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Peter Brings zu Lützerath-Protest: Es ist an der Zeit, von Verzicht zu reden


Meinung
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Lützerath-Räumung und Klimawandel
Es ist an der Zeit, von Verzicht zu reden

  • Peter Brings: Leadsänger der kölschen Rockband Brings
MeinungVon Peter Brings

13.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Schon am Mittwoch kam es in Lützerath zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Umweltaktivisten.Vergrößern des Bildes
Polizisten tragen einen Aktivisten in Lützerath weg (Archivbild): Der Weiler am Rande des Tagebaus wird seit Mittwoch geräumt. (Quelle: André Hirtz/imago-images-bilder)

Peter Brings will angesichts der Räumung von Lützerath nicht länger künstlerische Neutralität wahren. Er unterstützt den Protest und kritisiert die Grünen.

"Ihr seid eine Karnevalskapelle. Haltet Euch aus der Politik raus": Diesen Satz haben wir schon häufig gehört. Doch was seit dieser Woche im Rheinischen Braunkohlerevier in Gang gesetzt wird, ist mehr als nur Politik. Es ist eine zweifelhafte Grundsteinlegung für unsere und die Zukunft des Planeten. Es geht nicht um das längst von seinen Bewohnern verlassene Dörfchen Lützerath. Es geht auch nicht darum, ob man den Protest gutheißt oder ob man sich bei politischer Einmischung auf die Abgabe der eigenen Stimme bei einer Wahl beschränkt. Abgabe der Stimme – im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich sympathisiere mit jeder Form von gewaltfreiem Protest, wenn es darum geht, das in Paris beschlossene 1,5-Grad-Ziel auch nur anzustreben. Zu erreichen ist es eh kaum noch. Wir beklagen doch immer, dass unsere jungen Leute nur sich selbst, Games und Party kennen. Es gibt aber anscheinend immer mehr Menschen, vor allem junge, die begreifen, was die Stunde in puncto Klimakrise geschlagen hat. Und: Sie handeln immer öfter!

"Gasmangel" ist zweifelhafter Vorwand

Ich kann's verstehen. Wenn man einmal angefangen hat, sich mit den bereits realen Folgen der Erderwärmung zu beschäftigen, ist es nicht ganz einfach mit dem "Weiter-so". Schon gar nicht, wenn man jung ist und sich ausmalt, wie es in 30 Jahren sein wird, wenn nicht sofort und effektiv gehandelt wird. Die Jungen sehen sich zu Recht als letzte Generation, die etwas bewegen und verändern kann.

Bund und Land setzen in Lützerath um, was Gesetz geworden ist. Weil Parlamente es beschlossen und mit RWE ausgehandelt haben. Jeweils beteiligt: die Grünen. Genau die sind nun seit Tagen bemüht, die Notwendigkeit der Räumung und die anschließende Verfeuerung der Kohle zu rechtfertigen. Es gehe angeblich vor allem darum, den durch den verbrecherischen Krieg gegen die Ukraine entstandenen "Gasmangel" hier bei uns auszugleichen. Es klingt immer so, als müssten wir jetzt alles dafür tun, um unser Leiden und Darben in der Energiekrise zu beenden.

Erwarte andere Töne von den Grünen

Mir kommt es pietätlos vor, wenn wir uns vor der Kulisse der zerstörten Ukraine selber als Opfer der Folgen dieses Krieges darstellen. Bei uns ist doch im vergangenen Jahr alles weitergelaufen wie gewohnt. Ich las vom Zuwachs bei Passagieren an Flughäfen, von Rekord-Besucherzahlen beim Münchner Oktoberfest, von der wiedererlangten Lebensfreude "nach Corona" in unserem Land. Auch wir konnten wieder richtige Konzerte geben, mit euch den Sommer und das Leben feiern. Das hat alles seine Berechtigung. Ich finde aber, es ist auch an der Zeit, die Wahrheit zu sagen.

Die Wahrheit darüber, wie das Leben auf der Erde mit acht Milliarden Menschen aussehen kann. Von den Grünen, der Urzelle des Kampfes für Umwelt, Frieden und gerechte Verteilung, erwarte ich andere Töne. Die alte bundesrepublikanische Maxime: "Wohlstand garantiert Demokratie und Freiheit" ist heute nicht mehr wirklich aktuell. Es müsste wohl eher heißen: "Wir brauchen Solidarität, Unterstützung bei der Bewältigung der Klimafolgen, vor allem im globalen Süden, eigene Sparsamkeit im Verbrauch von Ressourcen, schnellen Umbau zu erneuerbaren Energien."

Es ist an der Zeit, von Verzicht zu reden. Es kann und wird nicht so sein, dass wenige im "Westen" viel haben und verbrauchen und der Rest in der Welt die klimatische Zeche zahlt. Bei einem "Weiter-so" könnte es gut sein, dass wir den Begriff einer "Flüchtlingswelle" ganz neu definieren müssen. Nicht heute, vielleicht nicht morgen. Übermorgen aber garantiert.

Das alles liegt derzeit im kleinen Weiler Lützerath auf dem Tisch. Gerade mal eine Radtour von Kölle entfernt. Die Aktivisten dort haben vor allem ein Anliegen: Es geht nicht einfach weiter so!

Auf dass es friedlich und sachlich bleibt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Gedanken und Beobachtungen des Autors
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