Reaktionen zur "Mega-WM" Ballack: "Das ist ein Angriff auf den Fußball!"
Die FIFA hat beschlossen - und die Fußball-Welt ist größtenteils entsetzt. Die Vergrößerung der Weltmeisterschaft auf 48 Teilnehmer ab 2026 stößt weitestgehend auf Ablehnung. "Ich bin sehr, sehr erschrocken, ich mag es nicht glauben. Das ist furchtbar!", sagte der frühere Bundestrainer Berti Vogts: "Wenn man die WM zugrunde richten will, muss man diesen Weg weitergehen."
Auch Uwe Seeler fehlt jedes Verständnis: "Das finde ich ganz schlecht. Das wird derart langatmig. Das wird für den Fußball nicht gut sein, das hat man bei der EM schon gesehen", sagte der Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und ergänzte: "Aber es war klar, dass es kommen würde, denn damit kann man ein paar Mark mehr machen."
Doch es gibt auch wohlwollende Stimmen. "Ich denke, dass der Fußball der ganzen Welt gehört und dass jeder die Chance haben muss, bei so einem Turnier dabei zu sein", sagte etwa Martin Schmidt, Trainer des 1. FSV Mainz 05, und begrüßte damit indirekt die Entscheidung des Fußball-Weltverbands.
Reaktionen zur "Mega-WM" im Überblick:
Berti Vogts (Ex-Bundestrainer): "Ich bin sehr, sehr erschrocken, ich mag es nicht glauben. Das ist furchtbar. Wenn man die WM zugrunde richten will, muss man diesen Weg weitergehen. Ich verstehe es einfach nicht. Das ist nicht mehr meine WM. Was soll das bloß? Es ist ganz schlimm."
Uwe Seeler (DFB-Ehrenspielführer): "Da habe ich überhaupt kein Verständnis für. Das finde ich ganz schlecht. Das wird derart langatmig. Das wird für den Fußball nicht gut sein, das hat man bei der EM gesehen. Aber es war klar, dass es kommen würde, denn damit kann man ein paar Mark mehr machen."
Carlo Ancelotti (Trainer FC Bayern): "Ich bin generell gegen mehr Spiele. Der Terminkalendar ist jetzt schon voll. Die FIFA hat aber gesagt, dass es trotz der Aufstockung nicht mehr Spiele geben wird. Man muss abwarten, was passiert."
Martin Schmidt (Trainer 1. FSV Mainz 05): "Ich denke, dass der Fußball der ganzen Welt gehört und dass jeder die Chance haben muss, bei so einem Turnier dabei zu sein."
Michael Ballack (ehemaliger DFB-Kapitän): "Eine verantwortungslose Entscheidung der FIFA! Das ist ein Angriff auf den Fußball! Und offensichtlich war die Abstimmung einstimmig."
Reinhard Grindel (DFB-Präsident): "Ich bin nicht glücklich mit dieser Entscheidung und hätte mir vor allem gewünscht, dass alle wichtigen Fragen zu Organisation und Modus komplett geklärt sind. Da der Beschluss aber im FIFA-Council einstimmig getroffen wurde, gilt es nun, ihn zu respektieren und den Blick nach vorn zu richten. Meine große Sorge ist, dass sich der Fußball an sich verändert, dass die Attraktivität des Spiels leidet. Wir alle lieben Spiele, in denen sich die Mannschaften mit offenem Visier begegnen. Nun sehe ich aber die Gefahr, dass wir künftig vermehrt defensiv eingestellte Teams sehen könnten. Wenn die Fußball-WM insgesamt an Attraktivität verliert, leidet die Akzeptanz bei Fans und Sponsoren, und dann leidet zwangsläufig auch die Vermarktung. Bei allem Verständnis und Sympathie für die Bestrebungen, den Fußball auch weiter in Regionen Afrikas und Asiens zu entwickeln, muss jedem auch klar sein, dass es allen dient, den elementar wichtigen Kernmarkt Europa auch bei den Startplätzen weiterhin stark abzubilden. Bei den offenen Fragen, beispielsweise der Zahl der Startplätze für die einzelnen Kontinentalverbände, müssen wir nun in der UEFA zusammenfinden und eine gute, gemeinsame Lösung entwickeln."
