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Verfassungsschutz: Rechtsextreme beeinflussen Corona-Demos


Kiel
Verfassungsschutz: Rechtsextreme beeinflussen Corona-Demos

Von dpa
25.04.2022Lesedauer: 2 Min.

Rechtsextremisten und sogenannte Reichsbürger haben in Schleswig-Holstein nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes massiv versucht, Demonstrationen gegen Corona-Schutzmaßnahmen zu unterwandern. Insgesamt sei es Extremisten aber nicht gelungen, landesweit diese Veranstaltungen zu prägen, sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Montag in Kiel. In Einzelfällen hätten sie es aber sehr wohl geschafft, maßgeblich Einfluss zu nehmen.

"Das muss jeder und jede wissen, der oder die sich daran beteiligen will", sagte die Ministerin. "Denn solchen Gruppierungen geht es nicht darum, bei Demonstrationen auf ihre Probleme und Sorgen aufmerksam zu machen. Ihnen geht es um einen Systemwechsel und damit um das Ende unserer demokratischen Regierungsform." Vom Verfassungsschutz entdeckte Posts bestätigen dies. "Das ganze korrupte System muss weg...dann ist auch Corina (so geschrieben) vorbei!", heißt es, oder: "Wenn das deutsche Volk diese Staatsform nicht bald überwindet, wird das unser Untergang werden".

Sütterlin-Waack stützt sich auf eine Sonderauswertung des Verfassungsschutzes, der den Angaben zufolge im Februar nicht nur Veranstaltungen begleitete, sondern auch täglich mehrere Tausend Beiträge in Chatgruppen und unterschiedlichen Social-Media-Kanälen gesichtet hatte. Besonders erschrocken hätten sie der dabei offen zutage getretene Hass, die Herabwürdigung Andersdenkender und die Forderung nach Gewaltanwendung zur Durchsetzung des eigenen politischen Standpunkts, sagte Sütterlin-Waack.

Auf die Frage nach Konsequenzen meinte sie im Hinblick auf Teilnehmer an Demonstrationen, bei denen auch Rechtsextreme dabei seien: "Wir müssen versuchen, Politik besser zu erklären." Ziel müsse sein, Menschen mitzunehmen, die vielleicht auf Abwegen seien und solche zurückzuholen, die vermeintlich verloren wurden.

Den Angaben zufolge bestätigten sich Vermutungen, wonach es Bezüge und Wechselwirkungen zwischen Rechtsextremisten, "Reichsbürgern" und sogenannten Delegitimierern gibt. Letztere sprechen der Bundesrepublik die Existenzberechtigung ab und versuchen, staatliche Repräsentanten verächtlich zu machen. Unter dem Namen "Freie Schleswig-Holsteiner" - analog zu den "Freien Sachsen" - wird zum Beispiel Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) als "Despot" tituliert, "der sich anmaßt, über unser heiliges, freies Schleswig-Holstein herrschen zu wollen".

Unter Fotos des Kanzlers Olaf Scholz und seines Bruders, des Vorstandschefs des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Jens Scholz, steht: "Die Zeit kommt, wo sie nicht mehr die Straßen entlang laufen können". Bei derartigen Posts handle es sich um strafbare Handlungen, sagte Sütterlin-Waack.

Laut Verfassungsschutz nahmen Rechtsextremisten unter anderem an Corona-Demonstrationen in Kiel, Lübeck und Neumünster teil. In Chats von Telegram-Gruppen sei ebenso wie bei sogenannten Spaziergängen von Gegnern der Corona-Maßnahmen mit Bannern und Flyern auf eine Kampagne namens "Gegengift" aufmerksam gemacht worden, die den Jungen Nationalisten zugerechnet werde - der Jugendorganisation der rechtsextremen NPD.

In den gesichteten Chats werde offen zu Gewalt gegen einzelne Personen, Bewaffnung und Umsturz aufgerufen, sagte die Innenministerin. Verschwörungstheorien seien an der Tagesordnung.

Es gehe um rund 160 Telegram-Gruppen allein in Schleswig-Holstein, sagte der Leiter des Verfassungsschutzes, Joachim Albrecht. Hasserfüllte Posts kämen auch aus rechtsextremistischen Subkulturen von Vertretern, die gewaltbereit seien. Vor zehn Jahren sei es noch unvorstellbar gewesen, dass ganz normale Bürger an Demonstrationen zum Beispiel mit Jungen Nationalisten teilnehmen.

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