Polizei spricht von "Gewaltspirale" Bandenkrieg in Stuttgart: Diese Clans stecken dahinter
In Stuttgart gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen rivalisierende Clans. Die Polizei kämpft seit Jahren dagegen an – und erklärt, wer dahintersteckt.
Stuttgart kommt nicht zur Ruhe. In den jüngsten Wochen und Monaten kam es in der Stadt immer wieder zu Übergriffen und Gewalttaten. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen dabei zwei verfeindete Gruppierungen. Die Polizei selbst spricht von einer Gewaltspirale, die die Beamten mit aller Kraft stoppen möchten. Bislang allerdings ohne Erfolg.
Doch wer sind diese Menschen, die sich bis aufs Blut bekämpfen? Und welche Gefahr geht von den Banden für die Stuttgarter Bevölkerung aus? t-online hat bei der Polizei nachgefragt.
"Crime as a Lifestyle" – Mitglieder sind zum Teil erst 18 Jahre alt
Bereits seit über einem Jahr kommt es in der Stuttgarter Innenstadt zu immer heftigeren Eskalationen, die auch bewaffnet ausgetragen werden. Seit Sommer 2022 hat es in der Stadt weit mehr als 20 Schießereien gegeben. Große Aufmerksamkeit erregte auch ein Vorfall im Juni vergangenen Jahres. Dabei war eine Trauergemeinde auf einem Friedhof mit einer Handgranate beworfen worden. Zehn Menschen wurden schwer verletzt, nur ein Baum verhinderte einen tödlichen Ausgang des Anschlags.
Doch wer steckt hinter diesem Konflikt? Laut Polizei handelt es sich bei den Konfliktparteien um zwei rivalisierende Gruppierungen multiethnischer Zusammensetzung. Eine der beiden Gruppen sei in Stuttgart ansässig, die andere komme aus dem Stuttgarter Umland. Die Altersstruktur der Mitglieder würde sich überwiegend zwischen 18 und 28 Jahren bewegen.
Andreas Stenger, Chef des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, bestätigt im SWR die überwiegend junge Anhängerschaft der Stuttgarter Clans. Diese würde sich insgesamt aus etwa 500 Personen zusammensetzen, die zum Großteil dem Milieu der Gangster-Rap-Szene nahestehen würde. "Crime as a lifestyle", nennt Stenger den Lebensentwurf der Banden.
Polizei: "Rasante Entwicklung war so nicht absehbar"
Das Phänomen der Bandenkriminalität sei der Stuttgarter Polizei allerdings nicht neu. Wie die Beamten t-online mitteilen, werde das Problem bereits "seit einiger Zeit mit großem Nachdruck" bekämpft. Mit Straftaten und gegenseitigen Attacken in diesem extremen Ausmaß habe man allerdings nicht gerechnet.
Mit entsprechender Einsatzstärke und einem mehrstufigen Konzept versucht die Polizei jetzt, die Ausschreitungen zwischen den Banden in den Griff zu bekommen. Beteiligt seien daran diverse Dienststellen, unter anderem auch das LKA Baden-Württemberg.
Gewalttaten: Ist Stuttgarts Bevölkerung in Gefahr?
Auch wenn es in der Stuttgarter Innenstadt und der Region immer wieder zu Vorfällen kommt, sieht die Polizei zunächst keine akute Gefahr für die allgemeine Bevölkerung. "Primär handelt es sich um eine interne Auseinandersetzung zwischen den beiden genannten Gruppierungen. Gezielte Angriffe auf außerhalb der Gruppenstrukturen konnten bislang nicht festgestellt werden", heißt es auf t-online-Anfrage.
Dennoch sollte die potenzielle Gefahr für die Stuttgarter, die von den Gangrivalitäten ausgeht, nicht ignoriert werden. "Durch die eingesetzten Waffen, die zur Konfliktaustragung genutzt werden, ist jedoch die Gefährdung von Unbeteiligten nicht gänzlich auszuschließen," sagt die Polizei.
- Austausch mit dem Polizeipräsidium Stuttgart
- Recherche der Redaktion
- swr.de: Banden in der Region Stuttgart