Joachim Löw (Bundestrainer): "Ich finde das bisherige WM-Format mit 32 Mannschaften immer noch gut und kann aus rein sportlicher Sicht einer Aufstockung gar nichts abgewinnen. Für mich hat die EM 2016 in Frankreich nicht zu einer Steigerung der Qualität beigetragen, im Gegenteil. Da gab es viele zähe Spiele, bei denen sich Mannschaften vor dem eigenen Tor geradezu verschanzt haben. Der Fußball ist dadurch nicht attraktiver geworden. Man sollte das Rad nicht überdrehen."
Oliver Bierhoff (Nationalmannschaftsmanager): "Ich kann jeden verstehen, der die Aufstockung des Teilnehmerfeldes als eine Verwässerung empfindet. Auch für mich fühlen sich 48 Teams beim größten und wichtigsten Turnier der Welt zu viel an. Die Faszination einer Weltmeisterschaft liegt für die Fans und Zuschauer doch darin, die besten Mannschaften mit den großen Stars zu sehen, davon geht was verloren. Auch die Spieler wollen sich in einem solchen Wettbewerb immer mit den Besten messen. Wir müssen aufpassen, dass der Wert und der Kern des Fußballs erhalten bleiben und die Fans weiterhin spüren, dass es primär um den Fußball auf dem Platz geht. Ein Format mit der Formel mehr Einnahmen durch mehr Teams kann nur funktionieren, wenn die Akzeptanz der Fans da ist. Ich bin gespannt, wie sich dies auf das Turnier auswirken wird. Entscheidend ist auch, dass die Belastung der Spieler nicht noch größer wird."
Rüdiger Fritsch (Präsident SV Darmstadt 98): "48 Mannschaften werden nicht dazu beitragen, die sportliche Qualität zu erhöhen. Für die Ausrichtung des Fußballs als Sportart Nummer eins ist das eine Entscheidung, die mehr Länder begüstigt. Wirtschaftlich ist die Entscheidung also sicher begründbar, sportlich ist sie fraglich."
Arne Friedrich (Ex-Nationalspieler): "Eine aufgeblähte WM, um noch mehr Geld zu generieren? Was soll man dazu noch sagen? Die Qualität der Spiele wird darunter leiden."
ECA (Europäische Klub-Vereinigung unter Vorsitz von Karl-Heinz Rummenigge): "Die ECA befürwortet das nicht. Wir sehen keinen Nutzen darin, das bestehende System mit 32 Teams zu verändern, das sich für alle Seiten als perfekt erwiesen hat. Es wurde aus politischen, nicht aus sportlichen Gründen sowie unter erheblichem politischem Druck entschieden."
Horst Hrubesch (Europameister von 1980): "Ich bin überrascht. Die Überlastung der Spieler war im alten Modus schon sehr hoch. Es wird immer noch mehr reingepackt, immer mehr. Ich habe nicht damit gerechnet, dass das durchgeht. Der DFB hat sich zu Recht dagegen gewehrt."
Jörg Schmadtke (Geschäftsführer Sport 1. FC Köln): "Das ist idiotisch. Wir haben ohnehin immer mehr Belastung, und dann wird die WM auch noch aufgeblasen, das finde ich nicht gut. Den sportlichen Wert kann ich nicht erkennen. Schon bei der EM waren viele Spiele langweilig."
Özcan Mutlu (sportpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion): "Infantino geht es nur darum, seinen Machtkreis und Einfluss zu vergrößern und noch ein wenig fester an der Gelddruckmaschine Fußball-WM zu kurbeln. Statt im eigenen Laden aufzuräumen, Korruption zu bekämpfen, die fragwürdigen Vergaben der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 genauer unter die Lupe zu nehmen, funktionierende Good-Governance Strukturen zu implementieren und Transparenz zu schaffen, kümmert er sich um seine Wahlgeschenke. Das treibt die auswuchernde Kommerzialisierung des Fußballs, bei dem der Sport inzwischen zur Nebensache geworden ist, nur noch weiter voran."
Christian Heidel (Sportvorstand Schalke 04): "Ich habe bis jetzt noch niemanden getroffen, der gesagt hat, das ist eine supergute Idee. Die Argumente haben mich auch noch nie überzeugt. Ich sehe das immer noch sehr kritisch. Das WM-Turnier sollte die Endrunde der besten Mannschaften der Welt sein, und wenn 25 Prozent aller FIFA-Mitglieder mitspielen dürfen, finde ich, ist es nicht mehr das Turnier der besten Mannschaften der Welt. Wenn wir jetzt mit 48 anfangen, warte ich nur darauf, dass die Idee kommt, wir können auch mit 64 spielen."