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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Traditioneller Beruf Der Mann, der in Baden-Baden den Funken überspringen lässt
Die großen Gaskandelaber vor dem Kurhaus in Baden-Baden werden jeden Abend per Hand entzündet und früh morgens wieder gelöscht. Damit bewahrt die Stadt an der Oos eine Tradition. t-online.de-Autorin Ariane Lindemann hat den Lampenanzünder Klaus Peter gefragt, was für ihn das Besondere an dieser Aufgabe ausmacht.
Wenn es dunkel wird in Baden-Baden, dann springt in der Kurstadt im wahrsten Sinne des Wortes der Funke über. Das Casino wird langsam belebt, Restaurants und Bars ziehen Gäste aus aller Welt an. Spaziergänger schlendern in der Dämmerung durch den Kurpark.
Klaus Peter von der Bäder- und Kurverwaltung Baden-Baden ist gerade dabei, das letzte Gaslicht anzuzünden. Rund 20 Minuten hat er gebraucht, bis er durch Zünden aller sechs Gaslaternen den Platz vor dem Kurhaus in eine romantische Stimmung versetzt hat. Passanten sehen ihm gerne zu. Von hellrosa bis pastellorange schimmern die Lichter, bevor ihr warmes Gelb den Platz vor dem Kurhaus erhellt.
Rund 700 dieser stilvoll verzierten Gaskandelaber gibt es noch in Baden-Baden. Bis auf die sechs Rundmantellaternen vor dem Kurhaus werden mittlerweile alle anderen automatisch gezündet und frühmorgens um sechs Uhr wieder gelöscht.
Tätigkeit wie vor 100 Jahren
Mit einer langen Stange legt Peter an jeder einzelnen Lampe einen Hebel, den Gashahn, um, der die Gaszufuhr steuert. Er ist einer von 13 Hauswarten des Kurhauses, die jeden Abend mit langen Stangen zur Tat schreiten. Es zischt leise. Mit einem entzündeten Docht am Ende einer anderen Stange werden jetzt die eigentlichen Lampen, also die Glühstrümpfe, angezündet, die sich zuvor vollständig mit Gas füllen müssen.
"Schwierig wird es bei Regen oder Wind, wenn die Flamme immer wieder erlischt", erzählt der Kurhaus-Wart. Bei schönem Wetter wird Peter immer wieder von Touristen, die ihm fasziniert zusehen, um ein gemeinsames Foto gebeten.
Besondere Ausstrahlung der Lampen ist teuer
"Wenn er seine Laterne anzündet, ist es, als ob er einen neuen Stern erschafft oder eine Blume. Wenn er seine Laterne löscht, wiegt er Blume oder Stern in den Schlaf." So beschreibt der Schriftsteller Saint Exupéry in seinem Buch "Der Kleine Prinz" den Beruf des Laternenanzünders. Dabei war der Beruf in früheren Zeiten wenig beschaulich. Heute geht es mehr um das Bewahren einer langen Tradition, die mit dem Gaslicht verbunden ist. Denn das Licht, das durch die Mischung von Gas und Luft entsteht, hat eine ganz besondere Farbtemperatur, die ein heimeliges Flair erzeugt.
Den Hauch Nostalgie, den sich die Stadt mit den echten Gaslichtern vor dem Kurhaus bewahren möchte, lässt sie sich einiges kosten. Gas, regelmäßige Wartung und Beschaffung der nicht gerade billigen Glühstrümpfe, die immer wieder ausgetauscht werden müssen, gehen ganz schön ins Geld. Rechnet man die Arbeitszeit obendrauf, wird deutlich, weshalb die Bäder- und Kurverwaltung (BKV), der die Lampen gehören, lieber heute als morgen auf LED umrüsten würde.
Bewahrung einer alten Tradition
Baden-Baden gehört zu den letzen Bastionen der Gasbeleuchtung in Deutschland. Eingeführt hatte die Laternen der Unternehmer und Pächter der Spielbank Edouard Bénazet im Jahr 1845. "Irgendwann werden wohl auch diese Lampen automatisiert, wie die meisten anderen in Baden-Baden", sagt Peter.
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Für die Stadt Baden-Baden sind die Gaslaternen vor dem Kurhaus und die damit verbundenen Rituale des Anzündens ein sympathisches Bekenntnis zum Bewahren einer lieb gewonnenen Tradition. Denn wie heißt es so schön am Ende des "Kleinen Prinzen": "Das ist ein schöner Beruf. Das ist wirklich sehr nützlich, weil es schön ist".
- Gespräch mit Klaus Peter
- Eigene Recherche