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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Präsidiumsbeben Verspielt der HSV den Aufstieg auf der Zielgeraden?
Kein Präsidium, nur drei Siege aus sieben Spielen und zwei punktgleiche Aufstiegskonkurrenten: Der Hamburger SV droht einmal mehr im Chaos zu versinken und das Ziel Bundesliga zu verpassen.
Alles andere als eitel Sonnenschein aktuell beim Hamburger SV. Zwar stehen die Hanseaten weiter an der Tabellenspitze der 2. Bundesliga – und damit vor der Rückkehr ins Oberhaus nach drei Jahren Abstinenz. Doch aktuell fehlt dem Team von Trainer Daniel Thioune die letzte Konsequenz in den Partien. Auch aufgrund von vier Remis aus den vergangenen sieben Partien konnten die Konkurrenten VfL Bochum und Holstein Kiel punktemäßig gleichziehen.
Beinahe so spannend wie das Aufstiegsrennen in der zweiten Liga sind die Entwicklungen im Machtkampf des Stammvereins: Über Monate gab es in dem Führungsgremium mit dem ehemaligen Nationalspieler Marcell Jansen als Präsidenten auf der einen und seinen Stellvertretern Thomas Schulz und Moritz Schaefer auf der anderen Seite Streit. Am Dienstag trat das Präsidium geschlossen zurück.
Vereinspräsidium tritt zurück – keine Auswirkungen auf Fußball-Profis
Nun wird es bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung im Sommer dauern, bis der Hamburger SV ein neues Führungsgremium erhält. Bis dahin werden der Geschäftsführer Kumar Tschana und Michael Papenfuß interimsmäßig den Klub führen. Einen spürbaren Einfluss auf die Arbeit der Profis der Fußball-AG dürfte das Funktionärsbeben im Verein jedoch nicht haben.
Vielmehr dürften die Rücktritte für Sportvorstand Jonas Boldt und Frank Wettstein vorerst Ruhe bedeuten, da ein Kippen der Verhältnisse im Aufsichtsrat, dem Gremium also, das ihre Arbeit kontrolliert, zunächst als so gut wie ausgeschlossen gilt. Boldt und sein Coach Thioune werden sich also mit voller Konzentration in den Aufstiegskampf werfen können. Denn der gestaltet sich als diffiziler als lange Zeit angenommen.
Bereits in den vergangenen zwei Spielzeiten feierte der HSV die inoffizielle Weihnachtsmeisterschaft und ging somit als größter Aufstiegsaspirant in die zweite Saisonhälfte – nur um am Ende aufgrund einer Reihe unglücklicher und unerklärlicher Auftritte auf dem undankbaren (weil nicht zum Aufstieg führenden) vierten Platz Vorlieb nehmen zu müssen. Und die Anzeichen, dass der HSV einmal mehr im Frühjahr wichtige Punkte und damit die Rückkehr in die Bundesliga liegen lässt, sind deutlich erkennbar. Die entscheidenden Wochen liegen nämlich noch vor ihm.
Los geht es am 1. März mit dem Lokalderby gegen St. Pauli. Die Zweitliga-Bilanz gegen die Kiezkicker spricht Bänder: Keines der vergangenen drei Aufeinandertreffen konnte der einstige Europapokalsieger für sich entscheiden, einzig eines von fünf Derbys in den vergangenen drei Spielzeiten konnte der HSV gewinnen (4:0, Rückrunde 2018/19). Danach folgte eine bis heute unfassbare und erklärliche Negativserie, die im Nicht-Aufstieg endete.
März dürfte der entscheidende Monat für den HSV werden
Der Ausgang des Derbys könnte entscheidend auf das Abschneiden im darauffolgenden Heimspiel einwirken. Da geht es nämlich gegen Holstein Kiel, das nach 21 Spieltagen mit der selben Bilanz (zwölf Siege, sechs Remis, drei Niederlagen) und punktgleich mit 42 Zählern auf dem Relegationsplatz drei liegt.
Im Hinspiel trennten sich die beiden Nordlichter 1:1-Unentschieden. Schwimmt das Team von Cheftrainer Ole Werner nach einem in jener Woche möglichen DFB-Pokal-Halbfinaleinzug gegen Rot-Weiss Essen (3. März, 18.30 Uhr, im Liveticker bei t-online) auf einer neuen Euphoriewelle, könnte der oftmals mental blockiert wirkende HSV schnell ins Hintertreffen geraten.
Die wichtigsten Partien der Saison warten jedoch erst danach auf die Hamburger. Vom 12. März bis zum 4. April trifft der HSV hintereinander auf die Teams, die ihm seine bis hierhin einzigen drei Saisonniederlagen zugefügt haben: VfL Bochum (aktuell punktgleich Zweiter), 1. FC Heidenheim (drei Siege in fünf Duellen mit dem HSV in Liga zwei) und Hannover 96 (aktuell neun Punkte Rückstand). Lassen die Hanseaten hier wichtige Punkte liegen, dürften die letzten sieben Spieltage der Saison zu einer mentalen Tortur für die zum Aufstieg verdammten Elbkicker werden. Ein dritter, auf der Zielgeraden verspielter Aufstieg, wäre in der so stolzen Sportstadt Hamburg wohl nur schwierig zu vermitteln.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa