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FDP spricht über Reaktivierung stillgelegter Atomkraftwerke


Hannover
FDP spricht über Reaktivierung stillgelegter Atomkraftwerke

Von dpa
01.03.2022Lesedauer: 3 Min.

Angesichts der bedrohten Energieversorgung durch den Krieg in der Ukraine bringen FDP-Politiker eine erneute Nutzung stillgelegter Atomkraftwerke ins Spiel. Sowohl in Niedersachsen als auch in Schleswig-Holstein befürworteten Landespolitiker eine entsprechende Prüfung. "Eine temporäre Aussetzung des Atomausstiegs sollte geprüft werden", sagte am Dienstag der schleswig-holsteinische FDP-Landtagsabgeordnete Oliver Kumbartzky. "Das betrifft zum einen die noch laufenden Kernkraftwerke, aber auch die erst vor wenigen Wochen vom Netz gegangenen Meiler, wie beispielsweise Brokdorf." Zuerst hatte das "Flensburger Tageblatt" berichtet.

Schleswig-Holsteins Umweltstaatssekretär Tobias Goldschmidt sagte, der Vorschlag helfe nicht und werde von den Betreibern der Anlagen auch nicht gewollt. Der russische Präsident Wladimir Putin lasse sich mit solchen Maßnahmen nicht besiegen.

"Es darf keine Tabus geben, alle Optionen gehören auf den Tisch", sagte Niedersachsens FDP-Fraktionschef Stefan Birkner. "Dazu gehört neben der Prüfung der Laufzeitverlängerung der noch betriebenen Kernkraftwerke auch die des Wiederanfahrens stillgelegter Anlagen."

Das Unternehmen Preussenelektra, das für die Ende 2021 stillgelegten Atomkraftwerke in Grohnde (Niedersachsen) und Brokdorf (Schleswig-Holstein) zuständig ist, zeigte sich grundsätzlich offen für einen geänderten Umgang mit der Atomenergie, verwies aber auch auf praktische Probleme. "Vor dem Hintergrund der kriegerischen Handlungen in Europa und der daraus resultierenden Risiken für die Versorgungssicherheit ist es nachvollziehbar, dass die aktuellen energiepolitischen Gegebenheiten auf den Prüfstand gestellt werden", sagte eine Sprecherin.

Im Vordergrund stehe für Preussenelektra dabei aber eine verlängerte Nutzung des Kernkraftwerks Isar 2 in Bayern, das noch nicht abgeschaltet wurde. "In dieser Ausnahmesituation sind wir von der Preussenelektra bereit, darüber zu sprechen, unter welchen technischen, organisatorischen und regulatorischen Randbedingungen eine verlängerte Nutzung des Kernkraftwerks Isar 2 möglich wäre, sofern dies seitens der Bundesregierung ausdrücklich gewünscht ist."

Auch ein Wiederanfahren von Brokdorf und Grohnde sei "theoretisch sicherheitstechnisch uneingeschränkt möglich". Die Genehmigung für den Rückbau beider Kraftwerke erwartet Preussenelektra erst Ende des Jahres. Allerdings würde es in diesem Fall mittelfristig an frischen Brennelementen und Personal fehlen, weil die Stilllegung und der Rückbau schon seit Jahren vorbereitet wurden. "Beide Anlagen befinden sich derzeit im sogenannten Nachbetrieb, in dem wir vorbereitende Arbeiten durchführen", erklärte die Sprecherin.

Das AKW Brokdorf war als letzter Atommeiler Schleswig-Holsteins in der Silvesternacht vom Netz gegangen. Von 1986 bis Ende 2021 hatte es nach Angaben von Betreiber Preussenelektra mehr als 380 Milliarden Kilowattstunden Strom (brutto) erzeugt. Gemäß dem Atomausstieg durfte der Druckwasserreaktor mit seiner Netto-Leistung von 1410 Megawatt bis Ende 2021 Strom ins Netz einspeisen. Damit endete die Zeit der Atomkraft im Norden. Die Reaktoren Krümmel und Brunsbüttel wurden nach schweren Pannen bereits vor Jahren abgeschaltet.

Das schleswig-holsteinische Umweltministerium wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Vorstoß des FDP-Politikers äußern. Die stellvertretende Ministerpräsidentin und Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sagte dem "Flensburger Tageblatt": "Wir haben den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen und dazu stehe ich." Es könne und dürfe keine Antwort auf eine internationale Krise sein, abgeschaltete Kernkraftwerke wieder ans Netz gehen zu lassen. CDU, Grüne und FDP regieren im Norden gemeinsam.

Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion in Niedersachsen, Miriam Staudte, bezeichnete den FDP-Vorstoß als abwegig. "Putin hat mehr oder weniger indirekt mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht. Die Welt sorgt sich um die Integrität des Sarkophags in Tschernobyl." In dieser angespannten Sicherheitslage müsse man über jedes Atomkraftwerk froh sein, dass abgeschaltet und brenntstofffrei sei.

Kumbartzky betonte, ein vorläufiger Ausstieg aus dem Kohleausstieg sei für die FDP dagegen keine Option. "Deutschland bezieht große Mengen an Steinkohle aus Russland, womit wir in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis sind wie beim Erdgas." Auch aus Klimaschutzgründen sei eine temporäre Aussetzung des Atomausstiegs sinnvoller als das Hochfahren von Kohlekraftwerken.

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