph Metzelder


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Vom Fußballstar zum Verurteilten
Der tiefe Fall des Christoph Metzelder


29.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Nach Geständnis: Ex-Fußballprofi Metzfelder ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. (Quelle: reuters)
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Einst bejubelten ihn 80.000 Fans in Dortmund und Madrid, nun wurde er wegen des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie verurteilt. Es ist das Ende von Christoph Metzelders tiefem gesellschaftlichem Fall.

Nur 66 Kilometer entfernt feierte er im Dortmunder Signal-Iduna-Park seine größten sportlichen Erfolge, wurde von zehntausenden Fußballverrückten bejubelt. Und doch liegen Welten zwischen dem kargen Raum im Amtsgericht Düsseldorf und der monumentalen Heimstätte des Bundesligisten Borussia Dortmund. Denn im Gerichtssaal E.116 bejubelt niemand Christoph Metzelder. Am heutigen Donnerstagnachmittag wurde der frühere DFB-Nationalspieler und Vizeweltmeister von 2002 wegen Besitzes und Weiterleitung von 18 kinder- und jugendpornografischen Dateien zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

"Ich akzeptiere die Strafe und bitte die Anwesenden stellvertretend für alle Opfer sexueller Gewalt um Entschuldigung", hatte Metzelder bereits zu Prozessbeginn unter Tränen gesagt, der dabei aber auch betonte, es habe keine Übergriffe gegenüber Kindern und Jugendlichen gegeben und er habe – trotz in Online-Chats geäußerter Sexualfantasien – auch keine geplant.

Das jähe Ende eines Saubermanns

Die Verurteilung ist das jähe Ende des tiefen gesellschaftlichen Fall Christoph Metzelders. Dabei hatte der Ex-Profi, der mit dem BVB 2002 deutscher und 2008 mit Real Madrid spanischer Meister wurde, in den Jahren nach seinem Karriereende 2013 alles dafür getan, ein penibles Saubermannimage aufzubauen und zu pflegen. Metzelder war aufgrund seines Intellekts (er schloss das Abitur mit der Note 1,8 ab) und seiner Weitsicht geschätzt und begehrt, neben seinem Ex-Klub Schalke 04 und RB Leipzig soll auch der DFB sich um seine Dienste in leitender Rolle bemüht haben.

Metzelder genoss das Interesse und seine Popularität und probierte sich aus: Beim Pay-TV-Sender Sky Sport stieg er als Experte ein, hob sich durch seine Wortwahl und taktische Scharfzüngigkeit von seinen Kollegen ab. Die ARD warb ihn ab, sah sie in ihm doch den selbstverständlichen Nachfolger Günter Netzers, der im Duo – oftmals eher im Duell – mit Gerhard Delling die Moderation von Fußballübertragungen revolutionierte.

Was vielen Ex-Profis als Lebensinhalt – und auch Haupt-Einnahmequelle – ausreichen würde, war Metzelder nicht genug. Der frühere Abräumer füllte jede freie Zeile seiner Visitenkarte, wirke wie ein Getriebener: Geschäftsführer der Sportmarketingagentur Jung von Matt/sports, Mitgründer der Marketingagentur BrinkertMetzelder (aus der er 2019 bereits wieder ausstieg und die heute unter BrinkertLück firmiert), Vorsitzender seines Heimatvereins TuS Haltern, Aufsichtsratsvorsitzender seines Ausbildungsvereins Preußen Münster, in dem sein Bruder Malte bis 2020 als Geschäftsführer und Sportdirektor die Geschicke leitete.

Privataudienz beim Papst, Bundesverdienstkreuz – Metzelder war auch außerhalb des Sports begehrt

Auch außerhalb des Sports war es schwer an Metzelder vorbeizukommen. Das engagierte CDU-Mitglied beriet Politiker und trieb die Arbeit in mehreren ehrenamtlichen Stiftungen voran. Bereits 2006 hatte er die Dachstiftung "Zukunft Jugend" gegründet, in der er alle seine sozialen Bestrebungen bündelte. Für seinen Kampf für benachteiligte und missbrauchte Kinder wurde er mit einer Privataudienz bei Papst Benedikt XVI. geehrt, 2017 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Dass sich Metzelder vor allem für die jungen, schutzbedürftigen Mitglieder der Gesellschaft einsetzte, sollte zu einem Punkt werden, der nach dem 3. September 2019 skeptisch und besorgt beäugt wurde.

An diesem Tag unterrichteten Beamte Metzelder in der Sportschule Hennef, in der an einem Trainerseminar teilnahm, über Ermittlungen wegen des Verdachts der Verbreitung von Kinderpornografie. Noch am selben Tag wurden Büro- und Privaträume in Düsseldorf nach Beweismaterial durchsucht. Die Bombe, die Metzelders Image, seine Karriere und seine Pläne zerfetzen sollte, war geplatzt.

Metzelder wehrte sich ein Jahr – vergeblich

Die Schrapnelle flogen in den kommenden Monaten wild durch die Gegend und beschäftigten Beamte und Berichterstatter. Metzelder heuerte ein Anwaltsteam an und wehrte sich mit zahllosen Unterlassungsklagen gegen die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit den Ermittlungen, die im September 2020 – fast exakt ein Jahr nach dem unerwarteten Besuch in Hennef – in der Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf mündete. Wenige Monate später, im Februar 2021 ließ das Amtsgericht die Anklage zu. Dass zeitgleich die Hauptzeugin des noch anstehenden Verfahrens der Wochenzeitung "Zeit" in einem großen Interview detailliert schilderte, wie sie vermeintlich Metzelder zu Fall brachte, indem sie ihn in Vertrauen wog und sich über seine sexuellen Fantasien mit Kindern aufklären ließ, ließ den 40-Jährigen sich endgültig im abgeschlagenen Abseits wiederfinden.

Das war Metzelder bewusst, als er zu Prozessbeginn die Worte sagte, die wie das ganze Verfahren inklusive Urteil für immer an ihm haften werden: "Ich hinterlasse eine Wunde, die niemals verheilen wird. Damit werde ich für den Rest meines Lebens leben müssen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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