Nach Rassismus-Eklat Boris Palmer nimmt eine Auszeit – und jetzt?
Wie genau die Auszeit von Tübingens OB Boris Palmer aussehen soll, ist noch offen. Denn einfach abtauchen können Oberbürgermeister nicht. Das sind die Optionen.
Die Debatte um Tübingens Skandal-Oberbürgermeister Boris Palmer ebbt auch Tage nach seiner rassistischen Entgleisung nicht ab. Der Ex-Grüne kündigt eine Auszeit an, doch die umzusetzen wird vermutlich nicht einfach.
Denn: Eine rechtliche Regelung für eine solche Auszeit sieht die baden-württembergische Gemeindeordnung laut Städtetag nicht vor. "Für einen OB sieht das Recht keine Beurlaubung oder eine Auszeit im Sinne eines "Sabbatical" vor", teilte eine Sprecherin des Städtetags auf Nachfrage mit.
Ein Oberbürgermeister könne wie alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer krankgeschrieben werden oder Urlaub nehmen, sagte die Sprecherin. Die Vertretung während der Abwesenheit des Oberbürgermeisters übernimmt laut Gemeindeordnung der erste Bürgermeister. In Tübingen ist das Baubürgermeister Cord Soehlke (parteilos).
Palmer mit genügend Urlaubstagen für Auszeit im Juni
"Das Urlaubskonto von Herrn Palmer weist in jedem Fall genug Tage auf, um im Juni eine Auszeit in Form von Urlaub zu nehmen", teilte die Stadt Tübingen am Mittwoch mit. "Das wäre auf jeden Fall eine Option", sagte eine Sprecherin. Allerdings kläre die Stadtverwaltung die konkreten Möglichkeiten gerade mit dem Regierungspräsidium. Laut Angaben der Stadt werde sie der Aufsichtsbehörde die genauen Umstände direkt mitteilen, um sicherzustellen, dass rechtlich alles zulässig sei. Weitere Details nannte die Stadtverwaltung nicht.
Palmer war am Mittwoch nach Angaben der Stadt weiterhin krankgeschrieben. Wann er die Geschäfte als Oberbürgermeister wieder aufnehme, war zunächst nicht bekannt. "Sobald er sich wieder fit fühlt, wird er öffentliche Termine wahrnehmen", sagte eine Sprecherin der Stadt Tübingen.
Die Stadt hatte am Dienstagabend mitgeteilt, dass ihr Oberbürgermeister eine einmonatige Pause einlegen wolle. Palmer will demnach im Juni professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. "Auch wenn dieser Zeitraum sicher nicht ausreichen wird, um die vor mir stehende Aufgabe vollauf zu lösen, bin ich doch zuversichtlich, dass es mir gelingen wird, sie anzugehen, genug Abstand zu gewinnen und Kraft zu schöpfen", hatte Palmer in einem Schreiben an alle Beschäftigten der Tübinger Stadtverwaltung mitgeteilt.
Heftige Debatten nach Palmers Skandalauftritt in Frankfurt
Palmer hatte am Freitag mit einem Auftritt bei einer Migrationskonferenz in Frankfurt am Main heftige Debatten ausgelöst. Er hatte sich vor einem Gebäude der Goethe-Universität eine verbale Auseinandersetzung mit einer Protestgruppe über seine Verwendung des "N-Wortes" geliefert.
Nachdem er den Begriff mehrmals wiederholt hatte, hatten ihn die Protestierenden mit "Nazis raus"-Rufen konfrontiert. Daraufhin hatte Palmer zu der Menge gesagt: "Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi."
Mit dem sogenannten N-Wort wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Als Konsequenz war Palmer am Montag aus seiner Partei ausgetreten.
Strafanzeigen wegen seiner Aussagen seien bislang nicht eingegangen, teilte die Staatsanwaltschaft Frankfurt mit.
- Nachrichtenagentur dpa