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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fußball-Bundesliga Wandel beim FC Köln: Baumgart und der Hector-Faktor
Steffen Baumgart hat das Spiel der Kölner grundlegend verändert. Nach dem erfolgreichen Start in die Bundesliga will sich der 1. FC Köln nicht ausbremsen lassen. Ein Profi spielt dabei eine Schlüsselrolle.
Die ersten Bewährungsproben hat Steffen Baumgart schon hinter sich. Bereits am zweiten Spieltag brachte sein 1. FC Köln den eigentlich seit Jahren übermächtigen FC Bayern München ins Wanken, wenn auch nicht zu Fall. Einen Spieltag später musste Baumgart erstmals Personalprobleme auffangen, als gleich drei Startelf-Kandidaten fehlten.
Gerne hätten die Geißböcke ihre gute Frühform mitgenommen in die folgenden Bundesligaspiele. Die Länderspielpause kam für den FC daher durchaus ungelegen. Zahlreiche Spieler weilen bei ihren Nationalmannschaften. Baumgart trainiert nur mit einem Rumpfkader. Am Ziel, die Abläufe zu verfestigen, kann erst wieder ab Mitte nächster Woche gearbeitet werden, ehe es samstags zum noch ungeschlagenen SC Freiburg geht.
Ballbesitz-Fußball: Der spielerische Wandel
Wie sehr sich die Kölner Profis im Sommer haben umstellen müssen, um die Anforderungen ihres neuen Trainers zu erfüllen, zeigt ein erster Vergleich zwischen dem Baumgart-FC und dem FC unter seinen drei Vorgängern in den Jahren 2019/20 und 2020/21.
Unter Achim Beierlorzer, Markus Gisdol und Friedhelm Funkel kontrollierte in der Regel der Gegner das Spiel, der FC gab sich mit einem Ballbesitz von durchschnittlich unter 45 Prozent zufrieden. Das Spiel nach vorne war fehleranfällig, spätestens jeder vierte Pass landete beim Gegner. Und wenn die Geißböcke vor dem gegnerischen Tor waren, kamen sie in 90 Minuten auf durchschnittlich 14 Torschüsse.
Unter Baumgart hat sich das Kölner Spiel gänzlich gewandelt. In München war Ballbesitzfußball zwar nur phasenweise möglich, doch über die drei Spiele hinweg kommt der FC bislang auf 57 Prozent Ballbesitz bei einer deutlich verbesserten Passquote von knapp über 80 Prozent.
Die Baumgart-Truppe gibt im Vergleich zu den Vorjahren fast fünf Torschüsse pro Spiel mehr ab und hat Liga-weit bereits 40 Prozent mehr Flanken in die gegnerischen Strafräume geschlagen als jede andere Mannschaft. Dass Köln dabei zusammen mit den Bayern und Frankfurt das laufstärkste Team der Liga ist, unterstreicht den Wandel, den Baumgart am Geißbockheim angestoßen hat.
FC Köln nutzt Testspiel für Experimente
Diese Entwicklung hätte Baumgart gerne am Donnerstag in einem Testspiel gegen den FC Twente weiter vorangetrieben. Weil Enschede jedoch nach Corona-Fällen absagen musste, spielten die FC-Profis gegen die eigene U21. Das nackte Ergebnis überraschte: ein 2:2, in dem der zuletzt wechselwillige Sebastian Andersson beide Tore für Baumgarts Elf schoss.
Doch tatsächlich nutzte der FC-Trainer die Spielzeit für erste Experimente in seiner eigentlich gefundenen Grundordnung. Baumgart bot zunächst eine Dreierkette in der Defensive auf, eine Formation, die nicht zum Standard werden soll, jedoch zu einem taktischen Mittel, wenn es der Spielverlauf erfordert.
Kingsley Ehizibue oder Benno Schmitz als Rechtsverteidiger rücken dann nach innen neben die beiden etatmäßigen Innenverteidiger, während der polyvalente Jonas Hector ins Mittelfeld vorrückt.
Jonas Hector in Sonderrolle: Quartett vor Rückkehr
Überhaupt hat Baumgart seinem Kapitän bereits freie Hand gegeben bei der Interpretation seiner Rolle als Linksverteidiger. Kein Spieler hatte in den ersten drei Spielen mehr Ballkontakte als der Ex-Nationalspieler. Kein Spieler bewegte sich in den ersten Spielen auf so vielen unterschiedlichen Positionen.
Links hinten, links vorne, auf allen Positionen im zentralen Mittelfeld, mitunter lief Hector sogar als einer der Stürmer an, wenn es die Situation erforderte. Seine Flexibilität verbunden mit der Spielintelligenz und Übersicht Hectors ist ein wichtiger Baustein in Baumgarts System, das davon profitiert, dass alle Spieler eine gewisse Bewegungsfreiheit genießen, um das Kölner Pressing bestmöglich auszufüllen.
Wenn die Geißböcke ab Montag wieder trainieren, wird der FC-Trainer auch personell wieder etwas flexibler sein. Mark Uth kehrte unter der Woche ins Training zurück, Timo Hübers soll Anfang kommender Woche wieder einsteigen.
Der zuletzt erkrankte Jan Thielmann wird ebenfalls zurückerwartet, ebenso der von muskulären Problemen geplagte Luca Kilian. Das Quartett spielt in Baumgarts Planungen eine wichtige Rolle und soll in einer Woche gegen Freiburg wieder im Kader stehen.
- Eigene Beobachtungen und Recherchen des Geißblog