Stuttgart Land will Position im Standortwettbewerb stärken
Die Ansiedlung von Unternehmen im Südwesten ist nach Darstellung von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann künftig "Chefsache". Firmenansiedlungen würden in den betroffenen Ministerien mit höchster Priorität bearbeitet - auch im Staatsministerium. Der Grünen-Politiker stellte am Dienstag in Stuttgart gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) Eckpunkte für eine Ansiedlungsstrategie vor.
"Die Frage der Ansiedlung von innovativen Unternehmen ist für das Land Baden-Württemberg von außerordentlicher Bedeutung", sagte Kretschmann. Jüngste Beispiele wie die Ansiedlung des Elektroautobauers Tesla in Brandenburg oder des Batteriezellen-Herstellers Northvolt in Schleswig-Holstein hätten gezeigt, "dass sich innovative Zukunftstechnologien nicht automatisch bei uns ansiedeln". Das Land müsse deshalb seine Anstrengungen erhöhen, um den Wirtschaftsstandort zukunftssicher zu machen.
"Wir setzen deshalb auf eine proaktive Ansiedlungsstrategie, mit der wir unsere Position im nationalen und internationalen Standortwettbewerb stärken werden", sagte Kretschmann. Ein wichtiger Punkt sei, mit welchem Tempo das Land interessierten Unternehmen ein attraktives Paket schnüren könne. "Wir verfolgen deshalb die Strategie, dass wir innerhalb von 48 Stunden solche Auskünfte geben können", sagte Kretschmann.
"Unternehmen mit zukunftsweisender Wertschöpfung, mit innovativen Ideen, mit Zukunft und Potenzial, gestalten Baden-Württemberg entscheidend mit und schaffen Arbeitsplätze vor Ort", sagte Hoffmeister-Kraut. Diese seien für den Wirtschaftsstandort ebenso unverzichtbar wie internationale Unternehmen, die sich neu ansiedeln wollen, oder Unternehmen aus Baden-Württemberg in der Transformation.
Zu den Eckpunkten zählt den Angaben zufolge auch, dass die Landesagentur Baden-Württemberg International zu einer zentralen Standortförderungsagentur ausgebaut werden soll. Ein Netzwerk relevanter Akteure aus Kommunen, Kammern, Verbänden und Landesagenturen soll die Strategie fortlaufend optimieren. Zudem soll das internationale Standortmarketing ausgebaut werden. Ab dem vierten Quartal dieses Jahres soll dann eine digitale Datenbank einen schnellen Überblick über die verfügbaren Flächen ermöglichen.
"Wir können es uns nicht leisten, dass Neuansiedlungen eventuell an mangelndem Wissen um die Chancen unseres Standorts oder an fehlenden Informationen scheitern", sagte Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages. Die Initiative bezeichnete er als "das richtige Signal". Auch der Dachverband Unternehmer Baden-Württemberg begrüßte das Vorhaben der Landesregierung. Die jüngsten Rückschläge beim Werben um Industrieansiedlungen dürften keine Signalwirkung entfachen.
Kritik kam hingegen aus der Opposition. "Man muss sich fragen, warum die Landesregierung erst jetzt auf die Idee kommt, eine aktive Ansiedlungspolitik zu betreiben", sagte der SPD-Wirtschaftspolitiker Boris Weirauch. Die Landesregierung habe durch ihre Passivität schon viele Chancen für das Land vergeben.
Auch Umweltschützer äußerten Kritik. Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, äußerte die Befürchtung, dass vor allem neue Flächen im Vordergrund stehen und der Ansatz von Revitalisierungen "unter die Räder kommt", weil er komplex, zeitaufwändig und dadurch sehr kostenintensiv sei.