Ägyptens Stürmerstar "König" Salah ein Ritter von der traurigen Gestalt
St. Petersburg (dpa) - Der gefeierte "König" war am Ende nur der Ritter von der traurigen Gestalt. Nachdem die 1:3 (0:0)-Niederlage gegen Russland besiegelt war, sank Mohamed Salah zu Boden und legte seine Stirn auf den Rasen von St. Petersburg.
Dann erhob er sich, trottete schnurstracks in die Kabine und war durch nichts und niemanden zu erheitern. Die wild gestikulierenden Journalisten in der Interview-Zone ließ Afrikas Fußballer des Jahres kommentarlos stehen.
Auch dass der 26-Jährige trotz des schon sicheren Vorrunden-Aus ein kleines Stück Fußball-Geschichte seines Landes geschrieben hatte, konnte ihn keineswegs trösten. Durch den von ihm herausgeholten und verwandelten Foulelfmeter zum Endstand (73.) wurde der Stürmer des FC Liverpool bei seiner WM-Premiere zum erst dritten ägyptischen Torschützen in der Historie von Endrunden.
Doch gegen die Russen offenbarte sich auch das Dilemma dieser ägyptischen Mannschaft. Denn Salah war einer der Besten seines Teams. Wenn es gefährlich wurde, hatte er meist die Füße im Spiel. Und das, obwohl er augenscheinlich nicht ganz fit war. Der Torjäger des FC Liverpool war als einziger Spieler mit einem langärmeligen Unterhemd auf den Platz gegangen, wirkte in Zweikämpfen vorsichtig bis scheu, von seiner gefürchteten Spritzigkeit war wenig zu sehen.
Und so blieb die Frage: Was wäre für den Rekord-Afrikameister mit einem fitten Salah möglich gewesen? "Die Ärzte sagten, er sei in Top-Form", erklärte Trainer Héctor Cúper: "Aber in der Vorbereitung musste er alleine trainieren. Vielleicht war er deshalb doch eingeschränkt. Ohne die Verletzung hätte er drei Wochen mit der Mannschaft trainieren können, in derselben Intensität wie alle anderen."
Für Salah selbst endet ein Traum-Jahr mit großer Bitterkeit. Der in seiner Heimat als Fußball-"König" verehrte Stürmer war unter Trainer Jürgen Klopp endgültig in die Weltklasse vorgestoßen. Er wurde zum besten Spieler des afrikanischen Kontinents gewählt, schoss die meisten Tore in der Premier League. Am Abend des 26. Mai ging er mit Liverpool im festen Entschluss auf den Rasen, Champions-League-Sieger zu werden. Der Zweikampf mit Sergio Ramos, aus dem Salah eine Bänderverletzung in der linken Schulter davontrug, zerstörte letztlich die Träume der Reds, von Salah und von 100 Millionen Ägyptern.
Trotz dieses Zusammenhangs muss Cúper wohl um seinen Job bangen. Der 62-Jährige, der den FC Valencia 2000 und 2001 jeweils ins Champions-League-Finale führte, hatte in Ägypten seinen Ruf wieder aufpoliert und die Pharaonen zur erst dritten WM-Teilnahme nach 1934 und 1990 geführt. Dem Aus bei der WM könnte nun sein persönliches folgen. "Darüber entscheide nur ich", sagte der Argentinier auf Fragen zu seiner Zukunft trotzig: "Wenn die Verantwortlichen nicht glücklich sind mit dem, was ich getan habe, werde ich der erste sein, der geht."
Dagegen hätten so einige Ägypter nichts. "Mr. Cúper, ich bitte Sie zu gehen", schrieb der Chefredakteur der privaten Zeitung "Al-Masry al-Youm", Hamdi Risk, in der Überschrift seines Kommentars. Es müsse künftig einen ägyptischen Trainer für das Nationalteam geben. Cúper sei ein "unfähiger Trainer", der beim Team-Management versagt habe.
Da es im letzten Spiel um nichts mehr geht, könnte immerhin Essam Al-Hadari WM-Geschichte schreiben. Der 45 Jahre alte Torhüter würde mit einem Einsatz den Ex-Kölner Faryd Mondragon als ältesten Spieler bei Endrunden überflügeln. Doch auch ohne Einsatz entschuldigte sich Al-Hadari bei allen Ägyptern für die Niederlage".