Vierfachmord Solingen Anzeige gegen Polizisten: kein Anfangsverdacht

Im Prozess um den Vierfachmord von Solingen hat eine Vertreterin der Nebenklage Vorwürfe gegen die Polizei erhoben. Die Staatsanwaltschaft sieht zwar keine strafbaren Handlungen, übt aber Kritik.
Nach Vorwürfen von zurückgehaltenem Beweismaterial gegen Beamte der Wuppertaler Polizei sieht die Staatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht. Das teilte die Behörde mit. Laut Auskunft von Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert hätten die Beamtinnen und Beamten eine Garage zwar gründlicher durchsuchen müssen, strafrechtlich sei den Polizisten aber kein Vorwurf zu machen. Strafvereitelung im Amt oder Urkundenunterdrückung liege nicht vor.
In dem Fall geht es um den Vierfachmord von Solingen, der derzeit am Landgericht Wuppertal verhandelt wird. Bei einem gelegten Feuer starben vier Menschen. Eine Rechtsanwältin als Vertreterin der Nebenklage hatte den Wuppertaler Polizeipräsidenten und mehrere Polizisten angezeigt. Es bestehe der Verdacht, dass Beweismaterial zurückgehalten wurde, das auf eine rechtsradikale Gesinnung und ein entsprechendes Motiv des Angeklagten deuten könnte, hatte Seda Başay-Yildiz im Prozess erklärt.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hatten die Polizisten in der Garage nach Brandbeschleunigern gesucht. Hier waren viele Behälter und Gegenstände unübersichtlich gelagert worden. An der Wand hing ein Zettel mit einem rassistischen Gedicht. Die Polizisten hatten angegeben, diesen Zettel übersehen zu haben. Das hält die Staatsanwaltschaft für glaubhaft. Zwar hätte der Zettel bei einer gründlicheren Arbeit zu den Akten genommen werden müssen, so die Staatsanwaltschaft. Ob aber aus dem Inhalt überhaupt ein rassistisches Motiv abgeleitet werden könne, müsste im Prozess geklärt werden.
Außerdem fand die Polizei in einer benachbarten leerstehenden Wohnung, die nicht der Angeklagte bewohnt hatte, Bücher über NS-Größen. Diese waren nicht in der Prozessakte aufgetaucht, allerdings dem Staatsschutz zur Bewertung vorgelegt worden. Dass dieser Fund von den Polizisten zugunsten des Angeklagten verheimlicht worden sei, hält die Staatsanwaltschaft für lebensfremd. Auch sei kein Vorsatz zu erkennen, denn die Bilder seien ja dem Staatsschutz, also der Abteilung für politisch motivierte Straftaten, vorgelegt worden.
Gegen die Ablehnung der Anzeige kann die Anwältin Beschwerde bei der Generalstaatsanwältin in Düsseldorf einlegen.
Bei dem tödlichen Feuer starben zwei kleine Kinder und die Eltern
Der mutmaßliche Mörder und Brandstifter hat bereits umfassend gestanden. Bei dem tödlichen Feuer am 25. März 2024 starb in Solingen eine bulgarische Familie im Dachgeschoss - die 28 und 29 Jahre alten Eltern und ihre beiden Töchter im Alter von drei Jahren sowie wenigen Monaten. Als Motiv gab der Deutsche "Stress mit der Vermieterin" an. Ihm war wegen Mietrückständen gekündigt worden. Er hatte neben mehreren Brandlegungen auch eine Macheten-Attacke eingestanden, bei der er einen Bekannten lebensgefährlich verletzt hatte. Der 40-Jährige muss sich in Wuppertal wegen vierfachen Mordes und Mordversuchen an bis zu 21 Menschen vor Gericht verantworten.
- Nachrichtenagentur dpa