Kiel Richter wehren sich gegen Aufweichung der Bestenauslese
Die Richterverbände haben die Pläne für mehr Einfluss der Politik auf die Auswahl von Richtern in Schleswig-Holstein scharf kritisiert. Die beabsichtigte Abkehr vom Prinzip der Bestenauslese bei der Berufung von Richtern bedeute keinen demokratischen Gewinn, sondern erheblichen Schaden und einen immensen Vertrauensverlust für die Justiz, teilten der Richterverband und die Neue Richtervereinigung am Freitag mit. Die Abgeordneten wollten die in Artikel 33 des Grundgesetzes verankerte Bestenauslese zu einem Leitgedanken herabstufen.
Der Gesetzentwurf von CDU, SPD, Grünen, FDP und SSW schweige sich dazu aus, an welchen Kriterien sich die Auswahlentscheidung stattdessen orientieren soll und was von der Bestenauslese übrig bleibe. "Die resultierende Verunsicherung, was im Einzelfall für oder gegen die betroffenen Personen den Ausschlag gibt, die sich um ein bestimmtes Amt bewerben, ist nicht nur in hohem Maße demotivierend", sagte die Landesvorsitzende des Richterverbandes Christine Schmehl. Auch die Akzeptanz der Ergebnisse drohe Schaden zu nehmen. "Dies gilt umso mehr, als die Entscheidungen des Richterwahlausschusses keiner Begründung bedürfen."
Wer vor Gericht sein Recht suche oder sich verantworten müsse, müsse auf die Qualifikation und Unabhängigkeit der Richter vertrauen können, sagte der Sprecher der Neuen Richtervereinigung Michael Burmeister. Der Gesetzentwurf untergrabe jedoch die Legitimität der Rechtsprechung. Es könnten auch Richter berufen werden, die sich nach objektiven Kriterien gerade nicht als bestgeeignet erweisen oder nach der Beurteilungslage sogar als ungeeignet angesehen werden. "Der damit unvermeidbare Schein einer politischen Einflussnahme wäre katastrophal."
Nach Ansicht der Verbände höhlten die Pläne zudem ohne nachprüfbare Kriterien und Entscheidungen das verfassungsmäßige Recht unterlegener Bewerber aus, die Einhaltung des Prinzips der Bestenauslese von einem Gericht überprüfen zu lassen. Sie ist bislang Grundlage für eine Beförderung. Als Basis dienen Beurteilungen durch die Gerichtspräsidenten. In der Regel sitzen im Richterwahlausschuss acht Landtagsabgeordnete, drei Richter und ein Anwalt. Entscheidungen muss das Gremium mit Zweidrittelmehrheit treffen.
CDU, SPD, Grüne, FDP und SSW wollen das Prinzip der Bestenauslese aufweichen. Der Richterwahlausschuss soll künftig laut dem Gesetzentwurf prüfen, ob die Bewerber die persönlichen Voraussetzungen für dieses Amt besitzen und ob die sachlichen Voraussetzungen erfüllt sind. "Bei seiner Wahlentscheidung lässt es sich von Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes leiten." Lediglich die AfD ist gegen die Pläne.