"Ich finde das schaurig" Das halten Hannoveraner von Tempo 30
Seit Mitte Januar gilt fast auf der gesamten Walderseestraße Tempo 30. Die Meinungen der Hannoveraner sind dazu gespalten.
Seit knapp zwei Wochen hat sich in der Walderseestraße in Hannover etwas verändert. Am Straßenrand hängen nicht nur Wahlplakate, auf denen Adis Ahmetović, Michaela Menschel und Co. um die Stimmen der Hannoveraner buhlen. Es gibt auch einen Unterschied von Dauer: Auf der Straße, die an der Eilenriede vorbeiführt, gilt seit dem 14. Januar nahezu komplett Tempo 30.
Die Hannoveraner haben dazu sehr unterschiedliche Meinungen. "Tempo 30 finde ich immer schwierig, weil sich eh keiner daran hält", sagt etwa ein Postbote, der gerade in den Seitenstraßen per Rad Briefe austrägt. Für seinen Job, so erklärt er, sei es egal, wie schnell die Autos unterwegs sind, da er kaum auf der Straße fahre, sondern meist auf dem Gehweg schiebe. Wenn er selbst privat mit dem Auto unterwegs ist, störe ihn Tempo 30. "Für mein Empfinden ist das ein bisschen langsam", sagt er. "Das behindert doch nur." Und leiser sei es ebenfalls nicht. "Wenn man im zweiten Gang hochschaltet, ist das lauter als im dritten."
Auch eine Mutter, die gerade ihr Auto an der Walderseestraße abgestellt hat und mit ihrem Kind neben der Straße entlangläuft, ist nicht begeistert von der Geschwindigkeitsbegrenzung. "Ich finde das nicht gut. Hier ist fast kein Fußgänger unterwegs, die Straße ist frei, man könnte die Leute gut sehen und wir haben hier die Zebrastreifen", meint sie.
Erweiterte Tempo-30-Zone
Auf einer Strecke von zwei Kilometern gilt auf der Walderseestraße Tempo 30. Möglich gemacht hat das eine StVO-Novelle. Mehr dazu lesen Sie hier.
Tempo 30? "Ich finde das schaurig"
Eine andere Frau, die ihren Namen ebenfalls nicht nennen will, sieht das ähnlich. Die Wunstorferin arbeitet in einer der Straßen zwischen Walderseestraße und Podbielskistraße. "Morgens, wenn ich komme, sind die Leute meistens schnell auf der Straße unterwegs", sagt sie. "Aber die werden weiterhin so schnell fahren – ob da nun 30 steht oder nicht."
Sie selbst war überrascht von der Erweiterung der Tempo-30-Zone, hat die neuen Verkehrsschilder in der vergangenen Woche erstmals bemerkt. "Seit wann gilt denn hier Tempo 30?", habe sie dabei gedacht. "Da bin ich aber schon 50 gefahren", gibt sie zu. "Ich habe meine Geschwindigkeit natürlich verringert. Aber ich frage mich, was das soll. So bekommen sie die Leute nicht von der Straße." Stattdessen sollte die Stadt die öffentlichen Verkehrsmittel besser ausbauen, findet sie.
Renate Hertig ist Anwohnerin. Sie sieht in der Geschwindigkeitsbegrenzung Vorteile für die Fußgänger, die die Walderseestraße queren müssen. Generell ist die 83-Jährige dennoch dagegen. "Ich finde das schaurig", sagt sie. Sie sei trotz ihres Alters noch mit dem Auto unterwegs und fahre oft an dieser Straße entlang. "Die 30 kann man kaum einhalten. Ohne dass man das will, ist man schnell wieder auf 40 – besonders, wenn Sonntagmorgen ist und alles frei ist." Wie würde sie es finden, wenn in ganz Hannover Tempo 30 gelten würde? "Furchtbar. Ich bin zwar eine alte Frau, aber das Tempo ist mir dann doch zu lahm."
- Vor- und Nachteile: Was bringt Tempo 30 in Ortschaften wirklich?
"Das hier ist die Zukunft"
Julia, die gerade mit ihrem Hund auf dem Weg in die Eilenriede ist, vertritt eine andere Meinung. Sie ist begeistert von dem gedrosselten Tempo an dieser Stelle. "Die Leute sind hier vorher fast mit 80 vorbeigefahren", sagt die 53-Jährige. "Hier war quasi eine Highspeedstrecke." Die Anwohnerin, die selbst kein Auto hat, findet hohe Geschwindigkeitslimits aus der Zeit gefallen. "Das hier ist die Zukunft", sagt sie und deutet auf die mit 30 Kilometern pro Stunde fahrenden Autos. "Leute, dann setzt euch aufs Fahrrad. Auf dem Fahrradweg in der Eilenriede gibt es keine Geschwindigkeitsbegrenzung."
Die 26-jährige Julia, die ebenfalls gerade ihren Hund Gassi führt, reagiert auch positiv auf die Neuerung. "Man kommt einfacher über den Zebrastreifen mit Hund. Und wenn man im Wald nahe der Straße spaziert, ist es nun ein bisschen entspannter." Ein weiterer Passant, Deniz, ist sogar dafür, die Geschwindigkeitsbegrenzung für ganz Hannover auszurollen. "Ich habe ein Kind", sagt der 39-Jährige. "Je langsamer die Autos fahren, desto besser können sie bremsen und desto sicherer ist mein Kind."
- Reporterin vor Ort