Unsere Meinung Löws wahrer Gewinner war gegen England gar nicht dabei
Die deutsche Nationalmannschaft verliert das Test-Länderspiel gegen England in Berlin mit 2:3 und lediglich Stürmer Mario Gomez deutete an, dass er wieder eine echte Alternative für Joachim Löw ist. Ansonsten konnte niemand wirklich Werbung in eigener Sache machen. Schon gar nicht die Defensivspieler.
Weder Jonas Hector auf der linken Außenverteidiger-Position noch Emre Can auf der rechten defensiven Außenbahn konnten den Eindruck verstärken, Joachim Löw müsse die beiden unbedingt mit zur EM nach Frankreich nehmen. Es bleibt dabei: Für diese beiden Positionen hat der Bundestrainer derzeit kein adäquates Personal.
Verletzt oder zurückgetreten
Bereits bei der WM in Brasilien bereitete die Besetzung dieser beiden Positionen Probleme. Erst als Philipp Lahm sein Mittelfeld-Experiment beendet hatte und auf die rechte Außenverteidigerposition zurückgekehrt war, kam Stabilität ins deutsche Spiel. Links steigerte sich der gelernte Innenverteidiger Benedikt Höwedes von Spiel zu Spiel.
Doch Lahm ist nicht mehr dabei und Höwedes derzeit verletzt. Das gleiche gilt für Jérôme Boateng, Deutschlands derzeit wohl besten Innenverteidiger. Beide sollen noch in dieser Saison wieder auf den Platz zurückkehren. Doch reicht die Zeit, um bis zur EM wieder in Topform zu gelangen?
Löw hat Zeit bis zum 30. Mai
Derzeit steht mit Mats Hummels gerade einmal ein gestandener Abwehrspieler von internationalem Format zur Verfügung. Antonio Rüdiger konnte sich in seinem siebten Länderspiel ebenso wenig in den Vordergrund spielen wie Jonathan Tah bei seinem Debütauftritt im Nationaldress. Immerhin machte der 20-jährige Leverkusener auch keine gravierenden Fehler und hat sich weitere Chancen verdient.
Die Defensivsorgen von Löw werden dadurch allerdings nicht kleiner. Auf den Bundestrainer dürfte viel Tüftelei zukommen. Wer ist rechtzeitig fit? Wer ist in Form? Wer harmoniert mit wem? Es ist davon auszugehen, dass Löw wieder mehr als 23 Spieler ins Trainingslager nach Ascona am Lago Maggiore mitnehmen wird. Dort startet vom 23. Mai bis 3. Juni der erste Teil der Vorbereitung. Das endgültiges Aufgebot muss Löw dann am 30. Mai bei der UEFA melden.
Kimmich wird seine Chance bekommen
Gut möglich, dass im Tessin dann ein Spieler dabei sein wird, der bis dato noch kein einziges A-Länderspiel bestritten hat, aber längst als Geheimtipp für die EM gehandelt wird. Joshua Kimmich hat sich beim FC Bayern in den letzten Wochen immer mehr in den Blickpunkt gespielt.
Der 21-Jährige gelernte defensive Mittelfeldspieler beindruckte vor allem in den Champions League-Spielen gegen Juventus Turin aber auch in der Bundesliga nicht zuletzt gegen Borussia Dortmund mit seinen couragierten Auftritten auf ungewohnter Position in der Innenverteidigung. Wegen Muskelproblemen wurde er nun weder von Löw noch von U21-Trainer Horst Hrubesch für die Länderspiele nominiert.
Hrubesch lobt Youngster in den höchsten Tönen
Hrubesch hofft natürlich, dass er Kimmich mit zu Olympia nach Brasilien nehmen kann, doch der Europameister von 1980 ahnt bereits, dass er seinen Schützling an Löw verlieren wird. "Es ist unser Ziel, dass die Jungs es in die A-Nationalmannschaft schaffen", sagte Hrubesch im Interview mit der "tz". "Für alle, die ihn von klein auf kennen, war diese Entwicklung vorhersehbar. Er hat fußballerisch alle Qualitäten, Herz und Verstand."
Was Kimmich weiterhin so wertvoll macht, ist seine Flexibilität. "Wenn Not am Mann war, hat er auch in der U21 schon Außenverteidiger gespielt, im Mittelfeld mal offensiv, mal defensiv. Joshua ist sehr flexibel einsetzbar und kann der Mannschaft überall helfen“, sagte Hrubesch. Sollte Löw den Youngster nominieren, hätte er auf einen Schlag gleich für mehrere Positionen eine Alternative parat.
Schaulaufen in der Champions League
Und so könnte Bayerns Shooting-Star der große Gewinner des England-Spiels gewesen sein, obwohl er gar nicht dabei war. Beim FC Bayern kann er sich in den nächsten Wochen auf höchstem Niveau beweisen. Kann er an seine Leistungen anknüpfen, wird Löw an Kimmich kaum vorbeikommen.