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Köln: Pfleger wegen Vergewaltigung von Patientin zu langer Haft verurteilt


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Vergewaltigung einer 81-Jährigen
Richter: "Nichts Rüdes, nichts Rohes im Spiel"


Aktualisiert am 26.03.2021Lesedauer: 3 Min.
Der Angeklagte an einem früheren Prozesstag: Der 63-Jährige konnte den Weg zur Anklagebank nicht auf eigenen Beinen zurücklegen.Vergrößern des Bildes
Der Angeklagte an einem früheren Prozesstag: Der 63-Jährige konnte den Weg zur Anklagebank nicht auf eigenen Beinen zurücklegen. (Quelle: Johanna Tüntsch)

Er vergewaltigte eine 81-jährige, halbseitig gelähmte Frau, für deren Pflege er eigentlich zuständig war. Dafür hat das Landgericht Köln einen 63-Jährigen zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.

Ein Altenpfleger, der sich an einer 81-Jährigen vergangen hat, die er in ihrem häuslichen Umfeld betreuen sollte, wurde vor dem Landgericht Köln zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die 13. Große Strafkammer befand ihn der dreifachen Vergewaltigung und des Missbrauchs einer Schutzbefohlenen für schuldig.

Eigentlich war er in Rumänien im Metallbau tätig gewesen, fand aber in diesem Bereich keine Arbeit mehr. So wechselte der 63-jährige Mann, der jetzt vor dem Kölner Landgericht verurteilt wurde, 2015 noch einmal den Job und absolvierte in seinem Heimatland einen sechsmonatigen Schnellkurs zum Altenpfleger. Jeweils für zwei Monate reiste er anschließend nach Deutschland ein, um hier im Auftrag einer polnischen Agentur in verschiedenen Haushalten einen 24-Stunden-Service für Senioren zu leisten. Im September 2020 kam es im Haushalt einer Kölner Seniorin zu drei erschreckenden Vorfällen: Der Pfleger verging sich an der 81-jährigen Kölnerin, für deren Wohl er Sorge zu trage hatte.

Durch die Tat an sich, aber auch durch die detaillierte Erörterung aller Einzelheiten, geriet die Urteilsverkündung zu einer beschämenden Veranstaltung für alle Beteiligten. Der Angeklagte, der schon gekrümmt in seinem Stuhl saß und nur an sich selbst herabsah, bevor Richter Benjamin Roellenbleck überhaupt begonnen hatte zu sprechen, schien während dessen Vortrag noch ein wenig kleiner zu werden. Mit gequälter Miene legte er eine Hand vor die Augen und sackte zunehmend in sich zusammen. Die präzise Rekapitulation der Ereignisse war nämlich nicht nur dazu geeignet, die Würde des Opfers noch einmal zu verletzen, sondern traf auch den Angeklagten an einem höchst empfindlichen Punkt: seiner nicht mehr vorhandenen Potenz.

Wortreiche Auslassungen zur Anatomie der alten Dame

"Das war ein einziges Hin und Her", so Roellenbleck über die Versuche des alten Mannes, mit der noch älteren Dame, die sich wegen einer halbseitigen Lähmung nicht mehr wehren konnte, einen intimen Verkehr zu erzwingen. Dass dieser das Schlimmste erspart blieb, war allein dem körperlichen Unvermögen des Mannes geschuldet. In seiner Aussage hatte er angegeben, dass seine eigene, 22 Jahre jüngere Frau ihn verlassen habe, da er "mit ihr nicht mehr Schritt halten" könne. Durch mehrere minutenlange Vergehen an der zu pflegenden Seniorin habe er testen wollen, ob dieser Bereich seines Lebens nicht vielleicht doch wieder zu reaktivieren sei.

Eine strittige Frage war während des Verfahrens, ob es sich bei der Tat nur um einen Missbrauch handelte oder tatsächlich um eine Vergewaltigung. Der Aufgabe des Richters, sein Urteil zu begründen, kam Roellenbleck mehr als ausführlich nach. Wortreich ließ er sich minutenlang über die Anatomie von Mann und Frau aus, teils auch mit konkretem Bezug auf die alte Dame, deren Tochter währenddessen im Zuschauerraum saß. Bisweilen veranschaulichte er seine Worte mit Gesten.

"Fies, aber ehrlich"

Ein entscheidendes Beweismittel waren Aufzeichnungen der Taten, die eher zufällig zustande gekommen waren. Die Tochter des Opfers hatte im Schlafzimmer ihrer Mutter eine Kamera aufgestellt, welche mit einem Bewegungsmelder verbunden war. Damit sollten nicht etwa Pflegekräfte überwacht, sondern nachts die Sicherheit der alten Dame gewährleistet werden, falls diese unruhig schlafe.

Nach einem Streit mit dem Pfleger sah sich die Tochter aus einem unguten Gefühl heraus die Aufzeichnungen des vergangenen Tages an und "machte die Entdeckung, die zur Verhandlung führte", so Roellenbleck. Der Lebensgefährte der Tochter übernahm es, auch die Aufzeichnungen der zurückliegenden 30 Tage auszuwerten, wodurch zwei weitere Taten entdeckt wurden.

Nach eingehender Sichtung der Videodateien wertete die Kammer die Tat als Vergewaltigung, für welche der Strafrahmen zwischen zwei und 15 Jahren liegt. "Da muss man nüchtern bleiben und gucken: Was spricht für, was spricht gegen den Angeklagten?", so Roellenbleck. Unter den positiven Aspekten führte er nicht nur auf, dass der Mann geständig sei, keine Vorstrafen habe und als inzwischen gesundheitlich selbst stark beeinträchtigter Mensch in der U-Haft extrem leide, sondern auch: "Er hat eingeräumt, dass er bei der Tat nicht an die Nebenklägerin gedacht hat. Das ist zwar zunächst fies, wenn man so will, aber es zeigt eine gewisse Ehrlichkeit."

"Vergewaltigung normalerweise härter"

Gegen den Mann spreche, dass es Tatfolgen gebe. Die alte Dame schlafe schlecht und wirke gelegentlich verängstigt. Es sei aber für die Kammer schwer, die Tatfolgen zu bewerten. "Wenn man ganz ehrlich ist, weiß man nicht, wie schwer die Folgen sind. Es ist nicht besonders schwerwiegend, wenn man es mit anderen Fällen vergleicht. Es war nichts Rüdes, Rohes im Spiel. Man stellt sich eine Vergewaltigung normalerweise härter vor", meinte Roellenbleck. So kam die Kammer für die drei Taten zu einer Gesamtstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten elf Jahre gefordert.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Gerichtsverhandlung
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