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Kretschmann will längere Arbeitszeit für Lehrer – GEW empört


Bildungsgewerkschaften empört
Kretschmann will längere Arbeitszeit für Lehrer

Von dpa, mics

Aktualisiert am 26.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg im Landtag (Archiv): Bei einer Podiumsdiskussion forderte er, über längere Arbeitszeiten für Lehrer nachzudenken.Vergrößern des Bildes
Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg im Landtag (Archiv): Bei einer Podiumsdiskussion forderte er, über längere Arbeitszeiten für Lehrer nachzudenken. (Quelle: dpa)
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Winfried Kretschmann will über längere Arbeitszeiten für Lehrkräfte in Teilzeit nachdenken. Das sagte der baden-württembergische Ministerpräsident bei einer Podiumsdiskussion in Stuttgart. Die Bildungsgewerkschaft kritisiert den Vorschlag als "total daneben".

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat längere Arbeitszeiten für Lehrkräfte ins Gespräch gebracht, um eine bessere Bildung im Land zu gewährleisten. "Vielleicht müssen wir auch mehr arbeiten", gab Kretschmann am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion der "Stuttgarter Zeitung" zu bedenken.

Zum Beispiel seien sehr viele Lehrkräfte Frauen und viele von ihnen arbeiteten in Teilzeit. "Wenn die alle eine Stunde mehr arbeiten würden, eine Stunde, hätte ich 1.000 Lehrer mehr, die ich dringend brauche", erklärte der Grünen-Politiker. "Auch das wird vielleicht ein Thema sein."

Die Schule habe eine zentrale Rolle beim Kampf gegen den Fachkräftemangel, der schon jetzt ein großes Problem in Baden-Württemberg sei. "Da müssen wir mehr reinstecken."

Lehrkräfte haben je nach Schulart eine etwas unterschiedliche Wochenarbeitszeit. Pädagogen in Grundschulen unterrichten 28 Schulstunden pro Woche, in Haupt- und Realschulen 27 Stunden, in Gymnasien 25 Stunden. Vor allem in Grundschulen ist der Anteil der Lehrerinnen sehr groß. Im Südwesten gibt es gut 110.000 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen.

Stuttgart: GEW kritisiert Kretschmanns Vorstoß als "total daneben"

Monika Stein, Landeschefin der Bildungsgewerkschaft GEW, zeigte sich empört über Kretschmanns Vorschlag. "Das ist total daneben", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, wies den Vorschlag des Regierungschefs zurück und sagte: "Eine pauschale moralische Aufforderung halte ich jetzt nicht für zielführend." Ein Appell für freiwillige Mehrarbeit sei sicherlich erlaubt, sagte er dem Südwestrundfunk (SWR) am Dienstag. Auch ukrainische Lehrerinnen und Lehrer seien eine Hilfe, sie könnten aber nicht die Lösung bringen.

"Die Teilzeit-Lehrkräfte arbeiten nicht deshalb weniger, weil es Spaß macht, weniger Geld zu verdienen, sondern weil es für sie notwendig ist, Teilzeit zu arbeiten, damit sie ihren Beruf gut ausüben können", so Monika Stein. Es gehe dabei auch darum, Familie und Job unter einen Hut zu bringen.

Nach zwei Jahren Pandemie mit übermäßiger Belastung seien viele Lehrerinnen und Lehrer sowie Schulleitungen mit ihren Kräften sowieso schon am Ende, sagte die Gewerkschafterin. Jetzt kämen noch Kinder und Jugendliche dazu, die aus der Ukraine geflüchtet sind. "Wenn ich die Belastung weiter erhöhe, werden deutlich mehr Lehrkräfte ausfallen", warnte Stein. Immerhin habe der Ministerpräsident aber einen Erkenntnisgewinn gehabt.

"Herzlichen Glückwunsch, Herr Kretschmann, dass Sie jetzt nach elf Jahren Regierungszeit merken, dass Sie einen Lehrkräftemangel haben." Den habe die GEW immer vorausgesagt.

Kretschmann: Teilzeit-Möglichkeiten für Lehrer einschränken

Am Dienstag äußerte sich Kretschmann erneut zur Sache. Nach dem Willen des Ministerpräsidenten sollen Lehrer demnach künftig etwas weniger in Teilzeit arbeiten können. Die Landesregierung prüfe derzeit, ob die Mindestarbeitszeit für Beamtinnen und Beamte in Teilzeit erhöht werden kann. "Jedenfalls wird das gerade zwischen dem Innenministerium und dem Kultusministerium geklärt", sagte der Grünen-Politiker. Es gehe dabei in erster Linie darum, den Lehrermangel zu bekämpfen. "Wir brauchen einfach mehr Lehrkräfte."

Die Teilzeit-Regelungen seien derzeit "sehr großzügig", sodass vor allem viele Lehrerinnen nur relativ wenige Stunden unterrichteten, stellte Kretschmann fest. Er bekräftigte, wenn jede Lehrerin in Teilzeit eine Stunde mehr unterrichten würde, gewönne man umgerechnet 1000 Lehrerstellen.

In den vergangenen zwei Monaten seien etwa 9000 ukrainische Kinder und Jugendliche nach Baden-Württemberg geflüchtet, die nun betreut und unterrichtet werden müssten, erklärte der Regierungschef. Auch deswegen würden dringend mehr Lehrkräfte gebraucht. Grundsätzlich gehe es aber auch darum, dass wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs auch in Baden-Württemberg gewohnte Dinge auf den Prüfstand gestellt werden müssten.

"Dabei rate ich allen dazu, von ihren Reflexen abzusehen - das gilt auch für Gewerkschaftsfunktionäre." Diese sollten in dieser besonderen Situation nicht ihr "übliches Latein" abspulen. Auf die Frage, ob eine Einschränkung der Teilzeit nicht auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beeinträchtige, sagte Kretschmann: "Von solchen Empfindlichkeiten sollten wir mal Abschied nehmen, bei der Weltlage in der wir sind."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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