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Corona in Köln: "Delta wird uns klarmachen, dass die Pandemie nicht vorbei ist"


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"Delta wird uns klarmachen, dass die Pandemie nicht vorbei ist"


Aktualisiert am 07.07.2021Lesedauer: 3 Min.
Bei fallenden Inzidenzzahlen drängen viele Menschen für Shopping in die Kölner Innenstadt: Experten befürchten eine Ausbreitung der Delta-Variante ab Herbst.Vergrößern des Bildes
Bei fallenden Inzidenzzahlen drängen viele Menschen für Shopping in die Kölner Innenstadt: Experten befürchten eine Ausbreitung der Delta-Variante ab Herbst. (Quelle: Future Image/imago-images-bilder)
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Die Delta-Variante sorgt vielerorts schon jetzt für hohe Ansteckungsraten. Im Herbst könnte das ähnlich sein. Was hilft dagegen? Zwei Experten sind sich in einem Punkt einig.

Köln ist eine Stadt der Lebensfreude. Die Menschen lieben es, zusammen zu sein und zu feiern. Das macht die Stadt und ihre Bewohner zwar sehr liebenswert, könnte bei einer drohenden vierten Corona-Welle im Herbst aber einen stärkeren Anstieg der Zahlen zufolge haben. In Köln würden Menschen mit den Corona-Regeln lockerer umgehen und sie nicht so konsequent umsetzen, sagt Jürgen Zastrow im Gespräch mit t-online.

Eine zweite Sorge beschäftigt den Mediziner. Er fürchtet, dass sich die neue Virusvariante durch infizierte Reisende oder auch Fußballfans von der EM schneller in Deutschland ausbreiten könnte. "Reisen ins Ausland und prall gefüllte Fußballstadien sind selbst für mich als Fußballfan in dieser Situation unnötig", findet er.

Anders sieht das der Kölner Epidemiologe Karl Lauterbach. Er empfiehlt Reiserückkehrern freiwillige Tests – einmal kurz nach Ankunft in Deutschland und ein weiteres Mal fünf Tage später. Eine von ihm empfohlene gesetzliche Testpflicht wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr beschlossen werden, sagte er.

Kölner Impfarzt sauer: "Die Stiko wirft uns ständig Knüppel zwischen die Beine"

Hoffnung macht Jürgen Zastrow die hohe Impfbereitschaft der Kölnerinnen und Kölner. Zwar werde auch hier die Impfmüdigkeit größer, weil die besonders Ehrgeizigen schon ihre Impfungen abgeholt hätten. Es fehle jetzt aber die Impflust bei den weniger Ehrgeizigen.

Einen Grund für die ausgebremste Impfkampagne sieht der HNO-Arzt auch in der Arbeit der Ständigen Impfkommission (Stiko) und geht mit ihrem Präsidenten Thomas Mertens hart ins Gericht. "Ich werde immer wütender, wenn ich die Empfehlungen lese. Die Stiko wirft uns ständig Knüppel zwischen die Beine", schimpft Zastrow. "Viele Leute sind durch die wechselnden Angaben extrem verunsichert. Sobald neue Bedenken publik werden, gehen die Zahlen an Impfwilligen runter. Das gefährdet den Erfolg der Impfkampagne."

Zastrow wünscht sich eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Behörde und den Ärzten und eine andere Bewertung der Studienlage weg vom Risiko durch die Impfung für den Einzelnen hin zum epidemiologischen Nutzen der Impfung – egal welcher Art.

Experten fordern Impfangebote auch für Kinder ab 12

Auch Lauterbach sieht im Impfen die wichtigste Waffe gegen schwere Verläufe einer Corona-Erkrankung und plädiert wie auch Zastrow dafür, Kinder und Jugendliche ab 12 zu impfen. "Das Gefährliche an der Delta-Variante ist, dass sich im Körper eines Infizierten mehr Viren bilden. Wenn die Viruslast steigt, sorgt das für schnellere Ansteckungen und für schwerere Krankheitsverläufe auch bei Kindern", erklärt der SPD-Politiker.

In Großbritannien konnte man das bereits beobachten. Das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs sei auch für Kinder größer als das Risiko einer schweren Impfnebenwirkung. Dritte Impfungen für Ältere sind hier in Köln noch nicht geplant. Dafür sei die Studienlage noch zu eineindeutig, sagt Impfarzt Zastrow.

Stand 6. Juli haben in Köln gerade einmal 477.258 Menschen eine zweite Impfung bekommen. Das ist kaum die Hälfte der Bevölkerung. Umso mehr drängt Zastrow auf eine Impf- und Maskenpflicht für jene, die Veranstaltungen oder Kneipen besuchen wollen.

"Hier in Köln, wo sich Menschen gerne bierselig in den Armen liegen, wäre eine Impfpflicht für den Besuch in der Kneipe oder im Stadion schon wünschenswert." Von der Aufhebung der Maskenpflicht von Kassenärzte-Chef Andreas Gassen hält er nichts, denn die Impfungen schützten nicht vor Ansteckung und Weitergabe der Viren.

Außer Impfen und weiterhin Vorsicht im Alltag können nach Meinung der Experten aber keine vorbeugenden Maßnahmen getroffen werden können. "Das Lustbedürfnis der Menschen ist einfach sehr groß, sodass die Menschen gerade in Köln schwer zu bändigen sind", sagt Zastrow und mahnt weiter dazu, Masken zu tragen, wenn Abstände zu gering sind.

Lauterbach hingegen sagt, dass Menschen im Sommer ziemlich sicher sind, wenn sie sich draußen aufhalten, da sich in dieser Jahreszeit die Viren nicht so leicht verbreiten. Draußen könne man momentan viel unternehmen, für Treffen in Innenräumen empfiehlt er dagegen Tests.

Tests sieht der Epidemiologe auch als wirksamstes Mittel, um trotz steigender Zahlen im Herbst und Winter Schulen, Kitas und Betriebe offen zu halten. "Wenn man im normalen Betrieb zweimal die Woche Kinder bzw. Mitarbeiter testet, sollte das reichen, um Superspreader frühzeitig rauszufiltern."

Wenn sehr viele auf einmal infiziert sind, drohen dennoch komplette Schließungen. Einen erneuten Lockdown hält der Impfarzt Jürgen Zastrow sogar für sehr wahrscheinlich. "Wenn die Menschen jetzt nicht vorsichtig genug sind, wird im Herbst Delta auf den Tisch hauen und klar machen, dass die Pandemie nicht vorbei ist."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Jürgen Zastrow
  • Gespräch mit Karl Lauterbach
  • Eigene Recherche
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