Kiel Juristisches Gezerre um den Weltkriegspanzer aus der Villa
Die Bilder des Wehrmachtspanzers aus dem Keller einer Villa an der Kieler Förde gingen im Sommer 2015 um die Welt. Neun Stunden lang benötigten Soldaten, um das knapp 40 Tonnen schwere Gerät ohne Ketten mühsam mit Bergungspanzern sicherzustellen. Fast sechs Jahre nach der spektakulären Aktion mit bizarren Szenen in dem Nobelvorort hat am Freitag vor dem Kieler Landgericht der Prozess gegen den mittlerweile 84 Jahre alten Besitzer begonnen. Der gebrechlich wirkende Angeklagte erschien im Jackett mit Goldknöpfen im Saal 232. Er wirkte gefasst, blickte direkt in die zahlreichen Kameras - und wirkte wie jemand, der davon überzeugt ist, keine Schuld auf sich geladen zu haben.
Angeklagt sind der Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und weitere waffenrechtliche Bestimmungen. Im Kern geht es darum, ob der Panzerkampfwagen vom Typ "Panther" und anderes Kriegsgerät unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fällt. Nach Ansicht von Staatsanwalt Thorsten Wolke gilt der Panzer weiter als Kriegswaffe. Dafür reiche allein die Gattung aus, sagte er. Weil der Angeklagte mit einer originalgetreuen Restaurierung beschäftigt war, habe zumindest der Versuch des Herstellens einer Kriegswaffe vorgelegen. Auch die Flugabwehrkanone und andere sichergestellte Waffen wertet die Staatsanwaltschaft als Kriegswaffe.
Bei einer Durchsuchung im Juli 2015 wurden in der Tiefgarage der Villa in einem Kieler Vorort direkt an der Förde auch ein Torpedo, ein Mörser vom Kaliber 5 Zentimeter sowie eine Flugabwehrkanone vom Kaliber 8,8 Zentimeter sichergestellt. Zudem fanden Ermittler Maschinen- und Sturmgewehre, halb- und vollautomatische Pistolen sowie mehr als 1000 Schuss Munition. Laut Verteidiger Gerald Goecke standen davon etliche Waffen aber auf der Besitzkarte des Mannes.
Der angeklagte Kaufmann und Finanzvermittler selbst äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Nach Ansicht von Goecke waren der Panzer und andere gefundene frühere Kriegswaffen nicht verwendbar. Im Falle einer Flak gebe es beispielsweise gar keine Munition. Das Herstellen von fünf Schuss für Probezwecke würde laut Gutachten 216 000 Euro kosten, sagte Goecke.
Sein Mandant war im Zuge von Ermittlungen um wieder aufgetauchte Nazi-Kunst ins Visier geraten. Der Panzer sei "das Lebenswerk des Angeschuldigten", sagte der Verteidiger. Der "Panther" sei ein Museumsstück und keine Kriegswaffe. Deshalb habe der Mann ihn nur mit Originalteilen rekonstruieren lassen und nicht demilitarisiert. Er kaufte ihn 1977 als Schrott in Großbritannien. Später half ihm die Bundeswehr bei der Überholung des Motors und stellte dafür 28 317 Euro in Rechnung.
"Die Ordnungsbehörden und alle Anwohner wussten seit Jahren von dem "Panther" und anderen Museumsstücken historischer Militärtechnik in dem Keller meines Mandanten", sagte der Verteidiger. Sein Mandant habe eine "untadelige Lebensführung" und sei "in seinem langen Leben strafrechtlich in keiner Weise" vorbelastet.
Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz werden mit mindestens einem Jahr und maximal fünf Jahren Gefängnis geahndet. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung führen bereits Gespräche über eine Verständigung. Bemühungen um einen Deal mit Ziel einer Bewährungsstrafe hatte es bereits ab 2018 gegeben. Ihm laufe die Lebenszeit davon, sagte sein Anwalt. Im Gespräch war demnach ein Verkauf des Panzers an ein Museum in den USA und eine Bewährungsauflage in Höhe von einer Million Euro aus dem Erlös.
Anders als die Ankläger geht die 7. große Strafkammer auf Basis mehrerer Gutachten davon aus, dass es sich nur bei der Flugabwehrkanone nach wie vor um eine Kriegswaffe handeln dürfte. "Das Rohr scheint in einem deutlich besseren Zustand zu sein", sagte der Vorsitzende Richter Stephan Worpenberg. Der Panzer, der Torpedo und der Mörser seien hingegen nicht mehr als Kriegsgerät geeignet.
Den Prozess verfolgte auch ein Sachverständiger vom Verband für Waffentechnik und Geschichte aus Düsseldorf. Zur Frage, wieso der Norddeutsche die Waffen hortete, sagte der 80 Jahre alte Jürgen Mascow, "der hat Interesse an militärischem Gerät". Es gebe keine Hinweise, dass der Mann Alt-Nazi sei. "Ich bin Gutachter für Waffen bis 1945 und bin deswegen auch kein Nazi." Mascow ist ehemaliger Fregattenkapitän der Bundeswehr und meinte: "Alles, was mit Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg zu tun hat, wird hochgespielt." Nach seiner Kenntnis sei der "Panther" das einzige Exemplar in Deutschland in Privatbesitz.
Auch ein Nachbar des Angeklagten wies einen Naziverdacht zurück. Er habe sich oft mit ihm unterhalten. "Da ist mir nichts aufgefallen. Das ist ein ordentlicher Mensch." Der Prozess soll am 10. Juni fortgesetzt werden. Dann will die Kammer zwei Sachverständige hören. Ein Urteil könnte am 8. Juli fallen.