Sänger zeigte Hitlergruß Riesenärger um umstrittene Metalband bei Rock im Park
Die Skandalband Pantera wird bei Rock im Park auftreten: Die Erklärung des Veranstalters sorgt in der Nürnberger Politik für Diskussionen. Und auch unter Fans.
Wird die US-amerikanische Metal-Band Pantera im Juni bei Rock im Park auftreten – obwohl deren Sänger Phil Anselmo 2016 bei einem Konzert den Hitlergruß zeigte und den rechtsextremen Slogan "White Power" ins Publikum schrie? Diese Frage beschäftige Fans und Gegner seit Wochen. Nicht nur in den sozialen Medien, auch in der Nürnberger Politik wurde der Druck auf den Veranstalter "Argo Konzerte" immer größer.
In den sozialen Netzwerken sammelten sich in den vergangenen zwei Wochen tausende Kommentare, die Argo aufforderten, die Band Pantera vom Festival auszuladen. Es findet in Nürnberg ausgerechnet am historisch belasteten Reichsparteitagsgelände statt. Kritik kam auch von der Nürnberger Stadtratsfraktion der Grünen: Sie appellierten laut Berichterstattung des Nachrichtenportals "infranken.de" an die Veranstalter, die Entscheidung über einen Auftritt der Band noch einmal zu überdenken.
Nach wochenlanger Funkstille hat sich Argo nach seinem Betriebsurlaub nun auf seinen Social-Media-Kanälen zu Wort gemeldet. Und das Statement hat es in sich: Pantera wird planmäßig bei Rock im Park und dem Zwillingsfestival Rock am Ring auftreten.
Veranstalter von Rock am Ring glaubt an Entschuldigung von Pantera-Sänger
Die Veranstalter wussten schon vor der Pantera-Buchung von der Entgleisung von Sänger Anselmo während eines Tribute-Konzerts für seinen verstorbenen Band-Kollegen Dimebag Darrell im Jahr 2016. Argo erklärt ausführlich: "In mehreren Gesprächen wurde uns glaubwürdig versichert, dass Phil Anselmos Verhalten von 2016 in keinem Fall die Ansichten der Band widerspiegelt und er sein Auftreten aufrichtig und tief bereut. Phil Anselmo hat sich mehrfach öffentlich für sein Verhalten und seine Aussagen entschuldigt."
Daraufhin habe man beschlossen, "der Band Pantera eine Chance zu geben und somit unzähligen Rockfans den Traum zu erfüllen, das Werk von Pantera noch einmal live zu erleben." Hintergrund ist, dass die Band sich ursprünglich bereits 2003 auflöste. Nachdem die beiden Band-Gründer und Brüder, Gitarrist "Dimebag" Darrell und Vinnie Paul Abbott, bereits 2003 und 2018 starben, gaben die restlichen Bandmitglieder Phil Anselmo, Rex Brown, Zakk Wylde und Charlie Benante dann aber im vergangenen Jahr ihren erneuten Zusammenschluss bekannt.
Die Kritik am Pantera-Auftritt bei Rock am Ring reißt nicht ab
Prompt wurden mehrere Konzerte rund um den Globus angekündigt. Die Zusagen für Rock im Park und das Zwillingsfestival Rock am Ring stießen anfangs auf ein sehr positives Echo unter den Metalfans.
Auch wenn diese Vorfreude mittlerweile durch die starke Kritik eingetrübt sein dürfte, werden Fans die Band also live erleben können. Veranstalter Argo erklärte in seinem Statement, "wir sehen die aktuell steigende Kritik, mit der wir die Band in den letzten beiden Wochen erneut konfrontiert haben. Phil Anselmo hat uns gegenüber einmal mehr verdeutlicht, dass er die Verantwortung für seine Fehler übernimmt und sich von seinem damaligen Verhalten distanziert."
