Kiel Krimi um K-Frage: Bouffier und Günther hinter Laschet
In der entscheidenden Phase des Machtkampfs um die Unions-Kanzlerkandidatur haben sich mehrere CDU-Spitzenpolitiker klar hinter CDU-Chef Armin Laschet gestellt. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sagte dem Hessischen Rundfunk: "Es ist doch völlig klar, dass die große CDU - das hat Markus (Söder) auch immer gesagt - das erste Zugriffsrecht hat. Und genau das haben wir gemacht." Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther forderte Söder zum Rückzug auf. Der Regierungschef von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), schloss sich dagegen Söders Argumentation an, die K-Frage anhand der Popularitätswerte zu entscheiden.
Bouffier sagte, CSU-Chef Söder habe am Sonntag selbst erklärt, die CDU müsse jetzt entscheiden, wie sie das für richtig hält. Das haben wir getan." Die CDU habe ein Meinungsbild herbeigeführt und bewusst keinen Beschluss gefasst, "weil wir auch nicht der CSU gegenüber treten wollten mit einem fertigen Ergebnis. Sondern wir haben unsere Meinung gesagt, so wie er es haben wollte. Und daraus muss man jetzt eine gemeinsame Entscheidung machen." Auf die Frage, ob er mit vollem Herzen hinter der Kandidatur von Laschet stehe, sagte Bouffier: "Ja. Warum denn nicht?"
Der hessische Regierungschef betonte weiter: "Wir waren doch nicht umnachtet, als wir einstimmig das beschlossen haben. Und das muss man auch wirklich respektieren." Es sei "ja nicht so, dass wir eine so wegweisende Entscheidung so nebenbei mal machen. Wir haben uns schon etwas dabei gedacht, wie andere auch." Es sei eine ernsthafte Entscheidung gewesen. NRW-Ministerpräsident Laschet nutzte am Donnerstag einen Auftritt zur Corona-Politik im Landtag in Düsseldorf, um sich in der Impfpolitik von Söder abzugrenzen.
Günther sagte dem "Spiegel": "Präsidium und Bundesvorstand der CDU mit allen Landesverbänden und Vereinigungen haben sich am vergangenen Montag eindeutig für Armin Laschet ausgesprochen." Söder habe zuvor klargestellt, dass er in diesem Fall ohne Groll die Kandidatur des CDU-Chefs unterstütze. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Wort eines CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten gilt. Langsam wird es aber Zeit, diese klare Zusage auch einzulösen." Mit Blick auf Laschet betonte Günter: "Es wird Zeit, dass wir mit ihm an der Spitze in den Wahlkampf starten."
Der schleswig-holsteinische CDU-Chef drängte zu einer schnellen Klärung. "Darüber muss es bis zum Ende der Woche ein abschließendes Gespräch zwischen den beiden Parteivorsitzenden geben", sagte Günther. "Die CDU respektiert selbstverständlich, dass für die CSU maßgeblich der gewählte Parteivorstand entscheidet." Umgekehrt erwarte er aber vom CSU-Chef, "dass er Beschlüsse der von der Basis gewählten CDU-Führung respektiert". Ein "ängstlicher Blick auf aktuelle Umfragewerte" sei für eine Entscheidung von dieser Tragweite nicht ausreichend. "Armin Laschet genießt das volle Vertrauen der CDU und viele Sympathien auch in der CSU", betonte Günther.
Laschet und Söder hatten angekündigt, noch in dieser Woche eine Entscheidung über die Kanzlerkandidatur bekanntzugeben. Informationen über einen genauen Termin oder ein Format, in dem eine solche Entscheidung getroffen werden soll, gab es zunächst nicht.
Haseloff sprach sich im "Spiegel" dafür aus, den Kandidaten entlang der Popularitätswerte zu bestimmen. "Leider geht es jetzt nur um die harte Machtfrage: Mit wem haben wir die besten Chancen?" Er sagte weiter: "Es geht nicht um persönliche Sympathie, Vertrauen oder Charaktereigenschaften. Es hilft nichts, wenn jemand nach allgemeiner Überzeugung absolut kanzlerfähig ist, aber dieses Amt nicht erreicht, weil die Wählerinnen und Wähler ihn nicht lassen."
Während Söder in der Auseinandersetzung um die K-Frage auf die aktuellen für ihn sehr positiven Umfragen verweist, betont Laschet immer wieder, Umfragen könnten sich sehr schnell ändern. Das CDU-Präsidium hatte sich am Montag für Laschet ausgesprochen.
NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU), zeigte sich "fassungslos" über Haseloffs Äußerungen. "Worum geht es denn dann, wenn nicht um Vertrauen und persönliche Charaktereigenschaften", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Ich bin in die Politik wegen meiner Werte und meiner Haltung und nicht wegen Umfragewerten eingetreten." Es gehe um Glaubwürdigkeit und Geradlinigkeit. Populismus verbinde sie nicht mit einem christlichen Menschenbild. Haseloff schmeiße das mit seinen Äußerungen über Bord.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban (CDU), forderte Laschet und Söder auf, sich bis Samstag zu einigen. Beide müssten "endlich ihre Verantwortung für die Union begreifen. Wenn die Selbstzerfleischung so weitergeht wie die letzten Tage, sorgen sie gemeinsam dafür, dass in Zukunft von CDU und CSU nicht mehr viel übrig ist", sagte er der "Bild"-Zeitung. Kuban ergänzte: "Wenn sie uns zwingen, sind wir im Zweifel bereit, als gemeinsame Jugendorganisation von CDU und CSU Verantwortung zu übernehmen und uns zu positionieren."
Laschet sprach sich in einer Sondersitzung des NRW-Landtags gegen Alleingänge anderer Bundesländer beim russischen Impfstoff Sputnik V aus. "Ich sage: nein. Denn wir haben klare Verfahren und klare Regeln", sagte er an die SPD-Opposition gerichtet. Gerade in dieser Phase sei es wichtig, nicht auf die schnelle Schlagzeile zu gehen, sondern sich an die Verfahren zu halten. Söder hatte angekündigt, dass sich der Freistaat noch vor einer möglichen EU-Zulassung des russischen Impfstoffs Millionen Dosen des Mittels sichere.
Unterstützung für Laschet kam auch von CDU-Vize Julia Klöckner. "Wir haben zwei erfolgreiche Ministerpräsidenten zur Auswahl. Beide können und beide wollen es", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung". Sie rufe beide dazu auf, sich schleunigst zu einigen. "Armin Laschet hat große Integrationskraft und die Fähigkeit zum Ausgleich, ich unterstütze unseren Bundesvorsitzenden."
Der Hamburger CDU-Landeschef Christoph Ploß sprach sich im "Spiegel" dafür aus, die K-Frage notfalls in der Fraktion zu entscheiden, falls sich Laschet und Söder bis zum Wochenende nicht über die Kanzlerkandidatur einigten. Der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Günter Krings, warnt dagegen, den Abgeordneten die entscheidende Abstimmung zu überlassen: Das Aufstellen des Kandidaten und die Formulierung des Wahlprogramms seien eindeutig Sache der Parteien, nicht der Bundestagsfraktion.