Kiel 108 Gemeinden klagen gegen kommunalen Finanzausgleich
Die Geldverteilung des Landes an die Kommunen ist in Schleswig-Holstein öfter Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen - jetzt haben 108 Gemeinden Klage beim Landesverfassungsgericht gegen den seit Jahresbeginn geltenden Finanzausgleich eingereicht. Ein Sprecher bestätigte den Eingang der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Zunächst hatten die "Kieler Nachrichten" berichtet. Die Gemeinden fühlen sich bei der Mittelverteilung gegenüber Städten benachteiligt, wie der Direktor des Amtes Schlei-Ostsee, Gunnar Bock, erläuterte.
Die Gemeinden monieren, dass sogenannte Zentrale Orte eine gesonderte Summe aus dem 1,9-Milliarden-Euro-Topf bekommen, obwohl es keine abschließende Liste von Aufgaben gebe, für die sie das zusätzliche Geld erhalten. Dessen Volumen sei von 90 Millionen Euro 2014 bis 2020 auf 250 Millionen gewachsen. Den tatsächlichen Bedarf der Zentralorte für überörtliche Aufgaben habe das Land nie ermittelt.
Auch die nicht-zentralen Orte hätten mit steigenden Kosten für Brandschutz, Kitas, Schulen und Straßen sowie wachsenden Defiziten zu kämpfen. Zugleich erfüllten auch diese Gemeinden Aufgaben, von denen andere umliegende Orte und deren Einwohner profitieren. "Auch sie haben damit übergemeindliche Aufgaben wie die Zentralen Orte, erhalten hierfür aber keinen entsprechenden Ausgleich, weil sie nach dem Planungsrecht nicht als Zentrale Orte anerkannt sind." Diese Gemeinden seien damit benachteiligt, heißt es in ihrem Statement.
Aus ihrer Sicht leiten die Zentralen Orte ihren Finanzbedarf auch von Aufgaben ab, die andere Gemeinden ebenfalls wahrnehmen. "Entweder sind dies in ihrer Pauschalität folglich keine zentralörtlichen Aufgaben oder auch die beschwerdeführenden Gemeinden nehmen zumindest anteilig zentralörtliche Aufgaben wahr", sagte Amtsdirektor Bock. Wann das Verfassungsgericht entscheiden wird und ob dies noch vor der Landtagswahl am 8. Mai nächsten Jahres geschieht, ist offen. "Das ist ein hochkomplexes Thema", sagte der Gerichtssprecher.
Das Innenministerium werde die Verfassungsbeschwerde sorgfältig prüfen, wenn sie ihm zugegangen sei, sagte Ressortsprecher Dirk Hundertmark. "Die Landesregierung ist überzeugt, dass das neue Finanzausgleichsgesetz verfassungsmäßig ist." Das Landesverfassungsgericht habe 2017 bereits geurteilt, dass die - weiter bestehende - Verteilung der Mittel auf die verschiedenen Kategorien Zentraler Orte den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügte. Das neue Gesetz berücksichtige nun zum ersten Mal auch den Bedarf, der aus sogenannten Flächenlasten resultiere, mit Extra-Zuweisungen. "Davon profitieren ganz besonders Gemeinden mit wenigen Einwohnern in ländlichen Räumen", sagte Hundertmark. "Genau das ist ja gerade der notwendige Gegenpol zu den Mitteln für Zentrale Orte."