Hannover Corona-Proteste erwartet: Warnung vor Radikalisierung
Nach zahlreichen Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen bereitet sich die Polizei in Niedersachsen auf weitere Aktionen vor. In mehreren Dienststellen richtet sie sich für das Wochenende und den Montag auf angemeldete Versammlungen, aber auch auf nicht angezeigte Treffen ein. Das ergab eine Abfrage in mehreren Städten. Bestätigt sich dabei der Trend der vergangenen Wochen, könnte es deutlich mehr Zulauf für die Proteste geben.
"Wir gehen davon aus, dass die Zahl noch mal steigt", sagte ein Polizeisprecher aus Osnabrück mit Blick auf die nächste angemeldete Versammlung am kommenden Samstag. Nach seinen Angaben war die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von 1000 Menschen am vorletzten Samstag auf zuletzt mehr als 2300 Demonstrierende gestiegen. "Wir werden mit starken Polizeikräften vor Ort sein", sagte der Sprecher mit Blick auf den kommenden Samstag.
Nach Ausschreitungen bei Corona-Demos in einigen Bundesländern am vergangenen Wochenende wird auch in Niedersachsen der Blick auf eine mögliche Radikalisierung bei Versammlungen und im Netz gerichtet. Innenminister Boris Pistorius warnte am Mittwoch vor einer möglichen Zunahme der Gewalt von Kritikern der Corona-Auflagen. Zwar gebe es bisher keine konkreten Anhaltspunkte für Anschläge aus dem Milieu, wie bei jeder Radikalisierung seien Anschläge aber auch nicht auszuschließen, sagte der SPD-Politiker in Hannover.
Ihre Beunruhigung wegen Protestaktionen von Gegnern der Impfkampagne und der Corona-Regeln drückte am Mittwoch auch die IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt aus. Bezirksleiter Thorsten Gröger und VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo warnten: "Impfgegner, Corona-Leugner und Maskenverweigerer radikalisieren sich zunehmend." Dies sei "eine Entwicklung, die nicht nur Sorge bereitet, sondern klare Kante von den Demokratinnen und Demokraten im Land benötigt".
Anlass der gemeinsamen Stellungnahme war ein offener Brief, der der Gewerkschaft am vorigen Wochenende zuging und in dem ihr vorgeworfen wurde, sich an einer gesellschaftlichen Spaltung zu beteiligen. Unter anderem heißt es, die IG Metall wende sich nicht gegen die Einschränkung von Freiheits- und Persönlichkeitsrechten. Sie dulde gar Diskriminierung und Mobbing derer, die sich beispielsweise aus verschiedenen Gründen nicht impfen lassen wollten.
Laut Gröger zeigt sich, "dass der Ton rauer wird und die Grenzen des Sagbaren weiter verschoben werden". "Mit aller Entschiedenheit müssen Staat und Justiz hier einer Szene entgegenwirken, deren Duktus sich täglich radikalisiert." In dem Brief wird etwa unter Anspielung auf die Geschichte von Volkswagen in der NS-Zeit bemängelt, dass durch erzwungene Kontrollen des Impfstatus im Betrieb nun öffentlich sichtbar werde, wer zu welcher Gruppe gehöre.
"Das ist eine Entwicklung, die wir nicht nur mit Sorge beobachten dürfen, sondern der wir als Gemeinschaft entgegentreten müssen", meinte Gröger. "Protestmärsche unter dem Deckmantel eines Spaziergangs ohne Einhaltung der Regeln tragen nichts zur Überwindung der Pandemie bei, sondern erhöhen die Infektionsgefahren weiter", sagte Cavallo. "Montagsspaziergänge" gab es etwa in Braunschweig und Wolfsburg.
In beiden Städten rechnet die Polizei auch für den kommenden Montag mit Versammlungen. Nach deutlich steigenden Teilnehmerzahlen auf zuletzt rund 500 in Braunschweig und etwa 660 in Wolfsburg richten sich die Beamten auf Demonstrationen "mindestens in dem Maße" ein. Am vergangenen Montag bilanzierte die Polizei in Braunschweig friedliche Versammlungen mit nur kleinen, verbalen Provokationen. Die Wolfsburger Polizei registrierte einige wenige Ordnungswidrigkeiten.
Die Demonstrationen in Niedersachsen, die sich gegen die Corona-Regeln richten, sind auch nach Einschätzung von Minister Pistorius bisher relativ ruhig abgelaufen. Mit Blick auf das kommende Wochenende und die Feiertage gebe es bislang keine Anzeichen für ein besonderes Demo-Aufkommen, das könne sich aber noch sehr kurzfristig innerhalb weniger Tage entwickeln.