Réka Lörincz sagt im Gespräch mit t-online, die Erklärung des Veranstalters sei "ziemlich enttäuschend". Lörincz ist Mitglied des Nürnberger Stadtrates und Sprecherin der Partei gegen Rassismus und Rechtsextremismus. "Hier wird genau die bagatellisierende Linie verfolgt die wir in unserer ersten Stellungnahme beklagen." Die Social-Media-Erklärung durch Argo Konzerte sei eine Verharmlosung des Veranstalters, nachdem der Pantera-Sänger seine Äußerungen ohnehin bereits verharmlost habe. Lörincz sagt, "das "White Power" zu rufen ein Backstage-Gag sein soll, ist doch sehr unglaubwürdig".
Die Grüne Fraktion wolle noch diese Woche einen Antrag einreichen und mit den anderen Fraktionen und der Verwaltung debattieren welche Möglichkeiten die Stadt Nürnberg habe, um Veranstaltungen solcher Art auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände zukünftig strukturell und nachhaltig anders zu organisieren. "Uns wäre es wichtig, fraktionsübergreifend eine klare Haltung zu vertreten."
SPD Nürnberg plädiert für Vertrauen in den Veranstalter
Bei der SPD stößt man damit nicht unbedingt auf offene Türen. Nasser Ahmed ist Mitglied des Stadtrats und erklärt, er bestehe weiterhin darauf, die Äußerungen des Pantera-Sängers Anselmo seien "unentschuldbar". Das Reichsparteitagsgelände sei ein "Ort der Täter", wo Menschen ideologisiert wurden - es sei ein Lernort, ein großes Mahnmal.
Aber: "Es ist ein privatwirtschaftliches Festival. Es bleibt eine private Entscheidung der Veranstalter, Pantera einzuladen. Ich respektiere die Entscheidung. Die Band ist meinen Recherchen nach nicht strukturell rechtsextrem oder im rechtsextremen Milieu verhaftet." Ein gewisses Risiko bleibe dennoch, sagt Ahmed – kaum auszumalen welche Konsequenzen es hätte, würde ein ähnlicher Ausrutscher Anselmos am Reichsparteitagsgelände vorkommen. Ahmed sagt im Gespräch mit t-online aber auch, Rock im Park sei Teil der Wiederaneignung der demokratischen Kräfte an diesem Ort und habe das oft genug bewiesen. "Ich finde, wir sollten die Kirche im Dorf lassen, was politisches Handeln betrifft."
Ähnliche Worte kommen aus der CSU. Kerstin Böhm ist dort kulturpolitische Sprecherin und sagt, "ich bin der Meinung, dass ein Auftrittsverbot immer das letzte Mittel sein sollte." Der Skandal sei knapp sieben Jahre her, Sänger Anselmo habe daher eine zweite Chance verdient.
Nürnbergs Oberbürgermeister König sieht Auftritt von Pantera kritisch
Parteikollege Marcus König ist Oberbürgermeister von Nürnberg. Auf Nachfrage von t-online erklärt er, "wir haben dem Veranstalter die kritische Haltung der Stadt zum geplanten Auftritt der Band an diesem historischen Ort mitgeteilt, aber: Es ist die Entscheidung der Veranstalter von Rock im Park, am Auftritt der Band festzuhalten." Die Stadt Nürnberg werde den Veranstalter allerdings beim Wort nehmen, dass Rassismus, Homophobie und jede Form der Diskriminierung bei "Rock im Park" keinen Platz haben und entschlossen dagegen vorgegangen werde.
Nicht nur in der Politik, auch auf dem Social-Media-Kanal von Rock im Park auf Instagram wurde der Post (Stand 11. Januar 16: Uhr) des Veranstalters und das Festhalten am Auftritt Panteras kontrovers diskutiert. Einige Nutzer drohten sogar mit der Rückgabe ihrer Tickets.
- Berichterstattung von infranken.de
- Telefongespräch mit Nasser Ahmed
- Telefongespräch mit Réka Lörincz
- Telefongespräch mit Kerstin Böhm
- Schriftliche Anfrage im Büro von OB Marcus König