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Wuppertal: Umweltaktivisten besetzen Wald Osterholz


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"Osterholz bleibt"
Wie Wuppertaler Umweltaktivisten um ein Waldgebiet kämpfen


04.10.2019Lesedauer: 3 Min.
"Wald statt Müll. Osterholz bleibt": In Wuppertal protestieren Menschen gegen die Rodung eines Waldes.Vergrößern des Bildes
"Wald statt Müll. Osterholz bleibt": In Wuppertal protestieren Menschen gegen die Rodung eines Waldes. (Quelle: t-online)
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Im Westen Wuppertals prallen die unterschiedlichen Interessen eines Kalk-Produzenten und Umweltaktivisten aufeinander. Im Zentrum steht dabei das Waldgebiet Osterholz. t-online.de-Autor Thomas Besche berichtet von vor Ort.

Gestern gab es Reiseintopf, morgen eventuell veganen Gulasch. Marjolein Schlüter hat als Mutter von vier, zum Teil erwachsenen Kindern, eigentlich gedacht, aus dem "Gröbsten" heraus zu sein und nicht mehr für sechs Personen kochen zu müssen. Doch seit August hat sich ihre "Familie" vergrößert.

Marjolein denkt wieder von "Klein auf Groß" und bereitet nun täglich warme Mahlzeiten für über zehn Personen vor. Keine einfache Umstellung sei das für sie gewesen, sagt Schlüter, die am Hahnenfurther Weg in Haan wohnt. Doch zur Unterstützung der Besetzer des benachbarten Waldes Osterholz nehme sie die Mühen gerne in Kauf. "Ich koche lieber, als dass ich im Baum sitze."

Sie ist nicht nur Mitglied, sondern auch eine von zwei Sprechern der Bürgerinitiative "Osterholz bleibt". Die fordert den Erhalt von gut fünf Hektar Wald, der zum Besitz der Kalkwerke Oetelshofen auf Wuppertaler und Haaner Stadtgebiet gehört. Das Unternehmen will für eine Haldenerweiterung die Bäume fällen. Umweltaktivisten unterstreichen seit August ihren Protest durch den permanenten Aufenthalt im Wald. Sie haben Baumhäuser und Zelte errichtet, es gibt eine Küche mit Waschstraße, Mülltonnen und ein Infoboard. Schlüter nennt es "eine kleine Stadt im Wald".

Kalkabbau hat lange Tradition

Der Kalkabbau im Westen Wuppertals hat Tradition, seit dem Jahre 1900 wird hier das Gestein gefördert, riesige Gruben geben Zeugnis. Oetelshofen beschäftigt über 100 Mitarbeiter. Die jährliche Kalk-Fördermenge beläuft sich nach Firmenangaben auf etwa 1,5 Millionen Tonnen, hinzu kommen 500.000 Tonnen Abraum, also Lehm, Ton und Sand.

Um weiter Platz für diesen Abraum zu schaffen, benötigt das Unternehmen die neue Halde auf dem Waldgebiet. Das weist einen viele Jahre alten Buchenbestand und Tierarten wie den seltener gewordenen Feuersalamander auf. Der Unternehmensantrag auf die Haldenerweiterung, der im Internet einsehbar ist, basiert auf einem Gutachten von Aachener Bergbau-Ingenieuren und Biologen. Die kommen zu dem Ergebnis, dass durch die neue Kippe weder ein Verlust an Arten beziehungsweise Lebensräumen, noch klimatechnische Änderungen zu erwarten seien. Berücksichtigt seien dabei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, wie etwa Neuaufforstung auf dem neuen Haldengelände.

Die Entscheidung über die Zulassung einer neuen Halde liegt bei der Bezirksregierung Düsseldorf. Wann die Bezirksregierung eine Entscheidung trifft, ist ungewiss. Ein notwendiger Erörterungstermin im laufenden Planfeststellungsverfahren stehe noch aus, so eine Sprecherin der Behörde. Fest steht aber, dass es gegen die Rodung der Bäume 49 Einwendungen gibt.

Die Baumbesetzer sind fest entschlossen, den Wald nicht eher zu räumen, bevor die Rodungen vom Tisch sind. In einem Video des Medienprojekts Wuppertal sagt eine vermummte Frau: "Der Wald soll stehenbleiben, für uns gibt es da keinen Kompromiss, weil das Klima keinen Kompromiss macht."

Stimmung ist angespannt

Bis auf einen Polizeieinsatz, bei dem Beamte mit Pfefferspray gedroht haben sollen, ist die Lage im Wald bislang verhältnismäßig ruhig. Aber die Stimmung ist angespannt. Als "Hohn in Tüten" bezeichnet es Marjolein Schlüter, dass mit Moritz Iseke ein Geschäftsführer des Unternehmens kürzlich in seinem lokalpolitischen Amt als Mitglied des Umweltausschusses im Rat der Stadt Wuppertal für die Wiedereinführung einer Baumschutzsatzung gestimmt habe. Moritz Iseke (CDU) wehrt sich: "Energie- und umweltrelevante Aspekte zählen zu meinen persönlichen Interessengebieten. Diese im Kontext gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Aspekte abzuwägen, sehe ich als Aufgabe im Rahmen meiner politischen Arbeit." Er trenne private, berufliche und politische Interesse und distanziere sich von Unterstellungen, er betreibe Lobbyarbeit in Hinterzimmern.

Sorgen, dass sich im Osterholz eine konfrontative Situation wie im Hambacher Forst entwickeln könnte, hat Iseke nicht. "Wir setzen zunächst auf Deeskalation und versuchen, dem rechtlichen Verfahren weiterhin zu folgen. Daher haben wir in der jetzigen Situation keine Sorge vor solchen Zuständen, zumal das Thema Kalkabbau auch nicht wirklich mit dem Braunkohleabbau zu vergleichen ist", sagt Iseke.


Für Schlüter stellt das Engagement für den Erhalt des Waldes mittlerweile eine Bereicherung für ihr Leben dar. "Ich bin inzwischen lieber im Wald, als in der Stadt. Wir müssen etwas tun für den Erhalt der Umwelt, und aufhören, für den Konsum und Profit die Welt kaputt zu machen." Dafür wird sie auch morgen wieder eine warme Mahlzeit kochen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Marjolein Schlüter
  • Gespräch mit Moritz Iseke
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