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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kletterin leidet an Epilepsie "Wenn ich nach unten schaue, weiß ich, dass ich alles schaffen kann"
Vanessa Weber hat Epilepsie und ist dennoch aktive Kletterin. Unserer Autorin hat sie erzählt, wie sie harte Zeiten durchlitten hat und mit ihrer geplanten Teilnahme am Paraclimbing-Worldcup ein Zeichen setzen will.
Vanessa Weber aus Karlsruhe leidet seit fast 30 Jahren an Epilepsie. Dass man trotz dieser gefährlichen Erkrankung hoch hinaus kommen kann, beweist die Mutter von drei Kindern jedes Mal, wenn sie sich mit ihrem Klettergurt in die Höhe kämpft. Seit fünf Jahren hat sie sich dieser Sportart verschrieben. "Das hilft mir, der Krankheit mit Zuversicht zu begegnen", sagt sie. "Durch den Sport befinde ich mich auf einem guten Level, was die Anfallshäufigkeit und -schwere anbelangt."
Die Angst vor Anfällen ist da – und wird überwunden
In der traurigsten Phase ihres Lebens wagte sie sich das erste Mal an einen Felsen. "Beim Klettern fühle ich mich frei. Alle Probleme werden dann plötzlich ganz kleine Punkte in der Ferne", sagt Weber. Und weiter: "Wenn ich an der Felswand hänge und nach unten schaue, dann weiß ich, dass ich alles schaffen kann."
Viele Epileptiker haben Bedenken, eine Sportart vor allem im Leistungsbereich auszuüben. Aus Angst vor einem Anfall, den sie dann nicht kontrollieren können. Vanessa möchte diese Angst überwinden. "Mit jedem Adrenalinausstoß, der das Klettern mit sich bringt, steigt meine Zuversicht und mein Energielevel". Die Karlsruherin, die nebenbei auch als Model tätig ist, kämpft nicht nur mit Epilepsie. Rheuma, allergisches Asthma und eine eingeschränkte Lungenfunktion sind weitere Handicaps, die sie im Alltag zusätzlich herausfordern.
Wer sie sieht, würde niemals auf den Gedanken kommen, dass sie einen Schwerbehindertenausweis mit sich trägt. Angst hat sie keine. Weder vor ihren Krankheiten noch vorm Klettern. Klettern ist ihre Therapie. "Ich gehe oft mit Schmerzen in eine Kletterroute rein. In den meisten Fällen sind sie, wenn ich oben bin, verschwunden."
Die WM würde ihr wichtige Aufmerksamkeit verschaffen
Vor fünf Jahren erkrankte ihre Mutter an Krebs. "Das war eine schlimme Zeit, die mir alles, was ich an Kraft hatte, abverlangt hat. Nach ihrem Tod durfte ich dann die schönste Sportart der Welt entdecken. Das hat mit wieder neue Lebensenergie gegeben." Damals hat sie Ablenkung gesucht und im Klettern mit einem Freund gefunden. "Beim Klettern muss man total konzentriert sein und schauen, wo man hin greift. Mit den Gedanken ganz woanders zu sein, das tat unbeschreiblich gut."
Ballett, Golf, Schwimmen, Radfahren – Weber hat immer Sport getrieben, um sich fit zu halten. Oft war sie frustriert, weil durch ihren Gesundheitszustand vieles einfach nicht mehr ging. Das Klettern war dann der Volltreffer. Da sie als Epileptikerin nicht Auto fahren darf, fährt sie zweimal pro Woche 25 Kilometer mit dem Fahrrad, um ihre Tochter zum Reitunterricht zu begleiten. Irgendwann wurde sie jedoch wieder von einem schweren Krampfanfall eingeholt. "Ich dachte schon, ich müsste das Klettern an den Nagel hängen." Durch Zufall traf sie in einer Epilepsie-Reha den Entwickler einer innovativen mobilen Kletterwand, der sie so wieder zum Sport brachte.
Vanessa Weber will diesen Sommer sogar beim Paraclimbing-World-Cup in Österreich antreten. "Eigentlich müssten wir jetzt mit dem Training für die Qualifikation starten. Aber durch Corona sind keine Team-Trainings möglich". Eine Teilnahme an den Wettkämpfen würde ihr mediale Aufmerksamkeit verschaffen. "So könnte ich das Thema Sport und Epilepsie voranbringen und zeigen, dass auch mit diesem Handicap vieles möglich ist."
Sportklettern ist seit 2020 olympische Disziplin. Auch Paraclimber sollen künftig bei Olympia antreten dürfen. "Eine schöne Perspektive", findet Weber, "und ein gutes Signal für die Akzeptanz dieser Sportart für Menschen mit körperlichen Einschränkungen."
- Persönliches Gespräch mit Vanessa Weber