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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hohe Auszeichnung Die Uni Wuppertal hat jetzt einen "Rektor des Jahrzehnts"
Professor Lambert T. Koch ist nach dem viermaligen Titel "Rektor des Jahres" 2011, 2014, 2017 und 2019 nun auch zum "Rektor des Jahrzehnts" gewählt worden. Im Interview spricht der 54-jährige Chef der Bergischen Universität Wuppertal, der er seit 2008 vorsteht, über seine Aufgaben, die Herausforderungen der Uni für das kommende Jahr und die Wuppertaler Politik.
t-online.de: Rektor einer Universität zu werden: War das immer Ihr Plan?
Prof. Lambert T. Koch: Nein, ich bin Volkswirt und wollte ursprünglich in die freie Wirtschaft gehen. Dann habe ich aber, motiviert durch akademische Mentoren, erst promoviert und dann habilitiert, so dass die Basis für eine wissenschaftliche Laufbahn gelegt war. Bei mir kam also sozusagen der Hunger beim Essen.
Womit beschäftigt sich ein Universitäts-Rektor den ganzen Tag?
Grob gesprochen, bin ich zu einem Drittel Manager der Uni, zu einem Drittel Repräsentant und zu einem Drittel Vertreter der Universitätsinteressen gegenüber Gesellschaft und Politik. Wenn man so will, das Wort ist ja ein bisschen negativ besetzt, bin ich also auch "Wissenschafts-Lobbyist" gegenüber den politischen Entscheidern in Düsseldorf und Berlin. Da geht es vor allem um das Einwerben von Ressourcen. Gerade wenn eine Uni hochkarätige Forschung betreiben will, reichen die Grundmittel dafür nicht aus. Man muss versuchen, zusätzliche Mittel im Wettbewerb gegenüber anderen Hochschulen einzuwerben.
Wie strahlt denn der Glanz Ihrer Auszeichnungen auf die Uni ab?
Ich nehme solche Auszeichnungen nicht für mich allein in Anspruch. Wohl darf ich sie stellvertretend für das große Ganze entgegennehmen, teile die Blumen aber gerne. Ein Rektor ist nur so gut, wie es die universitäre Organisation zulässt und wie sie mitzieht. Anfang der 2000er Jahre wurde die Uni Wuppertal durch das Land NRW in Frage gestellt. In der Folge waren bei einigen regelrecht Depressionen entstanden. Spätestens seit 2008 begann sich die Stimmung wieder ins Positive zu drehen. Allmählich entstand ein Wir-Gefühl. Es wurden ein Leitbild aufgesetzt und gemeinsame Pläne umgesetzt. Das wurde zunehmend auch von Außen wahrgenommen.
Sie sprechen von Veränderungen seit 2008. Welche sind das?
Die sind dreigeteilt in Entwicklungen in den Bereichen Lehre, Forschung und Transfer. Bei der Lehre ging es darum, das Angebot für die Studierenden und mit den Dozenten weiter zu entwickeln und neuen Herausforderungen anzupassen. Das kam bei den Studierenden zunehmend gut an, deren Zuwachs in Wuppertal über dem Bundestrend liegt. Mitte November kamen die neuesten Zahlen. Inzwischen haben wir rund 23.100 Studenten. Bei der Forschung sind wir zu einem starken Partner für nationale und internationale Forschungskonsortien geworden. Wir forschen in vielen spannenden Zukunftsfeldern. Und schließlich fühlen wir uns der Zivilgesellschaft gegenüber verpflichtet, nicht zuletzt, weil wir öffentlich finanziert werden. Auch hier gibt es zahlreiche tolle Projekte.
Konkreter bitte: Was haben die Wuppertaler von einer Uni?
Die Uni nimmt ihren regionalen Bezug ernst. Es gibt beispielsweise Vortragsreihen, Forschungsprogramme mit Firmen und Studierende bringen sich in die Kulturszene ein. Parallel laufen mehrere hundert größere und kleinere Transfer-Projekte.
Woran wird aktuell geforscht auf dem Wuppertaler Denker-Berg?
