Warnstreik Verdi legt Nahverkehr im Südwesten lahm
Wo die Bahn aufhört, macht der Nahverkehr weiter: Am Freitag streiken Busse und Regionalzüge. Den Streikenden geht es um mehr Geld, aber nicht nur.
Pendler im Südwesten müssen sich am Freitag auf erhebliche Einschränkungen gefasst machen. Die Gewerkschaft Verdi hat für diesen Tag zu einem Warnstreik im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) aufgerufen. Nicht nur Stuttgart ist von dem ganztägigen Arbeitskampf betroffen, sondern auch Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Baden-Baden, Esslingen und Konstanz, wie Verdi am Montag in Stuttgart mitteilte.
Wegen Streikversammlungen bleiben die Fahrzeuge in den sieben Städten also weitgehend im Depot: Verdi rechnet damit, dass keine Busse und Bahnen fahren werden. Ob einzelne Linien der bestreikten kommunalen Verkehrsunternehmen doch bedient werden oder ob es Ersatzfahrpläne geben wird, war zunächst nicht bekannt. Sicher ist aber: Von dem Warnstreik dürften im Land erneut Hunderttausende Menschen betroffen sein.
Für Südwesten: Verdi fordert weniger Arbeitszeit und Schichtzulage
Hintergrund des Streiks sind aktuelle Verdi-Verhandlungen in allen Bundesländern – außer Bayern – über bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der kommunalen Nahverkehrsbetriebe. Auch in den anderen Ländern soll es am Freitag Warnstreiks geben. Die Gespräche betreffen der Gewerkschaft zufolge mehr als 130 kommunale Unternehmen in Städten und Landkreisen sowie insgesamt 90.000 Beschäftigte – rund 6500 davon in Baden-Württemberg.
Verhandelt wird zwar in allen Bundesländern gleichzeitig. Inhaltlich geht es aber um unterschiedliche Forderungen. Im Südwesten will Verdi unter anderem erreichen, dass die Arbeitszeit schrittweise abgesenkt wird und sich die Bus- und Bahnfahrer Arbeitszeiten bei Verspätungen vollständig anrechnen lassen können. Zudem fordert die Gewerkschaft eine Schichtzulage für den Fahrdienst. Die gebe es bislang nicht – obwohl Beschäftigte in diesem Bereich zu unterschiedlichen und belastenden Zeiten ihren Dienst beginnen oder beenden würden.
Verdi-Verhandlungsführer Jan Bleckert teilte dazu am Montag mit: "Der dramatische Personalmangel führt schon jetzt zu ständigen Ausfällen und Verspätungen und belastet die Fahrerinnen und Fahrer massiv". Die gewünschte Stärkung des Nahverkehrs werde aber nur gelingen, wenn die Arbeitsbedingungen erheblich verbessert würden.
Arbeitgeber lehnten Verdi-Forderungen ab: "Völlig überzogen"
Für die Nahverkehrsbetriebe sitzt der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) am Verhandlungstisch. Er lehnte die Forderung von Verdi ab. KAV-Hauptgeschäftsführerin Sylvana Donath erklärte dazu: "Von Verdi wurden uns heute Mittag zum ersten Mal konkrete Forderungen mitgeteilt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen müssen nun analysiert und bewertet werden". Die Forderungen bewerte sie in einer ersten Einschätzung "als völlig überzogen".
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen Instagram-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren Instagram-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Der Manteltarifvertrag im Südwesten sei bereits Goldstandard. Die darin enthaltenen Regelungen lägen angesichts hoher Sonderzahlungen sowie Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsdienste weit über denen in anderen Bundesländern. Der KAV hat bei der ersten Verhandlungsrunde im Südwesten am Montag kein Angebot vorgelegt.
Senkung der Arbeitszeit sei eine Gefahr für die Verkehrswende
Insbesondere die Verdi-Forderung, die Wochenarbeitszeit schrittweisen von 39 auf 35 Stunden zu senken, hält Donath für eine Gefahr für die Verkehrswende. Eine Umsetzung würde die Personalnot auf absehbare Zeit weiter verschärfen. Gerade im Fahrdienst sei der Arbeitsmarkt leergefegt. Das bei einer Arbeitszeitverkürzung benötigte zusätzliche Personal sei schlicht nicht vorhanden.
Verdi-Landeschef Martin Gross hatte Pendler bereits zu Jahresbeginn auf Warnstreiks eingestellt. Er war von einer harten Tarifrunde ausgegangen. Die zweite und dritte Verhandlungsrunde im Südwesten sind für Anfang Februar und Anfang März angesetzt.
Zuletzt immer wieder Einschränkungen durch Ausstände
Fahrgäste waren zuletzt immer wieder von Ausständen betroffen: Erst am Montagmorgen war der Streik der Lokomotivführergewerkschaft GDL bei der Deutschen Bahn vorzeitig beendet worden. In den Tagen zuvor gab es im Land sowohl im Fern- und Regionalverkehr wie auch bei den S-Bahnen nur ein stark reduziertes Angebot. In diesem Tarifkonflikt soll es bis einschließlich 3. März keine weiteren Ausstände geben.
Größere ÖPNV-Warnstreiks im Südwesten hatte es zuletzt im Frühjahr 2023 gegeben. Damals war es um mehr Geld gegangen.
- Nachrichtenagentur dpa