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Zum journalistischen Leitbild von t-online.BVB-Boss war "richtig sauer" Die Stimmung in Dortmund wird explosiver
Das 1:5 in Stuttgart hat den BVB schwer getroffen. Obwohl der Saisonstart bis dahin ordentlich war, wächst der Druck auf den neuen Trainer. Im Revierduell gegen Bochum ist ein Sieg Pflicht.
Während der 90 Minuten in der Stuttgarter MHP-Arena stand Nuri Şahin das Entsetzen mannigfaltig ins Gesicht geschrieben: Ob mit vor Wut verzerrtem Gesicht, ungläubig hinter dem Kopf verschränkten Händen oder verzweifelt flehend – der Trainer von Borussia Dortmund durchlebte beim 1:5 seines Teams beim VfB diverse Gemütszustände. Und zwar vornehmlich wenig erquickliche.
Dabei soll unter Şahin beim westfälischen Traditionsklub – mal wieder – alles besser werden. Als der ehemalige BVB-Spieler zum Saisonwechsel im Sommer vom Co- zum Cheftrainer aufstieg, war die Euphorie groß. Ein Glücksgriff mit "BVB-DNA", der den Verein und seine Mitarbeiter von der Pike auf kenne, so frohlockten die Entscheidungsträger um Sportgeschäftsführer Lars Ricken.
Knapp drei Monate später klingt die Einschätzung der Dortmunder Führungscrew in Bezug auf den 36-jährigen Übungsleiter zwar nicht grundlegend anders, der sportliche Druck ist allerdings merklich gestiegen.
Sportdirektor Sebastian Kehl erklärte nach der Pleite gegen Stuttgart, dass er nicht nur "sehr enttäuscht", sondern vor allem auch "richtig sauer" sei. Ein Sieg im Revierduell gegen den VfL Bochum am Freitagabend vor heimischem Publikum (ab 20.30 Uhr im Liveticker von t-online) ist für den BVB nun Pflicht. Ansonsten droht sich die Situation bereits am 5. Bundesliga-Spieltag zu einer veritablen Krise auszuweiten.
BVB hat vier Siege aus sechs Pflichtspielen geholt
Dabei weisen die nüchternen Zahlen bisher nicht darauf hin: Dortmund hat in der Saison 2024/25 vier von sechs Pflichtspielen gewonnen, bei einem Remis (0:0 in Bremen) und eben der heftigen Niederlage in Stuttgart.
Der Absturz auf den achten Platz der Bundesliga-Tabelle und bereits fünf Punkte Rückstand auf den erstplatzierten FC Bayern löst rund um das Trainingszentrum im Stadtteil Brackel allerdings Unruhe aus. Spätestens jetzt dürfte Şahin bewusst werden, welcher schwierigen Aufgabe er sich beim achtmaligen Deutschen Meister gestellt hat. Im Bochum-Spiel erwartet der gebürtige Sauerländer deshalb eine "deutliche Reaktion" seiner Mannschaft. Intern dürfte er diese Forderung noch wesentlich deutlicher formuliert haben.
Zur Analyse der Klatsche in Stuttgart hält sich Şahin bedeckt, verrät allerdings, dass diese intensiv gewesen sei und seine Mannschaft eine "selbstkritische Reaktion" gezeigt habe. Solche Rückmeldungen erwarten die BVB-Verantwortlichen von den Ansprachen Şahins, haben sie ihn doch genau deshalb als Cheftrainer installiert.
Die Sache mit der Akzeptanz
Im Vergleich zu seinem Vorgänger Edin Terzić soll Şahin, der neben dem BVB unter anderem auch für die Weltklubs Real Madrid und FC Liverpool die Fußballschuhe schnürte, eine deutlich "größere Akzeptanz in der Kabine" gehabt haben. Das berichtete die Zeitung "Die Welt" unter Berufung auf ein Stimmungsbild, welches die Dortmunder Führungscrew vor dem Trainerwechsel im Sommer eingeholt haben soll.
Der Tenor dabei: Die Arbeit, die vor allem Şahin als damaliger Co-Trainer während der Rückrunde geleistet hat, habe viel dazu beigetragen, dass sich Dinge verbessert hätten und weiter verbessern könnten.
Entsprechend scheint das "Projekt Şahin" beim BVB langfristig angelegt zu sein – was dem 36-Jährigen, der in der Dortmunder Nachwuchsabteilung ausgebildet wurde und 2005 mit 16 Jahren und 335 Tagen als bis dato jüngster Spieler in der Bundesliga debütierte, durchaus bewusst ist.
Die Schwierigkeiten des Kartenhausbaus
Obwohl er sein Team vor dem Heimspiel gegen Bochum klar in die Pflicht nimmt, fordert Şahin einen langfristigen Blick: "Wir bauen hier kein Kartenhaus, das wir nach jeder Niederlage einreißen. Wir müssen unseren Weg weitergehen und dem Gegenwind standhalten."
Dazu gehört auch, hochtalentierte Nachwuchsspieler zu Stars zu entwickeln. Erster Kandidat dafür im aktuellen Kader ist Julien Duranville. Der 18-jährige Offensivakteur debütierte Anfang September im belgischen Nationalteam und könnte am Freitag in die Startelf rücken. Ebenso wie der drei Jahre ältere deutsche Nationalspieler Maximilian Beier.
Obwohl sich Şahin mit konkreten Aussagen dazu bedeckt hält, konstatiert er: "Mit Julien müssen wir definitiv behutsam umgehen wegen seiner Verletzungshistorie. Aber wir haben jetzt das Gefühl, dass er sehr, sehr nah dran ist. Das Gleiche gilt für Maxi Beier. Ich war einer derjenigen, der ihn unbedingt haben wollte. Beide werden in dieser Saison für uns sehr wichtig."
Noch ist offen, wie die Dortmunder Startelf im Traditionsduell mit Bochum aussehen wird. Fest steht indes: Der BVB will nach intensiver Ursachenforschung auf dem Platz eine Reaktion auf das Debakel in Stuttgart zeigen. Oder wie Şahin es formuliert: "Nur mit Reden werden wir nicht erfolgreich sein."