Zum Beispiel im Bereich Elektrotechnik an den Energienetzen und der Mobilität der Zukunft. Unsere Atmosphärenforschung untersucht in China die Auswirkungen von Luftverschmutzung auf Atmosphäre, Klima und Wetter. Aber auch bei der Bildungsforschung sind wir dabei. Hier stehen die Veränderungen in der Bildungslandschaft im Vordergrund.
Ihr Steckenpferd als Wissenschaftler ist das Thema Unternehmensgründungen. Was tut sich in der bergischen Gründerszene?
Ich selbst forsche zwar nicht mehr. Aber nach wie vor steht bei uns die Frage, wie Unternehmergeist gefördert werden kann, hoch im Kurs. Der sogenannte Patentatlas weist die bergische Region insgesamt als überdurchschnittlich innovativ aus, und auch wir haben schon zahlreiche erfolgreiche Gründer aus der Universität hervorgebracht. Dabei geht es nicht zuletzt darum, Gründer am Standort Wuppertal zu halten. Ein besonders erfolgreiches Beispiel, wo dies geklappt hat, ist KitaConcept. Das Unternehmen bietet unter anderem Firmen maßgeschneiderte Kinderbetreuungseinrichtungen an.
Wie fällt ihr Fazit für 2019 aus und welche Herausforderungen warten 2020 auf die Uni?
Mit dem Jahr 2019 bin ich sehr zufrieden. Wir haben bei größeren Forschungsprojekten den Zuschlag erhalten. Und auch über den unter Dach und Fach gebrachten Bund-Länder-Pakt und für die vielen Studierenden an unserer Uni werden wir mehr Mittel erhalten. Die Herausforderungen für 2020 klingen fast ein wenig banal. Aufgrund des starken Wachstums werden uns die räumlichen Ressourcen stark beschäftigen. Dabei geht es nicht nur um Neubauten oder Anmietungen, sondern auch um die Sanierung des Bestands. Schließlich ist die Uni von 1972.
Der Präsident des Wuppertal-Instituts, Prof. Dr. Uwe Schneidewind, wird seinen Hut für die Oberbürgermeisterwahl 2020 in den Ring werfen. Haben Sie auch kommunalpolitische Ambitionen?
Nein, die habe ich nicht. Ich bin mit meinen Aufgaben sehr zufrieden. Als Uni-Rektor hat man ohnehin automatisch mit Politik zu tun. Ich muss dafür sorgen, Leute für die Interessen der Uni ins Boot zu holen. Mit dem aktuellen Oberbürgermeister Andreas Mucke von der SPD arbeite ich sehr konstruktiv zusammen, was auch unter seinem Vorgänger Peter Jung von der CDU schon der Fall war. In die spannende Frage der Oberbürgermeisterwahl mische ich mich nicht ein. Aber ich kenne Herrn Schneidewind natürlich gut, er ist ja auch Professor an unserer Uni. Ich saß schon in der Findungskommission, als das Wuppertal Institut 2010 einen neuen Präsidenten suchte.
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Die Wuppertaler haben sich im Mai gegen den Bau einer Seilbahn zur Uni entschieden. Sie gehörten zu den Befürwortern. Haben Sie das Nein auch als eine persönliche Niederlage empfunden?
Nein, so sehe ich das nicht. Die Idee zur Seilbahn kam ja von den Stadtwerken. Es ist aber schade, dass sie nicht kommt, denn es wäre für die ganze Stadt eine interessante Sache gewesen. Aber jetzt liegt der Ball wieder bei den Stadtwerken, uns andere Vorschläge zu machen, um das Transport-Problem zu Stoßzeiten zu lösen. Es gab dazu bereits Gespräche, und das Thema wurde auch schon im Verkehrsausschuss des Stadtrats behandelt.
Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wie feiern Sie Weihnachten?
Gemeinsam mit der Familie und einem Besuch der Christmette in Wuppertal. Zwischen den Jahren geht es dann zu den Großeltern unserer Kinder ins Fränkische.
Vielen Dank für das Gespräch!
- Gespräch mit Lambert T. Koch