Schwedt/Oder Steinbach warnt vor schweren Öl-Embargo-Folgen für PCK
Die Brandenburger Landesregierung warnt wegen des geplanten Embargos für russisches Öl vor schweren Konsequenzen für die Raffinerie in Schwedt. Die PCK-Raffinerie wäre von einem Öl-Embargo "entscheidend getroffen", sagte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Von dort wird Norddeutschland, der Flughafen BER und Regionen im westlichen Polen mit Diesel, Benzin und Kerosin versorgt. Ohne PCK wäre dort weitgehend Stillstand." Es gehe um 1200 direkte und viele weitere Hunderte indirekte Arbeitsplätze bei der Raffinerie. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte eingeräumt, dass ein Öl-Embargo für Berlin und Brandenburg erhebliche Folgen haben könnte.
Die russischen Öllieferungen in die Europäische Union sollen nach den Plänen der EU-Kommission Anfang nächsten Jahres weitestgehend eingestellt sein. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, man wolle mit den neuen Sanktionen russische Rohöllieferungen innerhalb von sechs Monaten und den Import raffinierter Erzeugnisse bis Ende des Jahres auslaufen lassen. In Schwedt/Oder in der Uckermark endet die Erdölpipeline "Druschba" (Freundschaft) mit Öl aus Russland, das von PCK verarbeitet wird. Die Raffinerie ist mehrheitlich in Händen des russischen Staatskonzerns Rosneft.
Der Wirtschaftsminister zeigte sich "froh" über die Übergangsfristen. Das sei nötig, um die Ersatzlogistik aufzubauen, "damit möglichst reibungslos und möglichst ohne dass die Bevölkerung davon Nachteile hat, dieses Embargo nachher in Kraft gesetzt wird", sagte Steinbach im RBB-Sender Radio Eins. Die Raffinerie "darf gar nicht erst vom Netz gehen". Dazu liefen Gespräche mit Shell. Mit alternativen Quellen könne die Raffinerie mit 55 bis 60 Prozent ihrer Leistung arbeiten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verhandle mit Polen außerdem über zusätzliche Lieferungen aus einer Pipeline von Danzig. Damit sei eine Größenordnung von 70 Prozent der aktuellen Leistung möglich. "Das wäre zumindest erstmal eine Größenordnung, wo man keine dramatischen Auswirkungen spüren wird."
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostbrandenburg befürchtet eine Spaltung der Republik. Bei einem Embargo sei der Osten wieder vom Westen Deutschlands abhängig bei der Lieferung von Benzin und Diesel, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Gundolf Schülke der Deutschen Presse-Agentur. "Wir reißen neue Gräben auf und wollten das längst überwunden wissen." Wenn PCK keine Rohstoffe mehr zur Weiterverarbeitung liefere, würden der Straßenbau, die Chemische Industrie und die Kunststoffverarbeitung in Mitleidenschaft gezogen. Eine Enteignung, die die Bundesregierung als letztes Mittel erwägt, sieht Schülke kritisch. "Wenn wir das machen, dann machen das andere Länder im Zweifel mit deutschen Vermögen im Ausland auch."
Die 30 000-Einwohner-Stadt Schwedt warnt ebenfalls vor negativen Folgen eines Embargos. Die parteilose Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe lud Habeck zu einem Besuch ein. Er solle nach Schwedt kommen und den Menschen Sicherheit geben und erklären, welche Strategie der Bund habe, welche Schritte und welches alternative Öl geplant seien, sagte Hoppe im rbb-Inforadio. Die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört. Schwedt ist von Industrie geprägt, liegt aber im Grünen - und an der Oder. Sie hat - unter anderem mit den Uckermärkischen Bühnen - auch viel Kultur zu bieten.
Brandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter schlug eine staatliche Treuhänderschaft für PCK vor. "Dies ist mit einer Beschäftigungsgarantie zu verbinden", teilte Walter mit. Der Linke-Bundestagsabgeordnete Christian Görke forderte eine Ausnahmeregelung für PCK, um Zeit für die Umrüstung zu gewinnen.